MotorsportSaisonrückblick der Formel E: Antonio Felix da Costa elektrisierte sie alle

Motorsport / Saisonrückblick der Formel E: Antonio Felix da Costa elektrisierte sie alle
Antonio Felix da Costa aus Portugal und DS Techeetah sind die neuen Formel-E-Champions  Foto: DS Techeetah

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Wie alle anderen Rennserien wurde auch die Formel E von der Pandemie gebeutelt. Vor dem Monat März waren erst fünf der eigentlich geplanten 14 Rennen absolviert. Der stillgelegte Flugplatz von Berlin-Tempelhof brachte die Rettung für die Organisatoren: Es wurde beschlossen, im August gleich sechs Rennen binnen neun Tagen auf dem Gelände abzuhalten. Ein Pilot hat die Saison klar dominiert: der Portugiese Antonio Felix da Costa mit seinem chinesisch-französischen Team DS Techeetah. 

Wie bereits in den vergangenen Jahren waren die Erfolge eigentlich breit gestreut. So gab es bei den elf Rennen acht unterschiedliche Sieger. Dennoch dominierten Antonio Felix da Costa und DS Techeetah. Der 29-jährige Portugiese und neue Formel-E-Champion begann seine Rennsportkarriere 2008 in der Formel Renault, bevor er 2010 in die Formel 3 wechselte. 2012 wurde er in das Red-Bull-Förderprogramm aufgenommen. Obwohl er für das Team aus Milton-Keynes einige Formel-1-Testfahrten absolvierte, kam es nie zu einem Renneinsatz.

Zusammen mit Red Bull ging es dann 2014 zu BMW in die DTM. Hier blieb er bis 2016, fuhr aber bis 2019 weiter für BMW-Werkseinsätze in der WEC und IMSA. Sein Debüt in der Formel E gab Da Costa 2014 bei Amlin-Aguri, danach wechselte er zu Andretti Motorsport, die eine Koordination mit BMW eingegangen waren. Als er Ende 2019 auf seinen BMW-Werksvertrag verzichtete, um in der Formel E zu DS Techeetah zu wechseln, blieb dies bei den Motorsportspezialisten zunächst unverständlich. Man glaubte, es würde für ihn schwierig werden, sich dort gegen den zweifachen französischen Formel-E-Champion Jean-Eric Vergne durchzusetzen. Die letzten Wochen sollten aber beweisen, dass er mit seiner Entscheidung richtig lag.

Keine deutsche Dominanz bei den Teams

Wirft man einen Blick auf die Resultate der neun teilnehmenden Marken, stellt man fest, dass es nicht die üblicherweise dominierenden vier deutschen Premiummarken sind, die den Ton angaben. Die Mannschaft, die mit vier Siegen obenauf stand, war DS Techeetah. Bereits in den letzten beiden Saisons stellte sie mit Jean-Eric Vergne den Formel-E-Champion, 2019 kam der Titel in der Teamwertung hinzu. Diese tolle Leistung bestätigte das chinesisch-französische Team in der jetzigen Saison mit dem Titel für Da Costa, dem dritten Gesamtrang für Vergne und dem erneuten Sieg in der Mannschaftswertung.

Mit 244 Punkten schlug DS Techeetah den Zweiten, Nissan e.dams, deutlich mit 167 Punkten. Dahinter klassierte sich Mercedes-Benz EQ mit 147 Punkten. Das beste Nicht-Werksteam landete mit Envision Virgin Racing auf Platz vier (121 Punkte). Aus Sicht der deutschen Hersteller war Audi Sport die größte Enttäuschung der Saison. Das Team ist seit der Gründung der Formel E am Start und konnte diesmal lediglich Platz sechs in der Fahrer- und in der Teamwertung erreichen. BMW-iAndretti erlebte viele Höhen und Tiefen: So gab es zwar zwei Siege für das oft verkannte große Talent Maximilan Günther und einen Sieg für Alex Sims, doch die Ergebnisse waren insgesamt zu unbeständig, um am Ende ganz vorne ein Wort mitreden zu können.

Spricht man im Motorsport von Porsche, erwartet man Siege und Titel. Die Zuffenhausener mussten aber feststellen, dass es in der elektrischen Serie eine Lernphase gibt. André Lotterer begann die Saison zwar gleich mit einem zweiten Platz in Saudi-Arabien, doch genau wie bei BMW waren die Leistungen des Teams zu unregelmäßig. Somit reichte es am Ende nur für Platz sieben für Lotterer und Platz acht für Porsche.

