Esch in PandemiezeitenSo trotzt das „Syndicat d’initiative“ der Krise mit kleineren Events

Esch in Pandemiezeiten / So trotzt das „Syndicat d’initiative“ der Krise mit kleineren Events
Eine Kavalkade wird 2021 voraussichtlich nicht in Esch stattfinden, verrät Jacques Müller, Präsident des Escher „Syndicat d’initiative“. Dafür sind jedoch kleinere Events vorgesehen, beispielsweise „Kapesëtzungen“. Foto: Editpress/Tania Feller

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Vor anderthalb Jahren übernahm Jacques Müller die Leitung des Escher „Syndicat d’Initiative“ (SI). Zusammen mit seinem Führungsteam hatte er sich zum Ziel gesetzt, die „Minettemetropole“ attraktiver und lebendiger zu gestalten. Was ist bislang geschehen? In welchem Maße bremste die Corona-Krise vorgesehene Aktivitäten aus und wie deutet sich die Zukunft an? Das Tageblatt hat beim vollauf motivierten Präsidenten nachgefragt.

Tageblatt: In Ihrem Einstandsinterview vor 18 Monaten bezeichneten Sie sich als stets gut gelaunten Menschen. Wie ist dem heute?

Jacques Müller: Meine gute Laune ist mir nicht abhandengekommen. Da man sowieso nichts ändern kann, ist es umso wichtiger, die Dinge positiv anzugehen und realistische, der Lage angepasste Lösungen auszuarbeiten. Als „Syndicat d’Initiative“ waren wir genau wie alle anderen zu Beginn der Pandemie zutiefst verunsichert, doch wir sind schnell aus der Schockstarre erwacht. Wir waren angetreten, um etwas zu bewegen, und demzufolge beschlossen wir, dieser Herausforderung nach Möglichkeit weiterhin gerecht zu werden.

Viele der traditionellen großen Veranstaltungen mussten abgesagt werden, doch auch neu geplante Events fielen dem Virus zum Opfer. Führten die widrigen Umstände zum Stillstand?

Dazu möchte ich vorausschicken, dass jedes einzelne Event äußerst arbeitsintensiv ist und die Arbeit zu einem großen Teil von freiwilligen Helfern geleistet wird. Diese hatten das ganze vergangene Jahr über unzählige Stunden in die Planung und Ausführung der jeweiligen Veranstaltungen investiert. Und dann hieß es plötzlich „Stopp“. So konnte zum Beispiel das für Esch wegweisende „Culture Forest Festival“ nicht stattfinden. Die Kombination aus Foodtruck- und Musikfestival war in der Vorbereitung bereits weit fortgeschritten. Geplant war auch der „SuperSprint Triathlon“, ein publikumsträchtiger Wettbewerb mit hohem sportlichen Stellenwert. Als dann das Escher SI auch noch als erster Veranstalter die Kavalkade aus sanitären Sicherheitsgründen absagte, führte dies zu teils bösartigen Kommentaren. Besonders in den sozialen Medien kam es zu einem regelrechten Shitstorm. Für mich aber war es ganz einfach eine Sache der Verantwortung. Auf keinen Fall wollte ich die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setzen. Jetzt im Nachhinein sind sich natürlich alle einig, dass es die einzig richtige Entscheidung war. Besonders aufbauend war zu diesem Zeitpunkt, dass die Mannschaft des SI geschlossen hinter mir stand, sich nicht entmutigen ließ und sofort angemessene Pläne zu schmieden begann. Von Stillstand oder Entmutigung keine Spur!

Wie weit hatte das SI sein Programm vor der Pandemie umsetzen können und wie sieht die Bilanz aus?

Die Pandemie hat ein sofortiges Umdenken unsererseits bedingt. Wir handelten schnell und demzufolge ist unsere Gesamtbilanz positiv. Mir lag von Anfang an am Herzen, das SI als eigenständigen Veranstaltungsgestalter und -organisator sichtbarer zu machen. So schlug ich vor, den Unterschied zu dem im Tourismusbereich operierenden City Tourist Office durch ein neues Logo zu verdeutlichen. Mit dem Entwurf beauftragten wir nicht etwa eine professionelle Agentur, sondern eine höhere Kunstklasse des Escher „Lycée de garçons“. Ein gelungenes Unterfangen!

