Premier-LeaguePremierminister Johnson schaltet sich in Reform-Diskussionen ein

Premier-League / Premierminister Johnson schaltet sich in Reform-Diskussionen ein
Bei einer Verwirklichung des Projekts besäßen die „Big Six“ die überwiegende Entscheidungsgewalt Foto: AFP/Nigel French

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Das sogenannte Projekt „Big Picture“ schlägt tiefgreifende Reformen in der englischen Premier League vor. Premierminister Boris Johnson ist davon alles anderes als begeistert.

Als sich Boris Johnson einschaltete, war jedem klar, welchen Sprengstoff die neuen Pläne der englischen Fußball-Elite bergen. Einen „Hinterzimmer-Deal“ sah der britische Premierminister im Reform-Projekt „Big Picture“, das der FC Liverpool und Manchester United offenbar federführend ausgeknobelt haben. Würde es in die Tat umgesetzt, läge alle Macht bei den Großklubs. Daher steht Johnson mit seiner Skepsis nicht alleine da.

Über einen Sprecher ließ der Regierungschef ausrichten, dass ihm die Pläne missfallen, es sei jene Art von Deals, „die das Vertrauen in die Führung des Fußballs untergraben“. Dabei klingt es zunächst vielversprechend. Ja, die Premier League würde von 20 auf 18 Vereine verkleinert und der Supercup sowie der Ligapokal abgeschafft, aber dafür blühte den unterklassigen Klubs ein Geldsegen.

Entscheidungsgewalt bei den „Big Six“

Das Papier sieht eine Corona-Soforthilfe für die in der EFL zusammengeschlossenen Ligen zwei bis vier von umgerechnet über 275 Millionen Euro sowie eine künftige Beteiligung an den TV-Einnahmen der Premier League von 25 Prozent vor. Dazu steht laut Telegraph ein 56-Millionen-Euro-Paket zur Förderung der Frauen-Wettbewerbe im Raum.

„Dies würde zu langfristiger Planungssicherheit für unsere Klubs führen“, sagte EFL-Chef Rick Parry: „Es würde den Abstand zwischen der Championship (die englische 2. Liga; d.Red.) und der Premier League verkleinern.“ Wo ist also das Problem, wenn sich die großen Vereine in Krisenzeiten um die kleinen kümmern?

Bei einer Verwirklichung des Projekts besäßen wenige Vereine aus der höchsten Spielklasse die überwiegende Entscheidungsgewalt. Die sogenannten „Big Six“ (FC Liverpool, Manchester City, Manchester United, FC Chelsea, FC Arsenal und Tottenham Hotspur) sowie die drei am längsten in der Liga vertretenen Vereine könnten dann über grundlegende Dinge wie beispielsweise die Geldverteilung entscheiden. Sechs Stimmen reichen in dem Fall für eine Mehrheit.

Die Erfolgsaussichten der Pläne sind wohl eher mau, denn in Englands Medien weht starker Gegenwind. Der frühere Nationalmannschafts-Teammanager Sam Allardyce bezeichnete es bei Sky Sport als „extrem gefährlich“, nur neun Vereine über die Geschicke aller Klubs befinden zu lassen.

Auch Arsène Wenger, der ehemalige Coach des FC Arsenal, glaube, die Pläne werden „Widerstand und einen negativen Gesprächsansatz“ hervorbringen. Handlungsbedarf beim derzeitigen System sieht der Franzose trotzdem.

„Wenn nichts passiert, werden die kleineren Klubs sterben“, sagte der 70-Jährige, der aber nicht viel von einmaligen Zahlungen in Millionenhöhe hält. Seiner Meinung nach seien „der Verband, die Regierung und die Premier League“ in der Pflicht, „einen Kompromiss zu finden, der die Probleme löst, die es schon vor Corona gab“. Laut Aussage des Premierministers sei die Situation aber gar nicht so dramatisch wie beschrieben.

„Für die Unterstützung der EFL haben wir schon Zusicherungen sowohl von der Premier League als auch der EFL selbst, dass sie die EFL-Vereine nicht durch Corona kaputtgehen lassen wollen, und wir wissen, dass sie auch schon im existierenden System über die notwendigen Mittel dazu verfügen“, ließ Johnson ausrichten. Ist das Argument der finanziellen Notlage also nicht mehr als ein Feigenblatt der Big-Picture-Initiatoren, um die eigenen Interessen zu verbergen? (SID)