Darauf hat nicht nur die Hauptstadt seit 2012 und nach insgesamt sieben Verschiebungen gewartet: Am 31. Oktober soll er an den Start gehen, der Flughafen Berlin-Brandenburg „Willy Brandt“. Kaum zu glauben. „Wir machen einfach auf“, so am Dienstag der Chef des Flughafens, Engelbert Lütke Daldrup, vor der Presse. Ohne Party, ohne Politprominenz, ohne großes Brimborium. Zwei Maschinen sollen gegen 14 Uhr parallel landen, „damit wird formell der Flughafen eröffnet“. Am Tag darauf startet dann erstmals um sechs Uhr morgens offiziell ein Flieger.
Inzwischen gibt man sich in der Hauptstadt ziemlich kleinlaut. Durch die jahrelangen Verzögerungen – alles fing an mit Problemen beim Brandschutz – seien Berlin und ganz Deutschland zur „Lachnummer“ geworden, räumte der Manager ein. „Wir deutschen Ingenieure haben uns geschämt.“ 65.000 Mängel wurden einst bei einer Bestandsaufnahme festgestellt. Es gebe keinen Grund, sich mit dem Bau zu brüsten. Aber jetzt, so Lütke Daldrup, sei der BER fertig und ein moderner Flughafen, „technisch auf dem neuesten Stand“. Er verfüge über ausreichend Kapazitäten für die Zukunft und auch die Bundesregierung könne „komfortabel“ von einem neuen Regierungsterminal aus fliegen. Der Airport, der sich vor den Toren der Stadt in Schönefeld befindet, sei gut angebunden durch einen Flughafenbahnhof mit sechs Gleisen, warb Lütke Daldrup. Es gebe sogar 13.000 Stellplätze.
Das sehen viele kritischer. Der BER sei jetzt schon viel zu klein, sagen Experten, die Anbindung extrem miserabel. Auch gebe es keine Metropole, die nur über einen Flughafen verfüge wie künftig Berlin: Tempelhof wurde bereits 2008 geschlossen, und der den Hauptstädtern so ans Herz gewachsene Airport Tegel mit seinen kurzen Wegen wird am 8. November endgültig dichtgemacht. Am Ende sollen dennoch 45 Millionen Fluggäste pro Jahr an der Spree abgefertigt werden können – nur über den BER.
Weitere Zuschüsse und Darlehen nötig
Für besonders viel Ärger sorgen wohl noch lange die immensen Kosten. Nicht nur, weil jeden Tag Hunderttausende Euro Steuergelder in den Unterhalt des geschlossenen Komplexes flossen. Waren 2006 zum ersten Spatenstich noch 2,4 Milliarden Euro veranschlagt worden, so hat das Projekt mittlerweile rund sechs Milliarden Euro verschlungen. Wegen der Corona-Krise stand die Flughafengesellschaft sogar vor der Insolvenz. In diesem Jahr müssen deshalb die Eigentümer Berlin, Brandenburg und der Bund rund 260 Millionen Euro zusätzlich lockermachen. Wie viel dann in den kommenden Jahren beigesteuert werden muss, hänge stark vom Verlauf der Virus-Pandemie und den Folgen für den Flugverkehr ab, so Lütke Daldrup. Dass der BER weitere Zuschüsse und Darlehen benötigt, steht also außer Frage.
Der neueste Spott beschäftigt sich übrigens mit dem Interieur des zentralen Terminals. Die Check-in-Schalter sind verziert mit edlen Hölzern aus den märkischen Wäldern, davor liegt ein Fußboden aus Kalkstein. Der Flughafen sei „total retro“, heißt es jetzt in der Hauptstadt. Als wäre er eigentlich nur noch ein Museum. Und das einen Monat bevor der BER eröffnet wird.
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