FinanzplatzNeue Studie rückt Luxemburg wieder in die Nähe von Steueroasen

Finanzplatz / Neue Studie rückt Luxemburg wieder in die Nähe von Steueroasen
Nach den Skandalen LuxLeaks und Panama Papers hatte Finanzminister Pierre Gramegna (DP) die Zeit der Rulings und Briefkästen in Luxemburg eigentlich für beendet erklärt. So ganz scheint das allerdings nicht zu stimmen Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Laut einer neuen Studie spielt der Luxemburger Finanzplatz bei der Steuervermeidung von Immobilieninvestoren eine wichtige Rolle. Mit komplexen Firmengeflechten würden professionelle Anleger über das Großherzogtum Steuereinnahmen auf Wohnungen in der deutschen Hauptstadt Berlin am Fiskus vorbeischleusen, heißt es in der Untersuchung eines deutschen Experten für Steuergerechtigkeit. Für den Luxemburger Finanzplatz kommen die erneuten Negativschlagzeilen denkbar ungelegen. 

In den vergangenen Jahren haben sich Immobilien insbesondere in europäischen Großstädten zu einer stabilen Anlage für professionelle Investoren entwickelt. Die Möglichkeit zur Steuervermeidung macht die Anlage noch interessanter. Laut einer Studie, die der grüne Europaabgeordnete aus Deutschland, Sven Giegold, in Auftrag gegeben hat und über die die Süddeutsche Zeitung bereits am Dienstag berichtet hat, spielt der Luxemburger Finanzplatz bei der Umgehung von Steuern durch Immobilieninvestoren eine wesentliche Rolle. Die deutsche Tageszeitung Der Tagesspiegel und das gemeinnützige Recherchezentrum Correctiv hatten im Rahmen einer groß angelegten Recherche in den Jahren 2018 und 2019 herausgefunden, dass über 3.000 Wohnungen in der deutschen Hauptstadt Berlin im Besitz von rund zwei Dutzend in Luxemburg ansässigen Briefkastenfirmen seien. Gegründet worden seien sie von Unternehmen, die in Zypern und den britischen Jungferninseln registriert sind. Viele dieser Firmen gehörten zu einem Immobilientrust, an dessen Spitze wahrscheinlich die britische Milliardärsfamilie Pears stehe, berichtete der Tagesspiegel Ende Mai 2019.

Pears und Blackstone

Die am Mittwoch von Giegold veröffentlichte Studie wurde von Christoph Trautvetter, Experte der Berliner Initiative „Netzwerk Steuergerechtigkeit“, durchgeführt. Sie zeigt, wie solche Großinvestoren systematisch gesetzliche Schlupflöcher nutzen, um massiv Steuern zu sparen. Luxemburg wird in dem Bericht eine besondere Rolle zuteil. Neben Pears wird in der Studie auch die amerikanische Investmentgesellschaft Blackstone genannt, die über ihre in Luxemburg ansässige Holdinggesellschaft „Blackstone Property Partners Europe Holdings S.à.r.l.“ vernachlässigte Immobilien in guter Lage aufkauft und in ihre Entwicklung investiert. Diese Holding zeichne sich durch eine komplexe Investmentstruktur aus, die im Besitz eines undurchsichtigen und vielschichtigen Fonds- und Firmengeflechts sei, das sich auf die als Steueroase geltenden Kaimaninseln, Jersey und Delaware sowie Luxemburg verteile. Dieses Geflecht liste 154 zusammenhängende Tochtergesellschaften auf, die in Luxemburg und anderen EU-Ländern angesiedelt seien, heißt es in der Studie.

Die Steuervermeidung funktioniert nach dem Prinzip, dass Gewinne von Immobilien aus Ländern mit hohen Steuern (z.B. Deutschland) anhand von Firmenkonstrukten über den Finanzplatz Luxemburg in Steueroasen verschoben werden, wo nur sehr niedrige oder gar keine Steuern auf die Profite erhoben werden. Auf diese Weise können die Investoren hohe Steuern beispielsweise auf Mieteinnahmen umgehen und ihre Renditen maximieren. Laut Tagesspiegel ist Luxemburg für Immobiliengeschäfte mit das wichtigste Land, weil dort die großen Kapitalgesellschaften ansässig sind.

