FußballHubert Rickal über seine Schatzkammer im Neudorf

Fußball / Hubert Rickal über seine Schatzkammer im Neudorf
Eingerahmt oder in Koffer verpackt: So bewahrt Hubert Rickal seine wertvollen Sammlerstücke in seiner Schatzkammer auf Foto: Editpress/Anne Lommel

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Hubert Rickal kennt das Stade Josy Barthel wie kein anderer. Über 18 Jahre pflegte er jeden Grashalm der ehrwürdigen Spielstätte in der Arloner Straße. Der ehemalige Platzwart der Ville de Luxembourg hat(te) aber nicht nur ein Faible für das Zeichnen der Linien, sondern ebenfalls eine Sammel-Leidenschaft. Aus gutem Grund, wie er dem Tageblatt beim Einblick in seine Schatzkammer verriet.

„Es ist eine Kunst.“ Das Einzeichnen der Linien im Stade Josy Barthel gehörte über 18 Jahre lang zur Lieblingsbeschäftigung von Platzwart Hubert Rickal. Wenn er über seine Aktivitäten im Stadion spricht, fällt immer wieder der Begriff „Traumberuf“, dem er sich hingebungsvoll widmete. „Es ist wie ein Gemälde, es muss alles schön weiß und gerade sein.“ In seinen Dienstjahren für die Ville de Luxembourg war aber nicht nur die Rasenpflege eine der Angelegenheiten, um die sich der mittlerweile pensionierte 58-Jährige kümmern musste.

Die zweite Mission war persönlicher. Es ging darum, „den Leuten auf die Nerven zu gehen“, wie er es scherzhaft nennt. Auch FLF-Torwart Anthony Moris dürfte sich an den Platzwart mit dem langen Atem erinnern – denn auch er hat schlussendlich nach mehrmaligen Anfragen nachgegeben und dem fußballbegeisterten Rickal eines seiner Trikots geschenkt. Diese Hartnäckigkeit zahlte sich im Laufe der Jahre aus. Saibene, Holtz oder Jans: Sie alle kamen früher oder später nicht am Platzwart vorbei. „Ich habe keine Ahnung, wie sie über mich denken.“

Den Nations-League-Pappkarton hat er als Andenken an den letzten Arbeitstag ausgestellt
Den Nations-League-Pappkarton hat er als Andenken an den letzten Arbeitstag ausgestellt Foto: Editpress/Anne Lommel

Möglich machte dies eben sein Job und die damit verbundene Nähe zum Geschehen. Gemeinsam mit zwei weiteren Angestellten der Ville de Luxembourg war er täglich im Stade Josy Barthel anzutreffen. Während der Länderspiele nahm das Trio auf einer Bank auf der Tartanbahn Platz und war in der Pause damit beschäftigt, zerfetzte Rasenstücke in die Löcher zu stopfen. Der Luxemburger wusste genau, wie er sich anlegen musste: „Die Trikots treffen meist bereits ein paar Stunden vor den Spielern ein. Der Trick dabei ist dann, den Betreuern ihre Wünsche zu erfüllen. Und die haben auch meist welche.“

Strasser statt Rickal

Momente und Eindrücke aus den Katakomben, von denen der Fußballfan auf den Tribünen nichts mitbekommt. Während Cristiano Ronaldo keine Zeit für einen Plausch in den Gängen hatte, überraschte der ehemalige weißrussische Nationaltrainer Bernd Stange Rickal mit seiner Geste: „Ich bin an diesem Abend fast verzweifelt, da es unmöglich schien, ein weißrussisches Trikot zu bekommen. Er meinte nur, dass sie keins abgeben könnten, doch er würde mir eines per Post zukommen lassen. Fünf Tage später lag es tatsächlich im Briefkasten. Es gibt viele Leute, die dir zwar etwas versprechen, doch das bedeutet nicht wirklich immer etwas.“

Rund 600 Trikots aller Nationen und Vereine kamen bislang zusammen. Auf zwei Geschichten ist er dabei besonders stolz – und beide haben etwas mit seinem Herzensverein aus der Bundesliga zu tun. „Filip Daems, Abwehrspieler der Belgier, war damals in Gladbach unter Vertrag. Ich hatte ihn bereits vor dem Länderspiel im Stadion angesprochen und um sein Trikot gebeten. Ich traute meinen Augen nicht, als er es dann Jeff Strasser nach Spielende überreichte. Da ich dann noch mal auf ihn zuging, hat er mich mit in die Kabinen genommen und mir dort sein Ersatztrikot unterschrieben.“ Der Schwede Patrik Andersson durfte Anfang der 90er zwar kein Shirt aushändigen, schenkte Rickal aber stattdessen sein Trainingstrikot. 