Bis zum Ausbruch der Pandemie führten wir mit Erfolg unsere traditionellen Veranstaltungen durch, alle etwas aufgepeppt durch zeitgemäße Neuerungen. Ich möchte stellvertretend den Weihnachtsmarkt und den Sankt-Nikolaus-Umzug im vergangenen Jahr nennen. Wie bereits erwähnt, liefen auch unsere Pläne, die Stadt Esch durch zusätzliche moderne Großereignisse aufzumotzen, auf Volltouren. Sobald es die Lage erlaubt, werden diese nachgeholt.

Aus der anfänglich bescheidenen Idee wurde rasch der ‚Summer an Esch’

Jacques Müller, Präsident des Escher SI

Wir haben dem Publikum den handgefertigten „Escher Bescher“ vorgestellt. Dieser hatte einen derartigen Erfolg, dass wir im Moment mit den CIGL daran tüfteln, ihn in größerer Stückzahl und unaufwändiger herzustellen.

Auf unser Betreiben hin nennen wir außerdem nun eine mobile Bühne unser Eigen. Diese können wir ohne besonderen Aufwand an unterschiedlichen Orten aufrichten. Ihre unseren Bedürfnissen entsprechende Größe gestattet dem SI, das Programm vielfältiger zu gestalten.

Vor geraumer Zeit haben wir eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Geschäftsverband Acaie und dem „Service Culture“ der Escher Gemeinde. Diese Partnerschaften sollen Synergien und koordinierte Aktivitäten zur Belebung des Stadtkerns ermöglichen. Im Bestreben, ebenfalls Animation in die Escher Viertel zu bringen, hatten wir bereits vor Krisenbeginn Kontakte mit den Escher Interessenvereinen geknüpft.

Ich bin ein pragmatischer Mensch und daher eher skeptisch, was die Organisation großer Veranstaltungen in nächster Zeit anbelangt. Deshalb sollte man jetzt und in naher Zukunft kleineren Veranstaltungen den Vorzug geben. Ins Nichtstun zu verfallen oder mit langjährigen Traditionen zu brechen, wäre falsch, denn Städte ohne Animation riskieren nun mal dahinzusiechen.

Jacques Müller, Präsident des Escher SI

Und dann kam die Pandemie mit ihrer ganzen Unberechenbarkeit und zahlreichen Einschränkungen. Schwanden da nicht sämtliche Veranstaltungsmöglichkeiten?

Wir waren der Meinung, dass man, statt Trübsal zu blasen, kreativ werden und sich der Situation anpassen sollte. Gleich nach den ersten entscheidenden Corona-Lockerungsphasen entschied die Führungsriege des SI, die Menschen im Rahmen des Erlaubten mit kleineren Events zu erfreuen und Esch auch in Krisenzeiten weiter zu beleben. Selbstverständlich sollten sämtliche Ereignisse strengsten sanitären Auflagen unterliegen. Das SI ging wie geplant in die Viertel, dies mit einem etwas geänderten Konzept. Nachdem das erste Konzert der beliebten Band Zero Point Five das Publikum im Brill-Viertel begeistert hatte, war uns um die kommenden Veranstaltungen nicht mehr bange. Die Sicherheitsmaßnahmen hatten perfekt gegriffen. Vier weitere Zero-Point-Five-Konzerte folgten, eines im Clair-Chêne, ein zweites in der Anlage des „Camping Gaalgebierg“, ein drittes im Quartier Neudorf und ein viertes auf dem Galgenberg. Unser traditionelles Open Air Cinema war, um den Distanzregeln Genüge zu tun, ebenfalls in den Stadtwald Clair-Chêne verlegt worden.