Ob und inwiefern solche professionellen Investoren zur Steigerung der Miet- und Wohnungspreise beitragen, ist noch umstritten. Problematisch ist aber, dass Mieter bei Problemen in ihrer Wohnung häufig keinen Ansprechpartner finden, wenn die Immobilie einer Briefkastenfirma gehört. Auch werden die Investoren beschuldigt, zur Gentrifizierung von ganzen Stadtvierteln beizutragen.

Mitten in der Imagekampagne

Die erneuten Negativschlagzeilen kommen für den Luxemburger Finanzplatz denkbar ungelegen. Nach den Skandalen LuxLeaks und Panama Papers hatte Finanzminister Pierre Gramegna (DP) die Zeit der Rulings und Briefkästen für beendet erklärt und das Großherzogtum in den vergangenen Jahren stets als Musterschüler bei der Umsetzung des BEPS-Aktionsplans der OECD oder der EU-Richtlinien ATAD2 und DAC6 (zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken und über Informationsaustausch in Steuerfragen) dargestellt. Tatsächlich hat Luxemburg manche dieser Richtlinien früher als andere Länder umgesetzt. Gleichzeitig hat die Regierung jedoch entschieden, Organismen für gemeinsame Anlagen (OGA) wie die zuletzt viel kritisierten FIS (spezialisierte Investmentfonds), die nicht weniger kritikwürdigen, doch bislang kaum öffentlich thematisierten RAIF (reservierte alternative Investmentfonds) oder Investmentgesellschaften für Risikokapital (SICAR) von bestimmten Richtlinien auszunehmen.

Mit einer groß angelegten Medienkampagne hat die Entwicklungsagentur des Finanzplatzes „Luxembourg for Finance“ (LFF) in den vergangenen Wochen versucht, das Image der Luxemburger Finanzindustrie aufzupolieren und ihre Bedeutung für die Staatseinnahmen und damit auch den öffentlichen Gesundheitssektor in der Covid-19-Krise hervorzuheben. Wie die Wochenzeitung d’Lëtzebuerger Land am vergangenen Freitag bemerkte, kommen die im Fachjargon Soparfi („Sociétés de participations financières“) genannten Briefkastenfirmen in der Kampagne jedoch nicht zur Sprache. Wie viele solcher Holdings in Luxemburg zurzeit registriert sind und wie hoch ihr Beitrag zum Staatshaushalt ist, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Unklar ist ebenfalls, wie hoch der Anteil professioneller Anleger am luxemburgischen Immobilienmarkt ist. Entsprechende Studien wurden bislang nicht durchgeführt. Nicolas Mackel, Generaldirektor von „Luxembourg for Finance“, wollte sich am Mittwoch auf Nachfrage nicht zu der von Giegold in Auftrag gegebenen Studie äußern, weil er sie noch nicht gelesen habe.

P.Dauer
2. Oktober 2020 - 14.45

@ jean-pierre goelff Geld und Wasser wählen immer den Weg des geringsten Wiederstands. Luxemburg ist keine Oase weil es hier soviel Regnet, sondern weil der Brunnen aus dem die Steuern geschöpft werden immer etwas tiefer geht als bei den Nachbarn. Infolge müssen die Nachbarn sparen, während deren Wasser immer schön weiter in der luxemburgischen Brunnen einsickert. Das geht aber nur so lange gut, wie die Nachbarn nichts merken;)

d'MIM
1. Oktober 2020 - 21.29

lieber SamB Die CSV mag sie wohl erfunden haben, werden aber von andern nicht abgeschaft!

jean-pierre goelff
1. Oktober 2020 - 18.11

Ach,Leute,es lebt sich doch besser in einer Oase,auch wenn längst nicht alles in Ordnung ist aber,hier in diesem Kuckucksdorf,im Departement Aisne,sitzen wir auf dem Trockenen und warten auf ein Wunder,Arbeitsplätze sind selten und schlecht bezahlt,und Steuern in Hülle und Fülle!Und,meine Nachbarin,82 Lenze jung,hat eine Rente von 675,45 Euro..........Also,liebe Lëtzeburger,meckert mal schön weiter,ihr geht mir längst damit auf die Nerven!

