Formel 1 / Ein Luxemburger mitten in der Mercedes-Erfolgsgeschichte
Lewis Hamilton könnte am Sonntag am Nürburgring mal wieder einen Rekord brechen. Der sechsmalige Formel-1-Weltmeister steht kurz vor seinem 91. Grand-Prix-Sieg, damit würde er mit dem jetzigen Rekordhalter Michael Schumacher gleichziehen. Den größten Teil seines Erfolgs feierte der Brite mit Mercedes. Seit 2014 wurde er mit dem Team fünfmal Weltmeister, zudem konnte er 69 Siege mit dem deutschen Rennstall verbuchen. Hinter dem zurzeit besten Fahrer, mit dem schnellsten Auto, steht allerdings ein Team von rund tausend Mitarbeitern, unter ihnen auch einer aus dem Großherzogtum.
Dominique Riefstahl arbeitet in der Königsklasse des Rennsports, dort steht er bei dem zurzeit wohl erfolgreichsten Team unter Vertrag: Seit 2012 arbeitet der Luxemburger für Mercedes-AMG F1. Damals ahnten noch die Wenigsten, in welchem Ausmaß man den Sport dominieren würde. 2010 begann man mit dem Aufbau des deutschen Werkteams, nach zwei Jahren der Entwicklung holte Nico Rosberg 2012 in China den ersten Mercedes-Sieg, ehe der große Erfolg 2014 seinen Lauf nahm: „Es waren zwei bittere erste Jahre, die ich aber gleichzeitig als die zwei wichtigsten Jahre bezeichnen möchte. Denn danach ist man für den Erfolg umso dankbarer. Bevor ich zu Mercedes wechselte, hatte ich nur einen Sieg feiern können. Mit BMW-Sauber gewannen wir 2008 das Rennen in Montréal. Man ist sich der Schwierigkeiten, die man dafür überwinden muss, bewusst“, blickt Riefstahl auf die Anfänge seiner Karriere zurück: „Wir hatten zwar 2012 schon hohe Ambitionen und glaubten daran, wenigstens um Siege mitzufahren. Wir haben damals aber nicht damit gerechnet, dass unser Erfolg ein solches Ausmaß annimmt.“ Seit 2014 holte Mercedes 97 Grand-Prix-Siege, zudem stellten sie jedes Jahr den Weltmeister. Auch die Konstrukteurswertung entschieden sie immer für sich.
Traum verwirklicht
Doch wie kommt man als Luxemburger überhaupt dazu, in der Formel 1 zu arbeiten? Bereits als Kind träumte Riefstahl von einer Karriere in der Königsklasse des Rennsports. Begeistert verfolgte er damals bereits mit seinem Vater sonntags die Formel 1: „Ich war allgemein von Autos begeistert und wollte unbedingt eine Karriere in diesem Bereich starten. In der Hinsicht wollte ich nicht erwachsen werden und immer weiter mit Autos spielen“, lacht Riefstahl: „Es ist einfach meine Passion. Ich habe bereits mein Studium danach ausgerichtet und bin nach England gegangen, weil die meisten Rennställe dort ihren Sitz haben. Meine Uni habe ich ausgewählt, weil diese gute Kontakte zu der Formel 1 pflegte und immer wieder Studenten für Praktika dorthin sendete.“ Mit einem Maschinenbau-Studium an der Oxford Brookes University hat Riefstahl sich seinen Weg in die Formel 1 selbst geebnet.
