Hauptstadt„déi Lénk“ fordert mehr Bürgerbeteiligung, sozialen Wohnungsbau und sanfte Mobilität

Hauptstadt / „déi Lénk“ fordert mehr Bürgerbeteiligung, sozialen Wohnungsbau und sanfte Mobilität
Das geplante „Schickimicki-Viertel“ an der „Stäreplaz“ missfällt „déi Lénk“ Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Angesichts der Tatsache, dass rund 70 Prozent der Bewohner der Stadt Luxemburg nicht wahlberechtigt sind, fordert „déi Lénk“ neue Formen von Bürgerbeteiligung, die über die Gemeindewahlen hinausgehen. Weitere Kritikpunkte der Partei am hauptstädtischen Schöffenrat: Konzeptlosigkeit in Sachen sanfte Mobilität und Ausverkauf öffentlichen Besitzes an private Interessen.

Viele Bauprojekte der Stadt Luxemburg, aber auch nationale würden vielleicht am Ende anders aussehen, als die Entscheidungsträger dies entschieden haben, wenn die Meinung der Bürger respektiert würde, sagte Ana Correia Da Veiga am Freitag vor der Presse. Als neues Gemeinderatsmitglied von „déi Lénk“ will sie sich u.a. für mehr Bürgerbeteiligung in der Gemeinde einsetzen. Sie wird das Amt am kommenden Montag von David Wagner übernehmen, der ihr den Platz wegen des bei der Partei üblichen Rotationsprinzips überlässt. Die Bürger an den Entscheidungsprozessen ihrer Gemeinde teilnehmen zu lassen, würde auch mehr Lebensqualität für alle Bewohner bedeuten, und das Vertrauen der Leute in die Politik würde somit gestärkt. Correia gab als Beispiel den rezenten Fall rund um die Joghurtfabrik Fage. Wären die Bürger befragt worden, wäre das Dossier vielleicht schon eher abgeschlossen gewesen, anstatt erst nach vier Jahren.

Informelle Beteiligung gebe es zwar schon, aber oft verlaufe diese im Sand, wie ihr Parteikollege Guy Foetz erläuterte. Es gebe z.B. in fast jedem Viertel ein Interessenverein; richtigen Einfluss hätten diese Vereinigungen aber selten. Die Beratungen der jeweiligen Interessenvertretungen mit der Gemeinde müssten einerseits dokumentiert werden und andererseits veröffentlicht werden, sagte Ana Correia Da Veiga. Beispiele, wie eine solche Beteiligung funktionieren könnte, gebe es in deutschen Städten.

Es gebe aber auch sehr ernste demokratische Gründe, warum eine direktere Bürgerbeteiligung an den Entscheidungen der Gemeinde wichtig sei: Momentan verfüge der größte Teil der Stadtbewohner (laut „déi Lénk“ rund 70 Prozent) nicht über das Wahlrecht. Damit liege die Unterstützung für die DP/CSV-Koalition nur etwa bei 13,6 Prozent, sagte Guy Foetz. Aus diesem Grund müsse die Beteiligung der Bürger an den Entscheidungsprozessen der Stadt über die Wahlen hinausgehen.

Schickimicki-Politik

Interessengruppen brauchen allerdings auch Orte, an denen sie sich treffen können, und damit sei man wieder beim leidigen Thema der Wohnungsnot. Das rezente Beispiel des Projekts um die „Stäreplaz“ zeige wieder einmal, wie an den Bedürfnissen der Stadtbevölkerung vorbeigeplant werde. Urbanistisch habe „déi Lénk“ nichts am Projekt auszusetzen, auch sei es als positiv zu bewerten, dass nach 40 Jahren endlich Bewegung in die Sache kommt. Das seien aber auch schon die einzigen positiven Punkte. 

45 Prozent der Fläche sei Büros vorbehalten; da es aber an Wohnungen fehle, müssten auch diese Leute zur Arbeit pendeln, was definitiv unerträglich sein werde. Auch wenn ein gewisser Prozentsatz Wohnraum zu „erschwinglichen Preisen“ vorbehalten sei, bedeute das nichts. „Erschwinglich“ bedeute offiziell ein Kaufpreis zu 80 Prozent des Marktpreises. Bei den heutigen Preisen seien allerdings auch 80 Prozent für die meisten nicht bezahlbar. Es sei offensichtlich, dass die Gemeinde Luxemburg den Wohnungsmarkt privaten Bauherren überlassen wolle, anstatt selber aktiv zu werden. Alles in allem entstehe auch an der „Stäreplaz“ ein „Schickimicki-Viertel“.

Das alte Postgebäude in der Oberstadt sei ein anderes Beispiel für diese Politik. Es sei dies ein wahres Trauerspiel, meinte David Wagner. Ein Gebäude, das mit öffentlichen Geldern gebaut wurde, wird nun privaten Investoren überlassen, um maximalen Profit zu machen. Aber „déi Bir ass nach net geschielt“, meinte Wagner. Er hoffe dabei auf das soziale Gewissen des für die Post zuständigen Wirtschaftsministers Franz Fayot (LSAP).

Drittes wichtiges Thema für „déi Lénk“ ist die Mobilität. Die DP meine noch immer, die Hauptstadt sei eine Festungsstadt, sagte Michel Erpelding. „Dabei ist sie es schon seit 1867 nicht mehr, das Jahr, als sie geschleift wurde.“ Die Corona-Krise sei auch eine Chance gewesen, die Stadt fahrradgerechter zu machen, die Chance sei aber verpasst worden. Luxemburg hinke anderen Städten in diesem Bereich um Jahrzehnte hinterher. Schuld daran sei die DP: Bürgermeisterin Lydie Polfer sei noch immer in Gedanken in den 1980er Jahren verankert. Radfahrer und Fußgänger müssten sich viele Fahrradwege teilen, auf der Hauptachse Boulevard Royal oder in einem neuen Wohngebiet in Merl gebe es sogar überhaupt keine Fahrradwege.

Es gebe kein Konzept für die „mobilité douce“ in der Stadt, kritisiert „déi Lénk“. Ganz offensichtlich wolle die Gemeinde in diesem Dossier nichts unternehmen.

Die neue Stadträtin

Ana Correia Da Veiga (37) ist aus Bonneweg, arbeitet beim „Service national de la jeunesse“ und ist Mitglied der hauptstädtischen Finanzkommission. Als Priorität nennt sie im Infoblatt der Partei den sozialen Wohnungsbau.

 Ana Correia Da Veiga
 Ana Correia Da Veiga Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante