WettbewerbMit der Feder gegen den Klimawandel: Privileg des Weiterlebens

Wettbewerb / Mit der Feder gegen den Klimawandel: Privileg des Weiterlebens
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Das „TEDx“-Programm der Universität Luxemburg hat im August Kinder und Jugendliche zu einem Schreibwettbewerb aufgerufen. Die jungen Menschen im Alter zwischen neun und 20 Jahren sollten über das schreiben, was sie von uns allen am ehesten betrifft: den Klimawandel. Das Format war dabei egal: Ob Gedicht, Kurzgeschichte oder Essay – alle Stilformen waren erlaubt, solange das Werk nicht mehr als 1.000 Wörter umfasste.

Zwei talentierte Gewinner wurden ermittelt: Ihre Beiträge wurden im Media Center der Universität in Belval aufgenommen und in das diesjährige Programm der „TEDxUniversityofLuxembourg“-Konferenz integriert. 

Das Tageblatt druckt in seiner heutigen Ausgabe einen Beitrag von Chloé Hoffmann.

Tagebuch aus der Zukunft

Von Chloé Hoffmann

Dienstag, 20. Juli 2120 (glaube ich zumindest)

Hi, mein Name ist Evelyn. Ich bin 15 Jahre alt und weiß ehrlich gesagt nicht, was ich hier eigentlich tue. Seit ungefähr zwei Wochen gleicht mein Leben der Hölle. Meine Familie ist tot, ich bin die einzige Überlebende, auch wenn ich keine Ahnung habe, warum. Warum bin ich diejenige, die das Privileg hat, weiterzuleben? Warum nicht meine Eltern oder mein kleiner Bruder?

Aber das hilft alles nichts. Ich versuche das alles zu verdrängen. Darin bin ich Weltmeisterin. Anstatt mich also in irgendeiner Ecke selbst grundlos zu bemitleiden, bringe ich alle meine beschissenen Gefühle zu Papier. (Ich entschuldige mich übrigens wegen der Ausdrucksweise, aber ich stecke gerade mitten in der Pubertät und zudem habe ich das Gefühl, dass die Erde nun mehr dem Schauplatz eines post-apokalyptischen Films ähnelt, wie der Welt, in der ich aufgewachsen bin. Ich denke, diese Umstände können mein Verhalten durchaus entschuldigen.)

Wenn ich so darüber nachdenke, ist es ja eigentlich völlig egal, was ich hier schreibe, denn es wird eh niemand lesen. Von daher, kann ich jetzt gleich loslegen mit all dem Mist, der mich bedrückt.

Na ja, um es kurzzufassen … wir sind am Arsch. Und damit meine ich die gesamte Menschheit. Die Natur ist dabei, sich das zurückzuholen, was wir ihr weggenommen haben.

Um diese kryptischen Aussagen meinerseits etwas zu verdeutlichen: Es ist das eingetreten, was alle befürchtet haben. Der Punkt, an dem die Erde noch zu retten gewesen wäre, ist endgültig überschritten und jetzt ist die Kacke ordentlich am Dampfen.

Nicht nur, dass es in verschiedenen Regionen so staubtrocken ist, dass es nicht mal mehr Grundwasser gibt, nein, andere Gebiete wiederum litten unter Dauerregen und sind jetzt restlos überschwemmt. Und das ist noch nicht alles. Fast sämtliche Waldbestände sind Bränden zu Opfer gefallen, die Gletscher sind nun endgültig geschmolzen und so weiter und so fort …

Unnötig, zu erwähnen, dass dabei sehr viele Menschen gestorben sind. Über die Hälfte der gesamten Weltbevölkerung. Aber das Schlimmste kam erst danach. Dadurch, dass entweder alles abgefackelt ist oder unter Wasser steht, gibt es kaum mehr Nahrung, zumindest kein Getreide, frisches Obst oder Gemüse. Hunger und Durst haben normal denkende Menschen zu blutrünstigen Wesen gemacht.

Mittwoch, 21. Juli 2120

Ich wurde gestern von einem dieser elenden Sandstürme unterbrochen und musste kurz untertauchen, aber hier bin ich wieder. Alsooo, wo bin ich stehen geblieben … Ach ja richtig, der Weltuntergang (Ich weiß, das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ich glaube, ich habe in diesem letzten Jahr meine melodramatische Ader entdeckt. Oh, und JA, ich bin sehr stolz darauf, dass ich dieses Wort überhaupt kenne!).

Wo wir schon vom letzten Jahr reden … Es war das Jahr, an dem der Untergang der Menschheit begann. Genauer gesagt, begann es am 13. August 2119. An jenem schicksalhaften Tag konnte man die ersten verheerenden Wirbel- und Sandstürme in verschiedenen Regionen beobachten. Diese Stürme sind nicht nur unfassbar riesig, sondern dauern auch viel länger als die üblichen Sandstürme. Einer der ersten Sandstürme wüstete über zwei Wochen lang in West Virginia.

