EditorialMeisch droht Kontrollverlust

Editorial / Meisch droht Kontrollverlust
Claude Meisch sieht trotz steil steigender Infektionszahlen noch keinen Handlungsbedarf in den Bildungseinrichtungen. Schon jetzt kann man in manchen Schulen keinen normalen Unterricht mehr gewährleisten. Foto: Editpress/Julien Garroy

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In den Schulen des Landes herrscht Ausnahmezustand. Aber nicht nur dort. Das Coronavirus hat sich regelrecht in die luxemburgische Gesellschaft infiltriert. Jeder kennt jemanden, der entweder infiziert ist oder es potenziell sein könnte. Die Infektionszahlen übertreffen selbst die Höchstwerte der ersten Welle, wo es kurz danach zum kompletten Lockdown kam. Zudem ist die Dunkelziffer besorgniserregend hoch, wie Gesundheitsministerin Paulette Lenert aus den Daten, welche die Kläranlagen liefern, herauslesen kann. Die Bettel-Regierung hat zu lange mit der Einführung neuer Restriktionen gezögert. Schön wäre es gewesen, wenn ein einfacher Appell an die Bevölkerung gereicht hätte, um dem Covid-Spuk ein Ende zu bereiten. Doch mal ehrlich: Hat Bettel ernsthaft geglaubt, dass dies ausreichen würde?

Auf jeden Fall ist diese liberale Laisser-faire-Attitüde nicht nur ziemlich naiv, sondern vor allem richtig gefährlich. Immerhin hat die Regierung dies wenige Tage später erkannt und neue, restriktivere Maßnahmen vorgestellt. Aber was passiert nun in den Schulen? Wird dort der gleiche Fehler begangen?

Bildungsminister Claude Meisch, ebenfalls liberal, sieht noch keinen Bedarf, zu handeln. Die Maßnahmen des Stufenplans greifen seiner Meinung nach auch in dieser Situation immer noch angemessen genug. Dennoch herrscht in den Schulen des Landes der Ausnahmezustand. Ein normaler Unterricht ist an vielen Orten nicht mehr möglich, wegen Quarantänen, Isolierungen, positiv getesteter Schüler und Lehrer. Es bahnt sich ein schrittweiser Kontrollverlust in Luxemburgs Schulen an.

Statt etwas an den Maßnahmen zu ändern, wird nun massiv Personal aufgestockt. Um die Lehrer vertreten zu können, die sich in Quarantäne befinden oder mit dem Coronavirus angesteckt haben. Doch ein Blick auf die aktuellen Infektionszahlen in den Schulen zeigt, dass dies ein Wettlauf gegen die Zeit ist, den der Bildungsminister kaum gewinnen kann. Gehen die Zahlen weiter im gleichen Maße hoch oder steigen sie noch schneller an, dann wird Meisch „d’Schlappe verléieren“.

Vieles in seiner Strategie ist nicht kohärent. Zwei Punkte sollen allerdings doch noch angepasst werden: der Schultransport und die Kantine. Bei letzterem Punkt gesteht das Ministerium ein, dass die Regelungen gegebenenfalls an die am Freitag beschlossenen Maßnahmen angepasst werden sollen. Bis zu zehn Personen dürfen momentan noch in den Schulkantinen ohne Maske an einem Tisch sitzen. Das widerspricht der neuen Vier-Personen-Regelung in Restaurants. Deshalb soll hier nachgebessert werden. Der andere Punkt ist die unmögliche Distanzeinhaltung in maßlos überfüllten Schulbussen. Ein Zustand, der komplett hinfällig ist. Doch hier lässt sich Meisch noch Zeit und will weitere Analysen abwarten. Zurzeit gebe es keine Erkenntnisse, dass Schüler sich in den Bussen vermehrt anstecken würden.

Statt das Problem an der Wurzel zu packen und durch angepasste Maßnahmen die Infektionszahlen im Zaum zu halten, setzt der Bildungsminister einfach auf Ersatzpersonal. Aber auch dieses Personal kann sich infizieren oder muss in Quarantäne. Vielleicht spekuliert man darauf, dass die infizierten Lehrer nach überstandener Krankheit dann wieder auf den Beinen und eine Zeit lang immun sind. Dann bräuchten sie ja in Zukunft auch nicht mehr unter Quarantäne gestellt zu werden. Aber wäre eine solche Vorgehensweise nicht grob fahrlässig?

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung, heißt es. Auf jeden Fall sollte aber auch die Wirtschaft weiterlaufen. Letzteres ist schließlich die Hauptprämisse der Liberalen. Deshalb sollte man die Schulen keineswegs schließen. Wer sollte nämlich dann Babysitter spielen? Genau. Die Eltern. Und wenn diese mit dem Nachwuchs beschäftigt sind, dann können sie sich nicht mehr ihrer Arbeit widmen. Und das ist auf jeden Fall schlecht für die Wirtschaft.