Positive und negative Überraschungen 

Nicht weniger als 28 Fahrer nahmen an der sechsten Saison der Formel E teil. Zwischen November 2019 und August 2020 gab es etliche interne Wechsel. Der wohl bekannteste betraf Daniel Abt, der von Audi entlassen wurde: Er hatte sich bei einem Simulatorrennen heimlich durch einen Computer-Profi vertreten lassen. Dies war wohl eine ideale Gelegenheit, um sich von Abt zu trennen und noch in dieser Saison das DTM-Zugpferd René Rast in der Formel E zu testen. Das Resultat war positiv: In den sechs Berlin-Rennen schlug sich Rast beachtlich. Mit einem dritten Platz schaffte er es sogar einmal auf das Podium. Damit dürfte er sich sein Audi-Formel-E-Cockpit für 2020/21 gesichert haben.

Bei Nissan e.dams trat Oliver Rowland aus dem Schatten von Sebastien Buemi und feierte in Berlin bei Rennen fünf seinen längst fälligen Jungfernsieg. Der junge Niederländer und amtierende Formel-2-Champion Nick de Vries bewies bei so manchen Qualifyings und Rennen, dass er seinen Platz bei Mercedes-Benz EQ mehr als verdient hat. Nur viel Pech und etliche technische Pannen verhinderten eine bessere Endplatzierung. Diese gelang seinem Teamkollegen Stoffel Vandoorne mit seinem Sieg beim allerletzten Rennen, der ihm Platz zwei in der Gesamtwertung bescherte. Nach seiner enttäuschenden Formel-1-Erfahrung ist dies ein moralischer Boost für den eher schüchternen, aber zweifellos schnellen Belgier.

Nachdem Jaguar am Ende der vergangenen Saison den Vertrag von Alex Lynn nicht verlängert und ihn durch James Calado ersetzt hatte, kam Lynn bei den Berlin-Rennen im indischen Mahindra-Team zum Einsatz. Durch seine erstaunlichen Leistungen in Tempelhof hat er sich wieder für einen Stammplatz in der Formel E beworben. Der Niederländer Robin Frijns hat ebenfalls gezeigt, dass er sehr wohl seinen Platz in der Elektroserie hat. Mehr als einmal war er seinem Teamleader Sam Bird ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen.

Zu den Enttäuschungen der Saison muss man James Calado zählen. Er konnte zu keinem Zeitpunkt seinem Jaguar-Teamkollegen Mitch Evans das Wasser reichen. Auch Brendon Hartley und Nico Müller von Dragon Racing sowie Oliver Turvey und Quinghua Ma von NIO Racing brachten keine achtbaren Resultate zustande. Dies ist jedoch weniger den Fahrern als vielmehr ihrem schwachen Material zuzuschreiben.

Mit der Teilnahme von neun Werken blickt die Formel E weiterhin optimistisch in die Zukunft 
Mit der Teilnahme von neun Werken blickt die Formel E weiterhin optimistisch in die Zukunft  Foto: ABB-Formula-E

Die Formel-E-Zukunft

Venturi, das Team um Susie Wolff, löste vorzeitig seinen Dreijahresvertrag mit Felipe Massa auf. „Wir haben in den letzten beiden Saisons zusammen viel gelernt, doch aus welchen Gründen auch immer nicht das erreicht, was wir uns vorgenommen hatten“, meinte der brasilianische Formel-1-Vize-Weltmeister von 2008. Neben dem dritten Platz beim E-Prix von Monaco 2019 gab es keine Highlights. Zu keinem Zeitpunkt konnte sich der erfahrene Massa gegenüber seinem jüngeren Teamkollegen Edo Mortara absetzen.

Gleich am Tag nach Saisonschluss teilte Porsche mit, dass ein mehrjähriger Vertrag mit dem früheren DTM-Champion Pascal Wehrlein abgeschlossen wurde. Er wird in der nächsten Saison den Platz von Neel Jani einnehmen. Ob Porsche mit Wehrlein den richtigen Mann an Land gezogen hat, bleibt abzuwarten. Allgemein gilt er als äußerst schnell, doch seine bisherige Rennsportkarriere hat gezeigt, dass er eher undurchschaubar ist.

Alexander Sims vwird on BMW i Andretti zu Mahindra wechseln. Bereits seit einigen Wochen bekannt ist ein rein britischer Wechsel: Nach sechs Saisons bei Envision-Virgin wechselt der Brite Sam Bird zu Jaguar Racing. Zusammen mit dem Neuseeländer Mitch Evans bildet er eine der stärksten Fahrerpaarungen für die kommende Saison. Es bleibt zu hoffen, dass Jaguar bis Januar 2021 wieder zur Form dieses Jahresanfangs zurückfinden wird

Luxemburger Beteiligung

Luxemburg ist seit dieser Saison auch in der Formel E vertreten. Brice Bosi ist als Teammanager beim Mercedes-Benz EQ Team im Einsatz. Wir werden demnächst mit ihm auf seine neuesten Erfahrungen in der Formel E eingehen.