ProzessMutter soll ihr sechs Monate altes Kind erwürgt  haben

Prozess / Mutter soll ihr sechs Monate altes Kind erwürgt  haben
Vor dem Gericht in Diekirch muss sich eine Frau verantworten, die ihr sechs Monate altes Kind umgebracht haben soll Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Eine 44-jährige Frau steht seit Montag wegen Mordes an ihrem sechs Monate alten Kind in Diekirch vor Gericht. Das Leben des Kindes endete am 10. November 2015. Es wurde erwürgt. Nach dem gewaltsamen Tod des Kindes geht es im Prozess gegen die Mutter vor allem um eine Frage: Warum?

Zum Auftakt des Prozesses schilderte ein Ermittler den Ablauf der Affäre. Er erklärte, die Frau habe am 10. November 2015 gegen 11.50 Uhr dem Notruf gemeldet, dass sie überfallen worden sei. Ein Mann habe sie mit einem Messerstich verletzt und ihr den Jungen entrissen. Der Entführer sei in einem schwarzen BMW mit deutschem Kennzeichen unterwegs gewesen. Ein Rettungshelikopter flog die verletzte Frau ins Krankenhaus, wo sie notoperiert werden musste.

Nachträglich sollten die Ermittler herausfinden, dass sie sich die Schnittverletzungen an Bauch und Gesicht selbst zugefügt hatte. Untersuchungen ihres Handys ergaben, dass sie im Internet nach Kindsmorden („Mutter erwürgt Kind“) gesucht hatte. Nachdem die damals 39-Jährige zunächst versucht habe, den Verdacht auf eine andere Person zu lenken, habe sie den seelischen Druck, der auf ihr lastete, nicht mehr ausgehalten und sich schließlich der Polizei offenbart. Die neue Version der Ereignisse habe sie während der gesamten Vernehmung aufrechterhalten, so der Ermittler. Die Angeklagte erzählte den Beamten, dass sie zunächst ihren sechs Monate alten Jungen in ihrer Wohnung in Befort mit einem Kissen ersticken wollte. Als dies misslang, habe sie das Kind erwürgt. Die Angeklagte habe anschließend das regungslose Kind in die Weiße Ernz zwischen Eppeldorf und Befort gelegt. Die Strömung habe das Kind mitgerissen. Nach einer intensiven Suchaktion konnte die Leiche des Kindes gefunden werden.

Hilfeschrei

„Das Kind war kein Wunschkind“, sagte der Ermittler. Nachdem die Angeklagte einen Hirnschlag erlitten habe, sei es ihr schwergefallen, eine emotionale Bindung zu ihrem Nachwuchs aufzubauen. Sie habe dem Jungen die Schuld am Hirnschlag gegeben. Ein paar Tage vor der Tat habe die Frau versucht, sich mit ihrem Kind im Auto einen steilen Hang hinabzustürzen. Das sei ihr allerdings nicht gelungen, da sich der Wagen im schlammigen Boden festgefahren habe. Mehrmals habe sie ihrem Mann gesagt, dass sie sich umbringen würde und dass sie Angst habe, dem Kind etwas anzutun. Der psychische Zustand der Frau habe sich nach und nach verschlechtert, sodass sie zehn Tage in der Psychiatrie gewesen sei, so der Ermittler.

Der geistige Zustand der Angeklagten ist wohl der Kern der Hauptverhandlung. Medizinische Gutachter sollen nun die Frage der Schuldfähigkeit klären. Aus der Sicht des Staatsanwalts sind gleich mehrere Merkmale eines Mordes erfüllt.

Zielorientierte Handlung

Bis zum Tatgeschehen habe die Frau ein unauffälliges, rechtstreues und fleißiges Leben geführt. „Wenn nun eine Mutter ihr sechs Monate altes Kind tötet, indem sie es erst ersticken will und dann erwürgt, dann muss ihr die Tat doch bewusst gewesen sein“, sagte der Ermittler.

Mord und Schuldunfähigkeit stehen demnach im Vordergrund dieses Prozesses – und damit der Artikel 71 des „Code pénal“. Laut diesem Artikel ist eine strafbare Handlung nicht vorhanden, wenn der Täter zur Zeit der Tat wegen Bewusstseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig ist, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Der Prozess ist auf sechs Sitzungen anberaumt. Am Donnerstag und Freitag sollen weitere Zeugen wie etwa Polizisten und Sachverständige aussagen. Das Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie wird wohl später vorgestellt werden.