Bei BMW fand der Luxemburger einen ersten Job in der Automobilbranche, der es ihm erlaubte, die richtigen Kontakte zu knüpfen: „Dort gab es viele Kollegen, die früher in der Formel 1 gearbeitet haben. Diese haben mir geholfen, den Sprung dorthin zu schaffen. Ich habe bei BMW Motorsport als Simulationsingenieur begonnen. In diesem Bereich werden die einzelnen Teile des Motors simuliert und analysiert.“
2008 wechselte Riefstahl aus der Motorenabteilung in den Bereich Chassis und verblieb dort anderthalb Jahre, bis BMW sich aus der Formel 1 zurückzog. Während eines Jahres arbeitete er weiter bei BMW, allerdings in der Abteilung Straßenautos, ehe er den Sprung zurück in den Rennsport schaffte: „2011 habe ich bei Pirelli als Liaisons-Ingenieur zwischen Reifenhersteller und Mercedes gearbeitet. Das heißt, ich habe zwar für Pirelli gearbeitet, war aber in der Mercedes-Garage untergebracht. So kam es, dass ich 2012 zu Mercedes selbst gewechselt bin.“
Seitdem ist Riefstahl Teil der Erfolgsgeschichte: Seine Aufgaben bei Mercedes sind in drei Bereiche eingeteilt. Einer davon heißt Race Support Management: Das Team an der Strecke wird an Rennwochenenden auch aus Tausenden Kilometern Entfernung unterstützt. Im englischen Brackley hat das Formel-1-Team seinen Sitz, dort gibt es einen Raum, der live mit der Strecke verbunden ist. Genau in diesem ist Riefstahl für das Management zuständig: „Wir unterstützen das Team an der Strecke mit Live-Analysen. Wir stehen hier nicht unter Zeitdruck, sondern können uns etwas mehr Zeit nehmen, das Gesamtbild zu beobachten. Ich beschäftige mich spezifisch mit der Performance unserer Autos gegenüber der Konkurrenz. Wo sind unsere Stärken und Schwächen, wie können wir uns verbessern? Wie können wir das Setup optimieren, um schneller zu werden?“ Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Luxemburger während eines Rennwochenendes. Auch die gesamte Strecke wird in Brackley im Blick gehalten. Gibt es einen Unfall oder es liegen Teile auf der Fahrbahn, gibt der Race Support Room die Information innerhalb von Sekunden an die Strecke weiter, sodass die Piloten ihre Ideallinie anpassen können. Zudem hören alle Teams den Funkverkehr ihrer Konkurrenz mit, sodass Strategie und Taktik jederzeit angepasst werden können. Auch diese Arbeit geschieht beim Mercedes-Team in Brackley. Riefstahl ist aber auch bei drei bis vier Rennen im Jahr persönlich an der Strecke anwesend. So auch vor zwei Wochen, als er den Renningenieur von Valtteri Bottas in Sotschi ersetzte. Der Finne siegte vor Max Verstappen und Lewis Hamilton.
Neben diesem ersten Bereich leitet Riefstahl aber auch die Software-Entwicklung für die Mercedes-Renningenieure.
Zusammenarbeit mit Schumacher und Hamilton
Zudem ist der Luxemburger für die Mercedes-Nachwuchspiloten verantwortlich und begleitet sie bei ihren Anfängen in der Formel 1: „Wenn ein junger Pilot zu uns kommt, wie zum Beispiel George Russell oder Esteban Ocon, absolvieren sie erst mal Simulatortraining und lernen unsere Prozesse kennen. Wir testen mit ihnen an der Strecke, sodass sie das Auto bedienen und verstehen lernen. Ich bin eigentlich ihr permanenter Ansprechpartner.“
Es ist die Mischung aus der Arbeit in den drei Bereichen, die Riefstahl besonders schätzt: „Ich mag alle drei. Es ist aber immer wieder schön, bei Tests an der Strecke zu sein, um den Kontakt zum Auto nicht zu verlieren. Auch die Zusammenarbeit mit den jungen Piloten ist extrem zufriedenstellend. Es ist immer wieder toll zu sehen, wie sie sich persönlich entwickeln und wie aus jungen Kerlen erfolgreiche Rennfahrer werden. Es ist fast wie das Aufwachsen der eigenen Kinder mitzuerleben.“
Wenn man Riefstahl auf seine schönsten Erinnerungen in der Formel 1 anspricht, kommt er aus dem Schwärmen nicht mehr heraus, es ist für ihn schwierig, eine hervorzuheben: „Den ersten Titel vergisst man natürlich nie. Das erste Wochenende an der Strecke bleibt auch in Erinnerung, das war 2011 in Melbourne.“
Besonders die Arbeit mit den Formel-1-Rekordlern Michael Schumacher und Lewis Hamilton hat Riefstahl aber beeindruckt: „Was auf dem Fernseher nie herauskam, ist, wie herzlich Schumi eigentlich war. Er wusste immer seine Dankbarkeit auszudrücken und gab jedem das Gefühl, Teil seines Erfolgs zu sein. Es war für mich extrem bereichernd, ihn kennenzulernen“, so Riefstahl: „Lewis habe ich als jungen Piloten kennengelernt. Er ist extrem begabt, er ist einfach ein Naturtalent. Seit seiner Zeit bei Mercedes ist er viel erwachsener geworden. Ich schätze sehr an ihm, wie er seine mediale Persönlichkeit für den guten Zweck einsetzt.“
Durch seine Arbeit in der Formel 1 lebt Riefstahl in England, trotzdem dürfen Abstecher nach Luxemburg nicht fehlen: „Ich nenne es auch immer noch nach Hause kommen. Ich lebe zwar in England, meine Heimat sehe ich allerdings immer noch in Luxemburg.“
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