Nadine
2. November 2020 - 12.58

https://www.rtl.lu/meenung/commentaire/a/1603813.html

Felix Hausdorff
31. Oktober 2020 - 15.30

Wéi kënnt et eigentlech, dass de Minister Meisch sech guer net zu de Crèchen äussert? Ëmmerhin ass et säit Längerem de MENJE an net méi just de MEN.... Och do geet et dach driwwer an drënner.

EineMutter
29. Oktober 2020 - 17.39

Es ist unglaublich wie Herr Rings hier angegangen wird. Die Probleme an den Schulen sind offensichtlich, ansonsten würde wohl kaum massenhaft Personal gesucht werden. Und natürlich hat er Recht, wenn er vermutet, dass die Schulen auch aus wirtschaftlichen Gründen geöffnet bleiben müssen. Das ist kein Makel, sondern eine Notwendigkeit. Es gibt auch kaum jemanden, der sich eine komplette Schließung wünscht. Weder bei den Eltern, noch bei Schülern und Lehrern. Aber Vorschläge zur Verbesserung gab es schon viele. Mehr Busse, zeitversetzter Unterricht, gezielt eingesetzter Online-Unterricht vor allem in den höheren Klassen, um nur einige zu nennen. Keiner dieser Vorschläge wurde auch nur ansatzweise vom Ministerium beachtet. Eine Einbeziehung der betroffenen Instanzen ebenso wenig. Die Schulen bleiben auf sich gestellt. Und DAS darf und muss man kritisieren.

titi
28. Oktober 2020 - 15.09

@ Charel Hild: weshalb sich nicht direkt an den verantwortlichen Minister wenden und ihm Verbesserungsvorschläge machen?

de Schéifermisch
28. Oktober 2020 - 15.05

Egal wat den Här Meisch mecht, ët ginn ëmmer Leit déi ët besser wëssen, hie stéisst ëmmer op Widerstand an op Kritik. Kee vun eisen Entscheedungsdréier mecht ët jiddferengem gerecht, besonnesch an dëse schwéieren Zäiten, wou ët anscheinend nëmmen esou vu Corona-Expert'en wimmelt. Typesch Lëtzebuergesch: jiddferee weess ët besser, jiddfereen ass op alle Gebidder e selbsternannte Fachmann. Jiddfereen huet eng Schoul besicht, a wann ët nëmmen de Primär war, duerfir mengen der Vill, si wieren ausgewisen Experten a Saache Bildung an Enseignement. Respektéiere mer dach einfach déi Décisiounen déi déi Verantwortlech huelen, och wann si eis nët onbedingt an de Krom passen. Elo si Solidaritéit a Disziplin gefuerdert a nët lamentéieren a kregéilen. Endlech acceptéiere wat ee nët ännere kann!

Een Enseignant
28. Oktober 2020 - 12.58

Hier ein Eindruck von der "Front" Ich arbeiten in einer Luxemburger Schule von 600-700 Schülern. Die Maskenpflicht ist universal und es wird alles getan, das so wenig wie möglich Gruppen "kreuzungen" entstehen. Von den Schülern sind seit Schulbeginn 3-4 positiv auf Corona getestet worden, auserdem 2 Lehrer. Von den ca 60 Schülern, die ich heute unterrichtet haben, war 1 Schüler in Quarantäne. Die Schüler freuen sich, dass sie ihre Freunde sehen und wünschen sich nicht wieder in A/B Gruppen eingeteilt werden. Sie haben sich daran gewöhnt Abstand zu halten und Maske zu tragen und einige führen auch ein Corona Tagebuch - im Gegensatz zu vielen Erwachsenen, wie ich feststellen muss.

Francois Ries
28. Oktober 2020 - 11.19

Kritik ist ja leicht: Falls Sie diesen Artikel schreiben reicht es doch nicht, dass Sie anmerken "es müssen andere Massnahmen ergriffen werden" Welche? Oder falls Sie einige auf Lager haben, möchten Sie dieselben nicht veröffentlichen, denn Sie wissen ja: Egal welche Massnahmen getroffen werden, gefallen sie den einen und den anderen überhaupt nicht. Also: Sie fordern, wissen anscheinend ebenso wenig was besser wäre! "Kritik ist leicht, besser machen schwer", oder?

