GemeinderatNeue Tourismusstrategie – so wird Esch zum „place to be“

Gemeinderat / Neue Tourismusstrategie – so wird Esch zum „place to be“
Am Freitag trafen sich die Gemeinderäte zum ersten Mal nach den Sommerferien Foto: Editpress/Tania Feller

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Die Escher Gemeinderäte trafen sich am Freitag zur ersten Sitzung nach den Sommerferien. Auf der Tagesordnung stand unter anderem die Präsentation der Tourismusstrategie, die Esch in den kommenden zehn Jahren zum „place to be“ machen soll, und die Frage, was mit dem Gebäude des „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ passiert, wenn das „Südspidol“ irgendwann einmal fertig werden sollte.

„Der Tourismus im Süden Luxemburgs hat ein großes Entwicklungspotenzial”: Das sagt der zuständige Schöffe Pim Knaff (DP). Esch sei nicht immer, aber immer öfter „the place to be“. Um dieses Potenzial zu fördern, gibt sich die Stadt jetzt einen Tourismusentwicklungsplan, den Knaff am Freitag vorgestellt hat. Der Plan soll auf der einzigartigen Landschaft, dem architektonischen Erbe, der multikulturellen Bevölkerung, einem inklusiven Angebot im Sportbereich und der Forschung auf Belval aufbauen.

Wie erwartet, habe die Pandemie zu Verlusten in der Hotelbranche geführt. „Ganz anders war es in unseren Baumhäusern im ‚Déierepark’. Dort sind die Buchungen gestiegen”, sagt Knaff. Vor allem, weil die Hygienemaβnahmen dort ohne Probleme eingehalten werden konnten. Weitere ungewöhnliche Übernachtungskonzepte, die es dem Besucher ermöglichen, dem Massentourismus zu entkommen, seien die Zukunft.

Tourismus in den Süden bringen

„Es gibt viele tolle Initiativen in Esch, die jedoch über die ganze Stadt verstreut sind. Touristen fällt es schwer, alles miteinander zu verbinden“, sagt Knaff. Eine Arbeitsgruppe soll sich unter anderem darum kümmern, ein Ganzes daraus zu machen. Dem Tourismusschöffen schwebt bis spätestens 2022 eine Tour vor, die Touristen etwa zum „Benu-Village“, dem Konservatorium, dem Resistenzmuseum und dem „Bâtiment IV“, wo aktuell ein Kunstprojekt entsteht, führt. Es gebe eine Vielzahl an Möglichkeiten, die kurzfristig konkret umgesetzt werden könnten. Dazu gehören interaktive Projekte im Bereich der Kreativwirtschaft, in der alleine auf Escher Gebiet 120 Unternehmen mit 770 Arbeitnehmern tätig sind.

Line Wies („déi Lénk“) erachtete die Strategie als unterstützenswert, gab jedoch zu, den Überblick verloren zu haben, bei den ganzen Marketingstudien, die die Stadt inzwischen in Auftrag gegeben habe. „Ich würde mich freuen, zu hören, welche Maßnahmen konkret umgesetzt wurden. Ansonsten bleibt das Gefühl, dass nur viel geredet aber wenig unternommen wird“, sagte sie. Die Tourismusstrategie klinge nach einem langwierigen Prozess.

Der unabhängige Rat Dan Codello wies zudem auf die schlechte Zugverbindung zwischen Esch und Thionville hin, von wo das TGV-Netz und damit große Städte wie Paris, Lyon oder Marseille erreicht werden können. Ein Ausbau der Zugverbindungen könnte auch der Tourismusstrategie zugutekommen.

Vorzeigemodell Benu

Den Vorwurf der „Lénk“-Rätin Wies, auf Studien keine Taten folgen zu lassen, ließ Pim Knaff nicht gelten. Als Beispiele führte er die Begrünung des Stadtkerns und das Projekt „Claire“ zur Rettung der Geschäftswelt an. Studien würden nun einmal nicht ausbleiben, wenn man seinen Job ernsthaft machen wolle.

Martin Kox („déi gréng“) stellte die zweite und dritte Phase des Baus am nachhaltigen Dorf „Benu-Village“ zwischen den Vierteln Grenz und Brill vor. Dort entsteht derzeit das erste „Zero Waste Info Restaurant“ sowie eine Upcycling-Möbelwerkstatt. Benu bittet die Gemeinde für die Finanzierung der dritten Phase um Unterstützung und schlägt ein Budget von 4.440.000 Euro vor.

