SüdkaukasusAserbaidschan bringt Gebiete in Bergkarabach unter seine Kontrolle 

Südkaukasus / Aserbaidschan bringt Gebiete in Bergkarabach unter seine Kontrolle 
Die Feuerpause ist längst Geschichte: Verletzter Soldat in der Nähe von Stepanakert Foto: AFP/Aris Messinis

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zum ersten Mal bestätigen Armenien und Bergkarabach Gebietsverluste und einen teilweisen Rückzug in der umkämpften Südkaukasus-Region. Aserbaidschan feiert den Vormarsch. Wird das öl- und gasreiche Land das abtrünnige Gebiet bald komplett zurückerobern?

Bei Kämpfen um die Südkaukasus-Region Bergkarabach hat Aserbaidschan erneut mehrere Ortschaften eingenommen. Der Anführer der umkämpften Region, Araik Arutjunjan, teilte gestern mit, dass es Aserbaidschan gelungen sei, die Front tief in das Konfliktgebiet zu verschieben. Armenien bestätigte, dass das aserbaidschanische Militär Gebiete unter seine Kontrolle gebracht habe. Es war die erste offizielle Bestätigung dieser Art.

Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev gab im Kurznachrichtendienst Twitter bekannt, dass das Militär acht Dörfer zurückerobert habe. Die Behörden in der Hauptstadt Baku sprechen von nun insgesamt 45 Ortschaften, die sie wieder unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Armenien und Bergkarabach hatten das bestritten. Jetzt bestätigten sie den teilweisen Rückzug.

In Aserbaidschan kam es zuletzt auch zu spontanen Freudenfesten mit Feuerwerk auf den Straßen, wie das Staatsfernsehen zeigte. Die armenische Seite beklagt Hunderte Tote in den eigenen Reihen. Die aserbaidschanische Seite spricht von 43 getöteten Zivilisten, Angaben zu getöteten Soldaten machte Baku nicht.

Russland bietet Friedenssoldaten an

Der neue Krieg um Bergkarabach hatte am 27. September begonnen. Die beiden Ex-Sowjetrepubliken kämpfen seit Jahrzehnten um die bergige Region, in der rund 145.000 Menschen leben. Bergkarabach wird von Armenien kontrolliert, gehört aber völkerrechtlich zum islamisch geprägten Aserbaidschan.

In einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren verlor Aserbaidschan die Kontrolle über das Gebiet. Es wird von christlichen Karabach-Armeniern bewohnt. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. Die Türkei steht in dem Konflikt auf der Seite Aserbaidschans, während Armenien Russland als Schutzmacht sieht.

Dem türkischen Fernsehsender Haber Turk sagte Aliyev, dass die Militäroffensive weitergehe. Er hatte zuletzt mehrfach beklagt, dass die seit rund drei Jahrzehnten laufenden Verhandlungen zur friedlichen Lösung des Konflikts nichts gebracht hätten. Der autoritäre Staatschef des öl- und gasreichen Landes hatte das Militär in den vergangenen Jahren hochgerüstet und immer wieder damit gedroht, Bergkarabach mit Gewalt zurückzuholen. Aliyev bekräftigte zudem, dass die Türkei als Bruderstaat Aserbaidschans eine größere Rolle bei der Lösung des Konflikts spielen solle.

Angriff auf armenisches Gebiet

In Moskau erneuerte Außenminister Sergej Lawrow das Angebot, russische Friedenssoldaten in der Region einzusetzen. Allerdings müssten Eriwan und Baku zustimmen. Staatschef Aliyev meinte, dass darüber gesprochen werden könne, wenn Aserbaidschan in Bergkarabach wieder das Sagen habe und der neue Status dann gesichert werden müsse. Internationale Aufrufe, sich an die am Samstag unter russischer Vermittlung vereinbarte Waffenruhe zu halten, liefen bisher ins Leere.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu forderte seine Kollegen David Tonojan in Eriwan und Zakir Hasanov in Baku auf, die Verpflichtungen auf ein Ende der Kampfhandlungen vom 10. Oktober in vollem Umfang zu erfüllen. Das Verteidigungsministerium in Baku teilte mit, eine Raketenanlage auf armenischem Gebiet zerstört zu haben. Daraufhin drohte das Ministerium in der armenischen Hauptstadt Eriwan mit Angriffen auf aserbaidschanische Gebiete. (dpa)