Selbstverständlich hatten wir bei unseren Überlegungen das Stadtzentrum nicht aus den Augen verloren. So organisierten wir im Stadtkern ab Juli jeden Samstag kleinere Konzerte, manchmal sogar drei gleichzeitig an jeweils unterschiedlichen Orten. Esch begann wieder zu leben! Geschäftsleute und Besucher waren begeistert. Wir merkten schnell, dass die Menschen nach Abwechslung lechzten, sie regelrecht brauchten. Man sah, wie sie aufgrund der ausgefeilten Organisation ihre Sicherheitsbedenken ablegten und einer befreienden Freude Ausdruck gaben. Aus der anfänglich bescheidenen Idee wurde rasch der „Summer an Esch“. Wir werden das Konzept für nächstes Jahr überarbeiten und die Veranstaltung möglicherweise zu einem regelrechten Sommerfest ausbauen. Dieses soll dann auch in Post-Corona-Zeiten seine volle Existenzberechtigung behalten. Ich möchte übrigens an dieser Stelle dem Publikum für das rigorose Einhalten der sanitären Maßnahmen und seine Disziplin danken. Auch dem Schöffenrat, der uns nicht nur während der Krise tatkräftig unterstützte, und den Gemeindediensten, die mit uns an einem Strang zogen, gebührt mein Dank.

Weihnachtsmarkt in der ganzen Alzettestraße

Die durch die Pandemie bedingten Beschränkungen werden wohl noch einige Zeit andauern. Wie sieht für Sie die Zukunft aus? Und wie steht es um den diesjährigen Nikolausumzug und den „Krëschtmoart“?

Niemand weiß, wie sich die Pandemie entwickeln wird. Das bringt natürlich Planungsunsicherheit mit sich. Ich bin ein pragmatischer Mensch und daher eher skeptisch, was die Organisation großer Veranstaltungen in nächster Zeit anbelangt. Deshalb sollte man jetzt und in naher Zukunft kleineren Veranstaltungen den Vorzug geben, sich dennoch für den Fall eines Umschwungs Luft nach oben lassen. Ins Nichtstun zu verfallen oder mit langjährigen Traditionen zu brechen, wäre falsch, denn Städte ohne Animation riskieren nun mal dahinzusiechen. Aus diesem Grund wird das SI auch in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt ausrichten. Ein Sanitätskonzept wurde ausgearbeitet und vom Gesundheitsministerium angenommen. Auch hier gilt das Motto „Safety first“. Um Menschenansammlungen zu vermeiden und die nötige Distanz wahren zu können, werden die Stände über die ganze Länge der Alzettestraße verteilt. Besondere Anziehungspunkte gibt es jeweils auf dem Rathaus- und dem Brillplatz. Eine Pressekonferenz wird Mitte November einberufen werden, um den Leuten das Konzept zu erläutern. Leider kann der „Kleeschen“ nicht auf seinem Wagen durch die Straßen ziehen. Er wird dennoch den Kindern von seinem Thron vor dem Rathaus  aus zuwinken und die begehrten „Kleeserchertuten“ hat er auf jeden Fall dabei. Ich kann ferner jetzt schon sagen, dass die Kavalkade mit Umzug im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht stattfinden wird. Um die „Fuesgecken“ nicht ganz auf dem Trockenen sitzen zu lassen, sehen wir allerdings kleinere „Kapesëtzungen“ unter hohen Sicherheitsauflagen vor.

Die Krise hat uns auf jeden Fall eines gelehrt: Es müssen nicht immer große Veranstaltungen sein. Das hat sich ganz klar beim „Summer an Esch“ bewiesen. Das Angebot entsprach sowohl den Bedürfnissen als auch den Erwartungen und zog ein breit gefächertes Publikum an. Und mir ist es besonders in diesen trüben Corona-Zeiten wichtig, den Menschen mit kleinen Veranstaltungen entspannte und frohe Momente zu bescheren. Das wird bis auf Weiteres eines der vorrangigen Anliegen des SI sein.

Franz
16. Oktober 2020 - 9.13

Ja der Mann organisiert sehr viele Events für seine Freunde. Leider nicht für die Bevœlkerung

Baerchen
14. Oktober 2020 - 18.59

Dommader as Escher Kalvacade Doud Zu Esch Bravo Müller an Konsorten Mee Esch och Doud do Kanns du esou vill Concert machen ????

Ferdinand
13. Oktober 2020 - 14.27

"...hatte er sich zum Ziel gesetzt, die „Minettemetropole“ attraktiver und lebendiger zu gestalten. " Wie man in Esch feststellen kann, hat er kurz danach aufgegeben.