OGBL-NationalvorstandSchwierige gewerkschaftspolitische „Rentrée“ 

OGBL-Nationalvorstand / Schwierige gewerkschaftspolitische „Rentrée“ 
Die Ungleichheiten nehmen weltweit und auch in Luxemburg zu, sagt OGBL-Präsidentin Nora Back Foto: Editpress/Tania Fell

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Die Zahl der Betriebe in Schwierigkeiten nimmt zu, viele Menschen müssen aufgrund von Kaufkraftverlust haushalten, die entsprechenden Gesetzesprojekte der Regierung zum Wohnen sind wenig geeignet, die dramatischen Zustände zu entschärfen. Demnach gestaltet sich die „Rentrée“ für die Gewerkschaften schwierig und arbeitsintensiv. OGBL-Präsidentin Nora Back gab am Dienstag einen Überblick über den Nationalvorstand, die Forderungen und Prioritäten der Gewerkschaft. 

Es sei eine heftige Zeit, die wirtschaftliche Lage in vielen Sektoren sei angespannt. Von Beginn der Krise an habe der OGBL die Position vertreten, dass nicht die kleinen und mittleren Einkommen die Auswirkungen der Pandemie zahlen dürften, wie nach der Finanzkrise 2008/09 geschehen; eine soziale Krise müsse unbedingt abgewendet werden. Dabei würden die Ungleichheiten weltweit, aber auch in Luxemburg zunehmen, so Back, die den jüngsten Oxfam-Bericht zitierte. Die drei größten Pharma-Unternehmen, die auf dem Gebiet der Impfstoff-Forschung in den USA aktiv sind, haben zwar milliardenschwere öffentliche Unterstützung erhalten, dennoch schütteten sie seit Januar 16 Milliarden Dollar an Dividenden an ihre Aktionäre aus. Die 32 multinationalen Unternehmen, die am meisten von der aktuellen Krise profitierten, müssten potenziell 104 Milliarden an Steuern zahlen, eine Summe, die etwa für Corona-Tests für jeden Bewohner des Planeten reichen würde und von der noch 33 Milliarden für eine bessere Gesundheitsversorgung übrig bleiben würden.

In Luxemburg würden sich aktuell viele Menschen Sorgen um ihren Job machen und müssten oft auch mit weniger Einkommen über die Runden kommen.

„Eise Wee aus der Kris“

Arbeit, Kaufkraft, Wohnen, Steuergerechtigkeit, soziale Sicherheit lauten denn auch die fünf Pfeiler, auf die der OGBL seine Strategie, um aus der Krise zu kommen, aufgebaut hat. Um Arbeitsplatzverluste zu verhindern, sei es notwendig, arbeitsrechtliche Reformen umzusetzen, die im „Comité permanent du travail et de l’emploi“ aktuell diskutiert werden. Eine Verbesserung der Gesetze zum „Plan de maintien dans l’emploi“, das gute Instrumente zur Verfügung stellt, aber längst nicht bindend genug formuliert ist, sowie eine Überarbeitung des Gesetzes zu den Sozialplänen, das es aktuell den Unternehmen zu leicht mache, durch scheibchenweise Entlassungen die Auflagen zu umgehen, sind laut Gewerkschaft dringend angebracht.

Es fehlten all jenen, die jetzt Teilzeit arbeiten müssten, 20 Prozent ihres monatlichen Einkommens. Um diesen Menschen und weiteren durch Kaufkraftverlust Betroffenen zu helfen, fordert der OGBL die schnelle Umsetzung von Maßnahmen wie der überfälligen zehnprozentigen Erhöhung des Mindestlohnes und der Anpassung der Familienzulagen (die den Gewerkschaften seit 2014 von der Regierung versprochen wurde).

Dramatische Wohnungsnot

Die beiden Gesetzesprojekte der Regierung zur Wohnungsproblematik seien kaum dazu geeignet, die dramatische Lage auf dem Markt zu entschärfen. Die groteske Preisentwicklung werde weder mit dem „Pacte logement 2.0“, der zu wenig zwingende Maßnahmen für den Bau von Sozialwohnungen vorsehe, noch durch das neue Mietgesetz, das sich weiter an der Obergrenze von jährlich 5 Prozent der Baukosten orientiert, statt die soziale Lage der Mieter oder etwa die Gewinne auf der Immobilie selbst zu berücksichtigen, entschärft werden können. Die Gelegenheit, gegen die Wohnungsnot vorzugehen, werde mit diesen Gesetzen verpasst. Der OGBL hat eine Reihe von Maßnahmen gegen diese Entwicklung ausgearbeitet, von denen eine graduell höhere Grundsteuer, die Spekulation weniger attraktiv machen würde, nur eine ist. 

Am 10. Oktober ist die Gewerkschaft Mitorganisator einer Protestkundgebung gegen die Wohnungsnot, die vom hauptstädtischen Glacis-Feld zum Hamilius-Platz führen wird.   

Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer

Ein starker Staat mit funktionierenden Sozialleistungen, den der OGBL vehement unterstützt, braucht Geld. Die Steuereinnahmen sollten allerdings gerecht verteilt sein. Um die akute Ungerechtigkeit des Systems aufzuzeigen, lieferte Nora Back ein Beispiel aus dem Jahr 2018. Ein Einkommen durch Arbeit von 50.000 Euro wurde vor zwei Jahren mit 9.743 Euro besteuert (Klasse 1); die gleichen Einnahmen durch Dividenden von Aktien wurden allerdings steuerlich nur mit 1.400 Euro belastet. Diese ungerechte Diskrepanz müsse verschwinden. Vermögens- und Erbschaftssteuer finden die Zustimmung der Gewerkschaft – wenn auch mit Freibeträgen ausgestattet und gezielt für die wirklich Reichen eingeführt. Eigenheime sollen in jedem Fall von solchen Modellen ausgeschlossen werden.

Schließlich dürfe das System der sozialen Sicherheit nicht geschwächt werden. Nach dem angekündigten Kassensturz nach der Krise müssten die Gelder, die von CNS (Gesundheitskasse) für außerordentlichen Familienurlaub vorgestreckt wurden, aus dem Haushalt rückvergütet werden. 

Schließlich ging die OGBL-Präsidentin auf die Betriebe ein, in denen zurzeit schwierige Verhandlungen geführt werden, u.a. Luxair, Luxguard, ArcelorMittal, die Post, SES und die Fondation Kräizbierg.