AustralienWissenschaftliche Studie zu Coronavirus ruft Kritiker auf den Plan

Australien / Wissenschaftliche Studie zu Coronavirus ruft Kritiker auf den Plan
An Banknoten würden die Viren lange überleben, heißt es in einer Studie australischer Wissenschaftler, die allerdings stark kritisiert wird Foto: AFP/William West

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Australische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Coronaviren unter idealen Bedingungen zehn Tage länger auf Oberflächen überleben können als Grippeviren. Auf Glas, Edelstahl und Geldscheinen konnten die Forscher die Viren bis zu 28 Tage nachweisen. Die Studie ruft jedoch auch Kritiker auf den Plan.

Wissenschaftler der australischen Forschungsagentur Csiro haben herausgefunden, dass SARS-CoV-2, das für Covid-19 verantwortliche Virus, auf manchen Oberflächen bis zu 28 Tage überleben kann. Die Forscher führen in ihrer Studie, die im Fachmagazin Virology Journal veröffentlicht wurde, Banknoten, Edelstahl und Glas als solche potenziell „gefährlichen Oberflächen“ an. Vor allem Handybildschirme können wohl zu Virenfallen werden.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass sich die Coronaviren länger auf glatten Oberflächen wie Glas, Edelstahl und Vinyl halten als auf porösen komplexen Oberflächen wie Baumwolle. Außerdem stellten die Forscher fest, dass Papierbanknoten ihnen bessere Chancen liefern als Plastikbanknoten. Im Rahmen der Studie bestätigten die Wissenschaftler auch, dass die Viren länger bei niedrigeren Temperaturen überleben – etwas, das die zahlreichen Covid-Cluster in Schlachthöfen bereits vermuten ließen.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass SARS-CoV-2 auf Oberflächen über lange Zeiträume infektiös bleiben kann“, sagte Debbie Eagles vom Australian Centre for Disease Preparedness (ACDP), wo die Experimente für die Studie ausgeführt wurden. Dies sei nochmals Beweis dafür, warum bewährte Verfahren wie regelmäßiges Händewaschen und Reinigen von Oberflächen so wichtig seien. „Bei 20 Grad Celsius, was etwa Raumtemperatur entspricht, stellten wir fest, dass das Virus extrem robust war“, sagte die Forscherin. Besonders lang – also bis zu 28 Tage überlebte es auf glatten Oberflächen wie dem Glas von Handybildschirmen oder Plastikbanknoten.

Ähnliche Experimente mit Grippeviren ergaben, dass diese im Vergleich nur bis zu 17 Tage auf Oberflächen überleben können. Dies würde zeigen, wie widerstandsfähig SARS-CoV-2 sei, sagte die Australierin. Weitere Experimente wurden bei 30 und 40 Grad Celsius durchgeführt, wobei die Überlebensdauer bei steigender Temperatur abnahm.

Experimente im Dunkeln

Laut ACDP-Direktor Trevor Drew bleiben viele Viren auf Oberflächen außerhalb ihres Wirts lebensfähig. „Wie lange sie überleben und infektiös bleiben können, hängt von der Art des Virus, der Menge, der Oberfläche, den Umgebungsbedingungen und der Ablagerung ab, also zum Beispiel Berührung versus Tröpfchen, die durch Husten freigesetzt werden“, sagte er. Proteine ​​und Fette in Körperflüssigkeiten könnten die Überlebenszeiten von Viren beispielsweise erheblich verlängern.

Die australische Studie wurde in einer äußerst „virusfreundlichen“ Umgebung ausgeführt. So fanden die Experimente beispielsweise im Dunkeln statt, um die Einwirkung von UV-Licht auszuschließen. Denn direktes Sonnenlicht kann das Virus schnell inaktivieren, wie andere Studien bereits gezeigt haben. Die Australier zeigen damit also ein „Worst-Case-Szenario“ auf, aber nicht unbedingt eine realistische Situation im Alltag.

Kritik von Forscherkollegen

Andere Forscher kritisierten die Studie deswegen schwer. Ron Eccles, der ehemalige Direktor des Common Cold Center an der Cardiff-Universität in Großbritannien, sagte im Interview mit der BBC, dass eine Studie wie die australische nur „unnötig Angst in der Bevölkerung“ erzeuge. „Viren verbreiten sich über den Schleim von Husten, Niesen und schmutzigen Fingern“, meinte er. Die australische Studie habe jedoch keinen frischen menschlichen Schleim verwendet. „Meiner Meinung nach bleiben infektiöse Viren nur stundenlang im Schleim auf Oberflächen und nicht tagelang bestehen“, sagte er. Auch in einem im Juli veröffentlichten Artikel im medizinischen Fachjournal Lancet hieß es, dass die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch leblose Oberflächen sehr gering sei.

Das deutsche Robert-Koch-Institut nennt die respiratorische Aufnahme über Atmen, Husten, Sprechen und Niesen als Hauptübertragungsweg für Coronaviren. „Beim Atmen und Sprechen, aber noch stärker beim Schreien und Singen, werden Aerosole ausgeschieden“, schreiben die deutschen Gesundheitsexperten. „Beim Husten und Niesen entstehen zusätzlich deutlich vermehrt größere Partikel.“ Deswegen seien das Abstandhalten sowie ein Atemschutz so wichtig, um das Risiko einer Übertragung durch solche Partikel zu reduzieren. Allerdings schließen die Robert-Koch-Experten eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen nicht völlig aus.