Clemi
28. Oktober 2020 - 10.53

Dass es viele Fälle in den Schulen gibt, ist Symptom, dass das Virus diffus verbreitet ist. Dieses Eingeständnis sollten alle Verantwortlichen machen und dementsprechend handeln und Massnahmen anpassen. Ich tendiere seit vielen Wochen immer mehr zu der Annahme, dass mit Abstand UND genereller Maskenpflicht (im Innern, im Freien, am Arbeitsplatz, in der Schule, im ÖT, im Fussballstadion, etc., ausser im Privathaushalt, für jeden d.h. auch für Menschen die das Virus schon hatten) UND einer Prise gesunden Menschenverstand SOWIE Verantwortungsbewusstsein ein fast normales Leben ohne Einschränkungen - bis auf die Maske... - möglich wäre. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren von den Verantwortlichen, aber mit der öffentlich verfügbaren Info ist das meine Meinung. Natürlich ist Schule (Kinder) ein "delikates" Thema, aber die Probleme sind dort nicht grösser oder anders als anderswo.

Irene Schildbach
28. Oktober 2020 - 10.11

Aeren Beitrag trëfft et zu 100% Här Rings

Charel Hild
28. Oktober 2020 - 10.06

Bravo Herr Rings. Sie beschreiben klar und deutlich die Schieflage in Luxemburg und in Europa. Die aktuellen Rezepte haben deutlich versagt. Aber zu behaupten, niemand habe ein Patentrezept ist unfair wenn man, wie im Unterrichtsministerium, kein anderes Rezept probiert. Stand heute ist diese Sturheit aber nicht mehr nur unfair. Sie ist gefährlich.

jekyll
28. Oktober 2020 - 9.16

Bei allem Respekt H. Rings. Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass Ihr Artikel nur so von Vermutungen und Annahmen strotz...teilweise hanebüchenen! Sie nutzen stimmungsmachende Formulierungen wie "statt das Problem..." und "setzt der Minister einfach...". Sie unterstellen ohne jeglichen Beweis ins Feld zu führen grob fahrlässiges Vorgehen. Es scheint demnach, das Ministerium - trotz deren Kenntnis aller Hintergründe und gesellschaftlichen Auswirkungen die jede deren Entscheidungen haben wird - sollte einfach auf Sie, einen Außenstehenden der vieles vermutet aber doch nicht des Ministers oberster Beamter und sicherlich qualifizierter Berater ist, hören und Ihre Vorschläge doch „einfach“ umsetzen. Dann wird alles Gut! Schließlich ist es doch scheinbar ganz simpel, wenn man mal kurz darüber nachdenkt und durch die sozialen Netzwerke surft! Nun bin ich es der Ihnen unterstellt, dass die schwierigen Umstände und die beschränkten Gestaltungsfreiräume des Ministeriums in Ihren Überlegungen ziemlich wahrscheinlich keinen Platz gefunden haben. Wenn dies Ihre professionellen Fähigkeiten mal nicht aufs simpelste, besserwisserische Stammtischniveau runterfährt! In diesem Kontext: Note 15 von 60 und 2 Stunden nachsitzen!

Jeff
28. Oktober 2020 - 9.12

Här Rings, wat sinn dann angepasste Maßnahmen ? Jiddwereen doheem aspären, an dat op der ganzer Welt?  Dir hutt Recht andeems Dir sot dass villes net koherent ass, mä dat bezitt sech leider net nëmmen op den Här Meisch. Déi ganz Regierung ass katastrophal. Der Madamm Lenert hier Strategie, wann ee dat esou nennen kann, grenz u Kierperverletzung. Léit aus dem Tracing kommen net no, wat säit eh a jee bekannt ass, a Sie waart nach esoulaang fir ze réageiren. Léit gi an den test a kréien ni e Resultat. Bei Nofro um Ministère kritt ee keng äntwert, Labo hieft keen Telefon op ..... Ech fannen et net fair fir nëmmen op der Här Meisch ze klappen. Wéi gesot, et ass déi ganz Politik, a net nëmmen zu Lëtzebuerg

HTK
28. Oktober 2020 - 8.46

"Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Bildung, heißt es. Auf jeden Fall sollte aber auch die Wirtschaft weiterlaufen. Letzteres ist schließlich die Hauptprämisse der Liberalen." Man muss kein Liberaler sein um zu wissen,dass ein totaler Lock Down wie im März uns allen das Genick brechen würde. Ich kenne viele Leute die sich infiziert haben und davon ist KEINER krank gewesen,allerdings ALLE zwei Wochen in Quarantäne. Ausgehend davon,dass wir ALLE durchinfiziert werden,ob wir wollen oder nicht(auch nach dem Impfstoff) geht es nun darum die Risikogruppen zu schützen.Die anderen aber sollten tunlichst den Alltag am laufen halten.

Pascal
28. Oktober 2020 - 8.42

Wenn ich diese Meinung lese habe ich den Eindruck, dass der Autor sich schon fast wünscht der Schulbetrieb würde zusammenbrechen. Die Unterstellung die Schule müsste nur offen bleiben damit die Wirtschaft läuft ist perfide. Wenn persönliche Abneigung gegen den Minister dazu führt, dass man nicht zuerst an die Bedürfnisse der Kinder denkt sondern andere Argumente anführt, ist das sehr schade.