LitauenKonservative Opposition gewinnt Parlamentswahlen

Litauen / Konservative Opposition gewinnt Parlamentswahlen
Die Wähler in Litauen sprachen sich offensichtlich für einen Regierungswechsel aus Foto: AFP/Petras Malukas

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Die bisherige Regierungskoalition in Litauen hat die Parlamentswahlen von Sonntag klar verloren. Die große populistische Regierungspartei „Bauern und Grüne“ von Ministerpräsident Sauliaus Skvernelis wurde deutlich von „Vaterlandsunion“ geschlagen. Dazu scheiterte der reformierte sozialdemokratische Juniorpartner an der Fünfprozenthürde. „Wir werden eine konstruktive, aber starke Opposition sein“, versprach Parteichef Raimundas Karbauskis am Montag zerknirscht.

Der Multimillionär Karbauskis, oft auch als Litauens Donald Trump bezeichnet, hob vor allem hervor, dass sich die Litauer trotz Corona nicht vom Urnengang hätten abhalten lassen. Die Wahlbeteiligung lag mit 47,6 Prozent nur unwesentlich hinter den Wahlen von 2016. Damals hatten Karbauskis „Bauern und Grüne“ die Wahlen überraschend in einem Erdrutschsieg für sich entschieden.

Nun allerdings wollen die Litauer offenbar einen Generationenwechsel. Der Enkel des Sajusdis-Mitbegründers Vytautas Landsbergis führte die deutlich verjüngte konservative „Vaterlandsunion“ am Sonntag zum Erfolg. Mit 25 Prozent der Stimmen eroberte die „Vaterlandsunion“ mit einem stellenweise sozialdemokratisch anmutenden Programm 23 Sitze. „Wir streben eine politisch breit aufgestellte Koalition an“, sagte der erst 38-jährige Parteichef Gabrielius Landsbergis. Neue  Premierministerin soll die ehemalige Finanzministerin Ingrida Simonyte (2009-12) werden. Sie wolle die Ministerien wieder gemäß Kompetenz und nicht bloß nach einem Parteischlüssel besetzen, versprach sie am Montag. „Ich hoffe zudem, dass dem neuen Kabinett wieder deutlich mehr Frauen angehören“, sagte Simonyte.

Als Koalitionspartner stünden der „Vaterlandsunion“ die drittplatzierte Arbeiterpartei (9,5 Prozent, 9 Sitze), die nicht reformierten, oppositionellen Sozialdemokraten (9,3 Prozent, 8 Sitze), die rechtsliberale bisherige Juniorregierungspartei „Freiheit und Ordnung“ (9 Prozent, 8 Sitze) und die oppositionellen Liberalen (6,8 Prozent, 6 Sitze) zur Verfügung. Die latent prorussische Arbeitspartei mit ihrem umstrittenen Parteichef Wiktor Uspaskitch dürfte indes kaum ernsthaft koalitionsfähig sein. Erstmals nicht im Parlament vertreten ist die polnische Minderheit, deren Wahlbündnis mit russischen Minderheitenpolitikern am Sonntag nur auf 4,8 Prozent kam. Zusammen verfügen die beiden Minderheiten über rund 13 Prozent der knapp drei Millionen Einwohner des größten Baltenstaates.

Schwierige Koalitionsverhandlungen

In Vilnius werden nun schwierige Koalitionsverhandlungen erwartet. Da am Sonntag erst die Hälfte der 141 Parlamentssitze vergeben wurden, muss allerdings noch der zweite Wahlgang am 25. Oktober abgewartet werden. Einzig Ingrida Simonyte eroberte auf Anhieb mit 61 Prozent über die Hälfte der Stimmen in ihrem Einerwahlkreis in Vilnius. Über die noch fehlenden 70 Parlamentssitze wird am 25. Oktober entschieden, wobei die bisher regierenden „Bauern und Grünen“ deutlich weniger Kandidaten in die zweite Runde schicken können als vor vier Jahren.

Gescheitert ist in seinem Einerwahlkreis mit nur 4,7 Prozent der Stimmen bereits der international hoch angesehene Außenminister Linas Linkevicius (reformierte Sozialdemokraten, LSDDP). Er kam nur auf den dritten Platz. Der erfahrene Diplomat wird Litauen im Umgang mit dem diktatorisch regierten Nachbarland Weißrussland (Belarus) fehlen.