Ab da wurde es immer schlimmer. Es gab immer häufiger Stürme, Überschwemmungen und Brände. Im Westen Kaliforniens, meiner Heimat, wurde es unerträglich heiß. Die Temperaturen stiegen zeitweise bis zu unglaublichen 50 Grad an. In anderen Gebieten hingegen sanken die Temperaturen immer weiter unter den Nullpunkt. Das Klima spielte endgültig verrückt und geriet auf dem ganzen Planeten außer Kontrolle.

Viele Menschen kamen bei Naturkatastrophen ums Leben, aber erst recht viele, seit der Strom vor zwei Wochen ausgefallen war. Dann begannen nämlich die Meutereien, denn jeder war plötzlich auf sich allein gestellt. Als nichts mehr funktionierte – kein Fernsehen, kein fließendes Wasser, kein Licht – gerieten die Leute in Panik und es gab regionale Aufstände.

Mit dem Strom schien auch der letzte Rest Menschlichkeit und Anstand verschwunden zu sein. Überfälle in Häuser häuften sich, Menschen rafften alles, was ihnen unter die Hände geriet, und hinterließen eine Schneise der Zerstörung.

Einer dieser Aufstände war der Grund für den frühzeitigen Tod meiner Familie. Sie wurden einfach erschlagen, in ihrem verzweifelten Versuch, unser Hab und Gut zu verteidigen. Ich war an dem Tag im Garten, denn wir hatten versucht, etwas Obst und Gemüse anzubauen, das besonders hitzebeständig war. Ich hörte Schreie und Schüsse im Haus, aber eine lähmende Angst hinderte mich daran, nachzusehen. Nachdem die Schreie abgeklungen waren, erwachte ich aus meiner Angststarre und trat ins Haus ein … Ich habe jede Nacht Albträume, in denen ich immer wieder den grauenvollen Anblick meiner ermordeten Familie sehe.

Mein Überlebensinstinkt trieb mich ins Schlafzimmer meiner Eltern. Unter einer Holzdiele hatten sie vorsorglich Nahrung und Wasser versteckt. Glücklicherweise hatte noch niemand dieses Versteck entdeckt. Ich stopfte alles in einem alten Rucksack und verließ fluchtartig das Haus. Seitdem bin ich allein unterwegs und mir geht langsam der Proviant aus.

Mein Ziel: Ein Ort, an dem Flüchtlinge aufgenommen werden, genannt Oasis. Das lief jedenfalls andauernd im Fernsehen, bevor der Strom ausgefallen ist. Ich weiß nicht, ob es stimmt oder ob ich diesen Leuten trauen kann, aber es ist meine einzige Hoffnung. Eine dieser Auffangstationen soll sich im Norden Kaliforniens befinden. Ich habe also einen mühseligen Fußmarsch vor mir.

Samstag, 25. Juli 2120

Ich bin noch meilenweit von meinem Ziel entfernt und ich kann nicht mehr. Ganz ehrlich, ich bin kaputt! Meine Füße schmerzen durchgehend von der ganzen Anstrengung und es ist so verdammt heiß! Außerdem habe ich fast kein Wasser mehr und ich weiß nicht, wo ich welches beschaffen könnte … Um ganz ehrlich zu sein …Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Ich glaube, das hier ist das Ende meiner Reise …

Donnerstag, Ende Juli 2120

Meine Kehle fühlt sich soooo unfassbar trocken an! Ich habe mein ganzes Wasser aufgebraucht und befinde mich momentan in einer Wüste, sprich mitten im Nirgendwo. Weit und breit ist nichts zu sehen außer Steine und Sand! Absolut keine Zivilisation in Sicht. Das ist das Deprimierende … Ich bin hier völlig allein und werde höchstwahrscheinlich hier sterben, aber das wird nie jemand erfahren …

Samstag oder Sonntag, wahrscheinlich Anfang August 2120

Ich bin jetzt schon zwei Tage ohne Wasser unterwegs und ich kann nicht mal mehr schlucken. So trocken ist mein Hals mittlerweile. Und mein Kopf erst … Er fühlt sich an, als wäre er kurz vorm Explodieren, und ich kann kaum mehr denken. Ich habe mich jetzt dazu entschieden, nicht mehr weiterzulaufen. Ich tröste mich mit dem Gedanken, meine Familie bald wiederzusehen. Also mach’s gut …

Anne
13. Oktober 2020 - 17.44

Waat hei geschitt, ass onverantwortlech. Emmer nëmmen negativ Saachen, an den Leit Angscht maachen.