EttelbrückDer ADR-Nationalkongress steht im Zeichen von Gibéryens politischer Rente

Ettelbrück / Der ADR-Nationalkongress steht im Zeichen von Gibéryens politischer Rente
Physischer ADR-Nationalkongress in Ettelbrück Fotos: Editpress/Caude Lenert

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Die ADR hat ihren Nationalkongress am Sonntag in der Ettelbrücker Deichhalle abgehalten – weil im Süden, wo man sich eigentlich treffen wollte, keine Halle aufzutreiben war, die groß genug ist für einen Kongress unter Corona-Bedingungen. Der Weggang Gast Gibéryens vom Parlament in die Rente prägte die Veranstaltung.

Den Ton gab der Präsident des Nordbezirks, Jeff Engelen, bei seiner Begrüßung der Delegierten bereits an: Er sieht seine Partei von „linksideologischen Politikern“ – und dies sind nach Lesart der ADR so ziemlich alle anderen – in die rechte Ecke gedrängt.

Diese These wiederholte Präsident Jean Schoos später in einer Ansprache, indem er die ADR als einzigen verbleibenden Hüter bürgerlich-konservativer Werte bezeichnete; alle anderen seien nach links gerückt. Schoos beschäftigte sich ebenfalls mit dem Wahlsystem, das kleine Parteien benachteilige, wie die Europawahlen von 2019 verdeutlicht hätten. Trotz eines Stimmenanteils von knapp mehr als zehn Prozent habe die ADR keinen Abgeordneten nach Brüssel entsenden dürfen. Solidarisch fühlt Schoos sich mit dem CSV-Präsidenten Frank Engel, der es – ebenfalls nicht mit einem politischen Mandat ausgestattet – wie er schwer habe, öffentlich Gehör zu finden. Die Solidarität beschränkte sich allerdings auf diese Probleme mit der Öffentlichkeitsarbeit: Bei der von Engel angeregten Vermögens- und Erbschaftssteuer vertritt die Partei diametral entgegengesetzte Positionen.

(ADR-eigener Livestream des Kongresses bei Facebook)

Nach den bei solchen Veranstaltungen üblichen Berichten zu Tätigkeit und Finanzen durfte der Präsident der Jugendorganisation Adrenalin vor den vorwiegend älteren Delegierten ebenfalls darüber klagen, dass die Partei ungerechterweise in die rechte Ecke gedrückt werde.

Hunde und Kinder

Die Präsidentin der Frauensektion, Sylvie Mischel, gab anschließend ihre Sichtweise der Werte zum Besten, denen eine Gesellschaft folgen sollte, und verwehrte sich dabei gegen jedwede Opferrolle des weiblichen Geschlechts. Neben Frauenhäusern brauche das Land dringend Männerhäuser; 40 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt seien immerhin Männer. Verschiedenen Grünen warf sie vor, Hunde und Kinder abschaffen zu wollen, da diese CO2 produzierten und klimaschädlich seien.

Gast Gibéryen wenige Tage vor Eintritt in seine politische Rente
Gast Gibéryen wenige Tage vor Eintritt in seine politische Rente

Die geplante Steuerreform mit der vorgesehenen Individualisierung sei ein Projekt zur Abschaffung der Familie, sie sei ideologisch motiviert.

Die politische Ausrichtung hielt die ADR in drei Resolutionen fest, die Klimawandel, Wohnungsbau und Verkehr sowie Migrationsfragen behandeln. Der neue ADR-Abgeordnete und Nachfolger im Parlament von Gibéryen, Fred Keup, behandelte die Klimafrage. Neben den für den Kongress schon fast typischen Seitenhieben auf die Grünen spricht sich die Partei für eine pragmatische Vorgehensweise aus. Ob die Klimakrise nun menschengemacht sei oder nicht, lässt die ADR offen. Dennoch müsse das wirtschaftliche Wachstum nun intelligent gesteuert werden: Im Bausektor solle verstärkt Holz eingesetzt werden, die Windenergie ausgebaut werden, das Potenzial von Biogas genutzt werden. Auf Reparaturen soll ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz gelten und die Kreislaufwirtschaft soll prinzipiell gefördert werden. 