SamB
1. Oktober 2020 - 14.57

Es kann nicht oft genug wiederholt werden dass alle Gesetze und Schlupflöcher zur Steuervermeidung von den Finanzgenies der CSV erfunden wurden.

Flick Roland
1. Oktober 2020 - 14.37

Liebe Politiker, es wird zeit dass Luxemburg ein anderes denken bekommt. Denkt mal alle an die Rifkin Untersuchung. Bisher wird dieser Bericht ignoriert. Muss es immer nur Wachstum sein, um gut zu leben? Wachstum kann auch Freiheit begrenzen, da nur eins zählt, immer mehr und arbeiten, arbeiten. Findet hier nicht eine neue Art der Versklavung statt. Was in diesem Lande ist, ist dass wir immer wieder Analysen für teures Geld machen lassen aber diese nicht umsetzen, da unsere Politiker es oft wieder besser wissen oder falsch verstehen was solche Berichte aussagen. Wachstum zerstört vieles, Natur, Menschen und es ist nicht wie Herr Bettel gerne von sich gibt, ihr könnt ja in Ferien fahren, also geht es euch gut. Was ein Denken. Beim Wachstum ist es nicht so dass jeder davon profitiert, Wachstum trägt auch dazu bei, dass als teurer wird und die Verarmung steigt. Steuerschlupflöscher sollen unbedingt abgeschafft werden, Firmen sollen genau so viele Steuern zahlen wie, private Leute. Wenn ich im Ausland etwas vermiete, dann muss ich dort auch meine Steuererklärung machen, diese fliesst am ende des Jahres nochmals in meine Steuererklärung hier im Lande mit ein. Für Firmen sollte dies nicht anders sein. Das hin und her schieben was durch Holdings ermöglicht wird, sollte weltweit abgeschafft werden. Eine Firma ist eine Firma und sollte auch autonom funktionieren, unabhängig von Holdings. Natürlich wäre dies alles eine Katastrophe für Luxemburg, nur eins ist sicher man könnte sich besser wieder in der Welt darstellen, wo man immer nur zu hören bekommt, ihr seit ja alle Reich. Besser ist wenn man sich in den Spiegelschauen kann und sagen könnte, ja wir hier in Luxemburg uns geht es gut, wir brauchen nicht alle diese Entwicklungen wie es bisher geschieht, auch mit weniger kann man trotzdem in Ferien fahren, jeder hat sein eigenes Haus oder Wohnung, man könnte dann vielleicht sagen, ja wir haben wirklich die Superpolitiker, was haben wir ein Glück auf dieser Welt nicht in übermässigen Reichtum aber gut gestellt in diesem Land Luxemburg zu leben. Nur ist dies nicht so, SCHADE oder LEIDER.

Nomi
1. Oktober 2020 - 10.17

An mir fuhren monter weider bis di naechst Magouille obgedeckt gett !

Grober J-P.
1. Oktober 2020 - 10.11

Kann man denn nicht im Handelsregister nachlesen und die Adressen mal systematisch abklappern und schauen ob die Briefkästen auch täglich geleert werden. Mir wurden vor etlicher Zeit 10000 DM pro Jahr angeboten um meine Adresse benutzen zu dürfen mit der Auflage den Briefkasten auch täglich zu leeren. Der feine Herr aus Deutschland muss minderbemittelt gewesen sein.

Ingelberg
30. September 2020 - 19.25

In der Nähe von Oasen lebt es sich gut, da ist das Wasser nicht weit.