Fundstücke aus dem Internet oder vom Flohmarkt gehören ebenso zur Kollektion
Fundstücke aus dem Internet oder vom Flohmarkt gehören ebenso zur Kollektion Foto: Editpress/Anne Lommel

Der Rentner kann zu jedem seiner Objekte eine Anekdote erzählen – vom Meisterschaftstrikot des tunesischen Klubs Etoile de Sahel, das er sich während des Urlaubs selbst aus der Farbik abholte, bis hin zum rosa Torwarttrikot des bosnischen Ersatzkeepers. Diese Leidenschaft für Fußball-Andenken aus aller Welt steigerte sich seit den 70ern, als „man noch nicht jedes Jahr ein neues Trikot kaufen musste“. 

„Verlässt du mal bitte den Raum?“

Während er für die Shirts selten in die Tasche griff („80 Prozent sind geschenkt“), investierte er für besondere Raritäten auch schon gerne mal etwas mehr. Von Feueranzündern des Avenir Beggen mit dem Logo von Pierre Cardin, Zigarren-Bändchen mit den Kickern der Escher Jeunesse bis hin zu uraltem Lederschuhwerk: Die kuriosesten Andenken haben bei Rickal einen Platz gefunden. Freunde und ehemalige Spieler bringen immer mal wieder Artikel vorbei. Wie viel er über die Jahre für seine Sammlung hingeblättert hat, verrät er nicht, sondern meint nur mit einem Lachen in Richtung Ehefrau Monique: „Verlässt du mal bitte den Raum?“ Diese teilt die Begeisterung für das runde Leder zwar nicht, hat aber Verständnis für die Leidenschaft ihres Gatten. „Manchmal entdeckt er dann auch etwas auf Ebay oder auf dem Flohmarkt“, erzählt sie – und gesteht ihrem Fußballfanatiker dann auch zwei gemeinsame Stadionbesuche bei jedem Familienurlaub zu. 

Zu Hause angekommen, werden getragene Stücke dann erst einmal gewaschen – „ich verstaue nämlich keine dreckigen Trikots“ –, in Plastik verpackt und im jeweiligen Koffer untergebracht. Neben der FLF-Garderobe und der Gladbacher Kollektion nimmt auch die Sammlung des Avenir Beggen einen großen Platz auf dem Speicher des „Wiichtelcher“-Fans ein. Bis auf ein Modell aus den 70ern („das mit dem Alvisse-Logo – sollte jemand noch so eins haben, soll er sich bitte melden“) hat Rickal jedes Exemplar seit 1969 eingelagert. 

Aus gutem Grund. Während des Lockdowns sitzt Rickal beispielsweise täglich bis zu acht Stunden vor dem Computer und scannt Zeitungsausschnitte und Tabellen: In unzähligen Ordnern sind Dokumente, Zeitungsausschnitte und Fotos aus über 100 Jahren Nationalgeschichte klassiert – von Briefen des Gauleiters bis hin zu den Berichten der Nachkriegszeit inklusive. „Damit der Nachwelt etwas erhalten bleibt“, formuliert es der 58-Jährige, der die Sammlung irgendwann einmal dem Sportministerium zur Verfügung stellen wird. Bis dahin wird fleißig weitergesammelt. Schweren Herzens wird er aber am Samstag wegen Corona auf einen Stadionbesuch verzichten. 

Ernst Tom
9. Oktober 2020 - 18.07

Een super Mensch!,een echten Gladbacher,Beggener Supporter,awer och soss een ganz ganz feinen Fußballsammler.Bravo Hubert