Die Gemeinderäte waren sich unisono darüber einig, dass Esch das einzigartige Projekt weiter unterstützen will. Vera Spautz (LSAP) und Line Wies äußerten ihr Unverständnis darüber, dass das von Benu eingereichte Projekt von Esch2022 abgelehnt wurde. „Ich bin froh, dass die Gemeinde hinter dem Projekt steht“, betonte Wies.

Schlossfund

In der Nähe von Esch wurden die Überreste einer mittelalterlichen Höhenburg namens „Schlassbesch“ gefunden. Die archäologische Fundstätte soll denkmalgeschützt werden. Danach seien archäologische Ausgrabungen einfacher zu organisieren, hieß es aus dem Schöffenrat. Marc Baum („déi Lénk“) bezeichnete die Fundstätte als Goldschatz, der zeige, dass Esch auch eine Geschichte habe, die weiter als die des Industriezeitalters zurückgeht. Baum habe eine parlamentarische Anfrage an die Kulturministerin gestellt, in der er wissen wollte, weshalb diese Fundstätte als schützenswert gelte, die „Keeseminnen“ jedoch nicht. „Die Antwort lautete, dass den Abteilungen des Ministeriums die ‚Keeseminnen’ sehr wohl schützenswert erschienen, die Gemeinde und der Bauträger sind jedoch wohl der Meinung gewesen, dass sie das nicht sind.“ Baum hofft, dass das Verschwinden der „Keeseminnen“ der Gemeinde eine Lehre ist und etwas ähnliches in Zukunft nicht mehr passieren wird.

Neben dem „Schlassbesch“ wurde auch darüber abgestimmt, einige Gebäude auf dem „Crassier Terres Rouges“ denkmalzuschützen. Die Abstimmungen fielen weitestgehend einstimmig aus.

Ein Punkt, der von der LSAP auf die Tagesordnung gesetzt wurde, löste am Freitag noch Diskussionen aus. Vera Spautz wollte wissen, was mit den Gebäuden des CHEM in Düdelingen, Niederkorn und insbesondere Esch passiert, wenn das „Südspidol“ irgendwann einmal gebaut sein sollte. In einem Artikel im Lëtzebuerger Land sei kürzlich zu lesen gewesen, dass die Gemeinde den Altbau des Gebäudes in Esch kaufen wolle. „Wir sind der Meinung, dass darüber im Gemeinderat diskutiert werden muss“, so Spautz.

Zukunft des CHEM

Bürgermeister Georges Mischo informierte die Gemeinderäte über die aktuellsten Informationen diesbezüglich. Demnach sollen in Düdelingen voraussichtlich die Patienten der „Association Luxembourg Alzheimer“ bleiben, weil ihnen ein Umzug nicht guttäte. Von der Gemeinde Differdingen werde derweil auf Feedback gewartet. In Esch habe der Schöffenrat lediglich die Idee geäußert, den Altbau kaufen zu wollen. „Wir haben noch nichts gekauft und auch noch keine Entscheidung getroffen“, betonte Mischo. An den neuen Gebäuden, deren Mauern voller Technik sind und deren Sanierung extrem aufwändig wäre, habe die Gemeinde kein großes Interesse. Außerdem wird der gesamte Standort mit seinen fünf Parzellen auf 150 Millionen Euro geschätzt, eine Summe, die die Stadt nicht stemmen kann. Deshalb sei der Altbau der interessanteste Teil, der die Geschichte der Stadt ausmache und nicht verloren gehen dürfe.

Zudem habe Georges Mischo bei der Uni nachgefragt, ob ein Interesse bestehe, sich mit den Möglichkeiten der zukünftigen Nutzung des Krankenhauses zu beschäftigen. 16 Studenten haben sich bereits mit Machbarkeitsstudien und Gebäudesanierung beschäftigt. Später plant die Universität auch eine Studie zur historischen Einordnung des CHEM-Gebäudes und die Teilnahme der Bürger an Workshops.

Marc Baum wies darauf hin, dass der Gemeinderat sich erst die Frage stellen müsse, was die Stadt eigentlich brauche. Erst daraufhin könnten die Studenten ihre Arbeit machen. Georges Mischo meinte, dass die Zukunft des CHEM-Gebäudes natürlich im Gemeinderat diskutiert werde und auch Bürgerversammlungen zu erwarten seien.