Formel 1Die Organisatoren erhoffen sich durch weniger Training mehr Spannung im Rennen

Formel 1 / Die Organisatoren erhoffen sich durch weniger Training mehr Spannung im Rennen
Nur ein freies Training am Samstag bedeutet mehr Druck bei der Vorbereitung für Charles Leclerc und Co. Foto: dpa/Jorge Guerrero

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Formel 1 testet in Imola ein neues, verkürztes Format. Das Ziel ist mehr Spannung – und Freiraum für noch mehr Rennen.

Was braucht man, um Mercedes ein Bein zu stellen? Vielleicht reicht ja eine unbekannte Strecke in Kombination mit deutlich weniger Trainingszeit. Diesen Testballon jedenfalls lässt die Formel 1 beim 13. Saisonrennen in Imola steigen. „Aufgrund der verknappten Zeit hat man nicht die Chance, verschiedene Sachen auszuprobieren. Das sorgt für mehr Druck bei der Vorbereitung“, umreißt Ferrari-Pilot Sebastian Vettel die Schwierigkeit und den Reiz des anstehenden Rennwochenendes mit nur 90 anstatt 240 Minuten Training.

Anders ausgedrückt: Wer vor der einzigen Testsession am Samstagvormittag bei der Rennwagen-Abstimmung falsch abbiegt, muss fast schon ins Blaue hinein korrigieren. Keine drei Stunden bleiben danach bis zum Qualifying, von Samstagnacht an sind die Boliden bis zum Start des Großen Preises der Emilia-Romagna gesperrt.

Vielen Fahrern gefällt dieser Entwurf, der vor drei Wochen am Nürburgring wegen Nebels eine ungewollte Premiere feierte. Weltmeister Lewis Hamilton kann auf den Freitag sowieso „gut verzichten“. Der Mercedes-Star war nie der größte Freund des für die breite Öffentlichkeit faden Warmfahrens à zweimal 90 Minuten, der neue Rekordsieger der Formel 1 mit 92 Erfolgen liebt den Wettkampfdruck und wächst an ihm. Das gilt auch für Hamiltons Ingenieure. Die Superhirne des wohl schon am Sonntag siebenmaligen Konstrukteurweltmeisters fanden im Saisonverlauf auf jeder unbekannten Strecke das beste Setup.

Logistischer Albtraum

Doch der Formel-1-Führung geht es in Imola nicht allein darum, das Geschehen zuzuspitzen. Kürzere Wochenenden sind wohl auch die Voraussetzung, um die angepeilte weitere Expansion der Serie Realität werden zu lassen. Anders sind die 23 Rennen, die laut mehreren Fachmagazinen ungeachtet der Corona-Pandemie für 2021 anvisiert sind, logistisch kaum zu stemmen. Der Formel 1 bleibt nach dem Corona-Notjahr 2020 kaum eine Wahl. Weil die meisten WM-Läufe ohne Zuschauer stattfinden mussten, verzeichnet die Königsklasse erhebliche Einbußen.

Normalerweise zahlen die Streckenbetreiber ein Antrittsgeld im niedrigen bis mittleren zweistelligen Millionenbereich, welches sie selbst über Ticketverkäufe reinholen müssen. 2020 aber trat die Formel 1 gezwungenermaßen als Streckenmieter auf, um zumindest das TV-Geld abzuschöpfen. Ein weiteres Jahr nach diesem Modell könnte zur existenziellen Bedrohung werden, ungeachtet des 2021 eingeführten Budgetdeckels. Das Kurzformat hat allerdings für die Streckenbetreiber, die ja bitte weiter kräftig überweisen sollen, einen dicken Haken, wie Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff anmerkt: „Die müssen ihre Tickets verkaufen. Und wenn man freitags keine fahrenden Autos sieht, macht das einen Unterschied.“

Die Attraktivität eines Zwei-Tage-Events erhöhen könnten einschneidende neue Formate. So plant Formel-1-Sportdirektor Ross Brawn schon länger, ein paar Qualifyings pro Saison durch Sprintrennen zu ersetzen. Der WM-Spitzenreiter würde vom letzten Platz starten, die Letzten der Fahrerwertung ganz vorne. Aus dem Zieleinlauf würde sich die Startreihenfolge für den Grand Prix ergeben.

Klingt reizvoll? Nicht für Branchenprimus Mercedes. „Die Formel 1 ist keine Reality-Show“, ätzte Toto Wolff unlängst: „Wir sollten keine verrückten Sachen entwerfen, bei denen es fast unmöglich ist, zu überholen, nur weil wir glauben, dass die Hackordnung anders sein sollte.“ (SID)