Asyl: Politikwechsel verlangt

„Asyl und Migration“ behandelte der Abgeordnete Fernand Kartheiser, der sich kritisch mit sog. Wirtschaftsflüchtlingen auseinandersetzte, die den allgemeinen Respekt vor internationalen Rechtsabkommen zum Schutz von Flüchtlingen schwächen könnten, die den Schutz von Zivilpersonen in Krisensituationen garantieren. Asylanträge sollten bereits in den Herkunftsländern bei den Botschaften europäischer Staaten gemacht werden, um so die großen Migrationsbewegungen zu verhindern.

Um gegen die Wohnungsnot vorzugehen, so Roy Reding, seien steuerliche Maßnahmen das falsche Mittel; jedenfalls so lange es möglich sei, mit den sog. FIS – Spezialfonds, die es im Immobiliensektor gibt – massiv Steuern einzusparen. Es müsse auch künftig jedem Menschen im Land ermöglicht werden, sein Eigenheim zu erwerben. „Sozialer Wohnungsbau“ sei diskriminierend, da die Wohnungsnot praktisch jeden betreffe. Außerdem seien die Prozeduren zum Bau neuer Wohnungen zu langwierig. Der Kongress nahm alle drei Resolutionen einstimmig an.

In seiner Eigenschaft als Sprecher der ADR-Parlamentarier setzte Fernand Kartheiser anschließend die Ziele für die drei Wahlen, die in drei Jahren stattfinden werden. So soll die Partei laut seinen Vorstellungen gestärkt aus den Kommunalwahlen hervorgehen, bei den Europawahlen den Sitz, den sie knapp verpasst hatte, erringen und bei den Parlamentswahlen Fraktionsstärke erreichen. Er warnte vor einer Schuldenpolitik, die das „Triple A“ Luxemburgs gefährden könne, hielt ein Plädoyer für die öffentliche Schule und sprach sich für eine konsequente Sicherheitspolitik aus.

Zum Schluss des Kongresses stand dann erneut Gast Gibéryen im Mittelpunkt, dem zahlreiche Geschenke, darunter ein fast 50-seitiges Porträt von ADR-Mitarbeiter Roland Houtsch, überreicht wurden. Seine Gattin kam ebenfalls zu Ehren – in seiner emotionalen Dankes- und Abschiedsrede unterstrich der neu ernannte Ehrenpräsident den Rückhalt seiner Ehefrau während seiner langen Jahre als NGL-Gewerkschaftspräsident, als Frisinger Bürgermeister und als ADR-Abgeordneter.

Junckers Demission unterzeichnet

Auch während dieses Auftritts vor Parteikollegen konnte es sich der Vollblutpolitiker nicht verkneifen, dem ehemaligen CSV-Staatsminister Juncker, der einst bedauert hatte, dass es ihm nicht gelungen war, der ADR den politischen Boden unter den Füßen wegzuziehen, eins auszuwischen. In eine der beiden Übergangsperioden, während derer er als Kammerpräsident fungiert habe, fiel der Tag der Demission von Juncker als Staatsminister und er habe das entsprechende Dokument unterschreiben sollen. Auf Nachfrage des Kammerbüros, ob er hierfür in die Hauptstadt komme oder ob ein Fahrer das Dokument nach Frisingen bringen sollte, habe er geantwortet: „Dofir musst Dir schonn op Fréiseng kommen“ – und genoss so die „Revanche“ in seinem Heimatdorf …

Miette
11. Oktober 2020 - 21.45

ADR, lasst uns über was anderes schweigen?

Griseldis
11. Oktober 2020 - 18.44

ADR gelt verbueden mir brauchen kee Rietsdreckruck

Gerd
11. Oktober 2020 - 17.33

déi kreien den Hals dach net voll, sos geingen verchidener net nach mat 70 + do um Stull peschen.

J.C.Kemp
11. Oktober 2020 - 16.16

@Jeanchen: 5/6, 5/6, natierlech! :-D

Jeanchen
11. Oktober 2020 - 14.34

Wéivill Rent kritt dann den Gast ??? Hoffentléch genug,nëtt dass hien nach muss an 50 Verwaltungsréit akasséieren.