EditorialNachhaltigkeit anpreisen, ohne sie umzusetzen: „Esch 2022“ lehnt vielversprechende und lokale Projekte ab

Editorial / Nachhaltigkeit anpreisen, ohne sie umzusetzen: „Esch 2022“ lehnt vielversprechende und lokale Projekte ab
Aus Alt mach Neu: Für „Esch 2022“ wollte Benu sein nachhaltiges Dorf, das bis Ende 2021 fertiggestellt werden soll, anhand von Dingen, die eigentlich im Müll landen sollten, in ein Gesamtkunstwerk verwandeln. Das Projekt wurde abgelehnt.  Foto: Editpress/Anne Lommel

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Noch 483 Tage bis „Esch 2022“ – um es mit den Worten eines bekannten Eschers zu sagen. Alle zwei Monate laden die Verantwortlichen bis dahin zu einem Pressefrühstück ein, um die Öffentlichkeit an der Entwicklung der Projekte teilhaben zu lassen. Dabei werden sie nicht müde, zu betonen, dass das Kulturjahr auch noch nach 2022 eine Wirkung auf die Südregion haben soll. Immer wieder wird das große Ziel der Nachhaltigkeit hervorgehoben.

Wie der Zufall es will, entsteht in Esch, mitten im Zentrum der zukünftigen Kulturhauptstadt, derzeit das an Nachhaltigkeit kaum zu übertreffende „Benu Village“. Nichts, was in dem kreislaufwirtschaftlichen Dorf verarbeitet wird, ist neu. Und es gibt auch kein vergleichbares Projekt in der Großregion. Die Gebäude wurden ausschließlich aus Dingen hergestellt, die eigentlich im Müll gelandet wären. Das dazugehörige inklusive Restaurant, das schon bald seine Türen öffnen soll, funktioniert nach dem gleichen Prinzip. 80 Prozent der verwerteten Lebensmittel sind sogenanntes „Rescued Food“ – Obst und Gemüse, das nicht den visuellen Ansprüchen von Supermarktkunden entspricht und deshalb nach der Ernte aussortiert wird.

Und wie passend, dass sich Benu-Gründer Georges Kieffer und sein Team ein nachhaltiges Projekt für „Esch 2022“ haben einfallen lassen. Ziel von „Benu Metamorphose“ war es, das Containerdorf zusammen mit professionellen Künstlern und Workshop-Teilnehmern in ein Gesamtkunstwerk zu verwandeln. Natürlich nur anhand von Gegenständen, die ansonsten weggeworfen würden.

„Benu Metamorphose“ ist eines von 573 Projekten, die bei „Esch 2022“ eingereicht wurden. Und es ist eines von 342 (Stand: Mai 2020) Projekten, die definitiv abgelehnt wurden. Mit einem standardisierten Brief, wie Georges Kieffer enttäuscht bekannt gibt. „Darin gab ‚Esch 2022‘ an, dass unser Projekt nicht all ihren Kriterien entsprechen würde. Mehr nicht“, sagt er. Ähnlich ging es dem Künstlerkollektiv Cueva, das seit dem Erfolg seines Konzeptes, alte Häuser vor ihrem Abriss in ein Gesamtkunstwerk zu verwandeln, nicht mehr aus der Escher Kunstszene wegzudenken ist. Auch sein Projekt wurde abgelehnt. In dem Fall hat die Escher Gemeinde die Wichtigkeit des Künstlerkollektivs für 2022 erkannt und stellt diesem neben anderen Vereinigungen Räume auf der Industriebrache Esch-Schifflingen zur Verfügung. Auch „Benu Metamorphose“ will Georges Kieffer unabhängig von der Kulturhauptstadt umsetzen.

Hinter 342 abgelehnten Projekten stehen mindestens genauso viele – mit Sicherheit noch viel mehr – verständnislose Menschen, die viel Zeit in die Entwicklung ihrer Projekte gesteckt haben. Natürlich kann „Esch 2022“ nicht jedes dieser Projekte annehmen. Eine Auswahl ist unumgänglich und Enttäuschungen sind vorprogrammiert.

Dass die Verantwortlichen jedoch stolz „Augmented Reality“- und „Urban Timetravel“-Projekte vorstellen und eine Berliner Agentur beauftragen, um kostspielige „Open Market Days“ zu organisieren, im gleichen Atemzug jedoch vielversprechenden Escher Projekten eine Absage erteilen, ist nicht kohärent. Genauso wie es nicht kohärent ist, Nachhaltigkeit über alles zu stellen, und dann das zweifellos nachhaltigste Unternehmen des Südens nicht mit einzubeziehen.

winston
18. September 2020 - 15.51

Arroganz pur.Hai sin dann erem e puer Leit,esougenannten Pseudokünstler,dei sech profileieren können an den scheine Männchen maachen.An dann iwerall derbei an schein grinsen.Donierft get Geld zu der Fenster erausgeheit,dat vill mei wichteg op aaneren Platzen wir.Ech gin dem Laird Glenmore vollkommen recht.Dir hut do den Nol op den Kapp getraff.

Alex Fixmer
10. September 2020 - 18.46

Bravo Här Kieffer En gudden Départ fir « Esch 2022 OFF«  Invitéiert déi Aaner 342 déi ofgeleent gi sinn.

Laird Glenmore
8. September 2020 - 19.47

Es ist so wie bei alle den anderen Sachen wer am besten schmieren kann bekommt einen Platz und die Gemeinde Esch samt Schöffenrat eine kleine Anerkennung wie auch immer. Keiner von denen die dort was zu sagen haben haben Ahnung von Kultur, was sie eventuell wissen haben sie sich angelesen oder anderweitig Information herbekommen, Die haben ja nicht mal Ahnung von anständiger Führung der Gemeinde Esch. Es ist traurig mit anzusehen wie das Geld für Unnützes aus dem Fenster geworfen wird, aber für die Instandhaltung der Innenstadt, also Esch / City ist nichts vorgesehen außer ein paar verrosteten Blumenkästen um noch mehr Parkplätze verschwinden zu lassen. Kulturhauptstadt wird der größte und teuerste Reinfall den Esch jemals erleben wird.

Realist
7. September 2020 - 13.19

Das "Benu-Village" sei "an Nachhaltigkeit nicht zu übertreffen"? Womöglich eine Erklärung, wieso das viel gepriesene kreislaufwirtschaftliche Dorf mit Näh-Atelier in meinen Augen so aussieht wie ein Sweat-Shop in einer Dritt-Welt-Favela.

Anna Welter
6. September 2020 - 20.10

Dass man die Escherinnen und Escher beteiligen oder regionale Projekte unterstützen würde, war reine Augenwischerei unserer Kulturbeamten. Die Projektgelder werden an Künstler vergeben, die man im Ausland einkauft und in unsere kulturelle Provinz lockt. Nachhaltig ist das nicht und das industrielle Erbe Eschs wird höchstens Kulisse sein.

jemp
6. September 2020 - 10.37

Das Ganze eine beknackte Idee. Wird noch lustig, wie die sich alle blamieren. ??

Jimbo
5. September 2020 - 19.39

Hoffentlech dreift dat dPräiser nach an dLuucht. Well genau an deem Joer verkafen ech meng Bud, an ab do geet et dann definitif mat Esch biergof!

Izzy
5. September 2020 - 11.46

Das wird ein Reinfall erster Güte.