Interview„Ganz gut gebucht“: Tourismus-Minister Delles ist vorsichtig optimistisch

Interview / „Ganz gut gebucht“: Tourismus-Minister Delles ist vorsichtig optimistisch
Lex Delles an seinem Schreibtisch im Ministerium  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Die Corona-Pandemie hat die Tourismus-Branche schwer getroffen. Der Business- und Eventtourismus ist quasi zum Erliegen gekommen, überall fehlen ausländische Gäste. Aber: Die Luxemburger entdecken in diesem Sommer ihr Land neu. Im Interview mit dem Tageblatt geht Lex Delles (DP), Minister für Mittelstand und Tourismus, auf die aktuelle Lage ein.

Tageblatt: Herr Delles, wo machen Sie in diesem Sommer Urlaub?

Lex Delles: Im Zentrum. Letztes Jahr war ich im Norden und jetzt geht es in die Stadt. Ich möchte die Stadt als Tourist entdecken.

Der Horeca-Bereich hat stark unter dem Lockdown gelitten. Jetzt redet jeder von „Vakanz doheem“. Wie geht es dem Sektor momentan, welches Feedback bekommen Sie?

Wir müssen im Horeca-Bereich zwischen Restauration und Hotellerie unterscheiden. Was wir hören, ist, dass die Hotellerie und auch die Campings im ländlichen Raum momentan ganz gut funktionieren. Ich rede vom Norden und vom Osten des Landes. Doch im Lockdown wurde natürlich nichts verdient, dann ging es etwas bergauf und jetzt gibt es die Stornierungen aus dem Ausland. Trotzdem sind die Hotels im Norden und Osten ganz gut gebucht. Das liegt an „Vakanz doheem“ bzw. an „Lëtzebuerg, dat ass Vakanz!“ und den 50-Euro-Gutscheinen.

Der Luxemburger Tourist kann also, zumindest in diesem Jahr, den ausländischen Urlauber ersetzen und den Verlust der Hotels auffangen?

Luxemburg kann als touristisches Ziel sicher nicht autark funktionieren. Aber was ist das Ziel des Gutscheins? Das Ziel ist nicht ausschließlich, damit den Sektor zu unterstützen. Es steckt auch ein nachhaltiger Gedanke dahinter. Der Luxemburger soll das eigene Land entdecken und sich dann vielleicht sagen: „Das war so schön letztes Jahr, wir machen das dieses Jahr wieder.“

Wie viele der 730.000 Gutscheine wurden denn bisher eingelöst?

Ich rede eigentlich nicht so gerne über die Zahlen, weil wir sind erst zwei Wochen mit den Gutscheinen im Gange. Wenn ich sage, das waren bis jetzt so und so viel, dann sagen die einen: „nur so wenig“ und die anderen „schon so viel“. Was wir aber merken, ist, dass sie gut funktionieren, besonders im ländlichen Raum. Weniger in der Stadt.

12.000 Gutscheine wurden bisher eingelöst

Lex Delles, Minister für Mittelstand und Tourismus

Wie viele waren es denn im ländlichen Raum?

(lacht) Na gut, wir sind bei rund 12.000 Gutscheinen (das Interview wurde am Mittwoch geführt, Anm. d. Red.). Interessant ist auch die Entwicklung, am Anfang waren es einige wenige pro Tag und jetzt werden es immer mehr.

Vor allem also im Norden und im Osten. Das bestätigt die Aussage des Escher Hoteliers Serge Rihm, der unlängst im Tageblatt-Interview sagte, dass die Gutscheine dem Zentrum und vor allem dem Süden nicht viel bringen. Denn Rockhal und Theater sind geschlossen, populäre Veranstaltungen abgesagt. Kann man denen vielleicht in einer anderen Form helfen?

Dafür haben wir den „Fonds de relance et de solidarité“, der ein halbes Jahr lang dem Horeca-Sektor unter die Arme greift. Das sind im Monat bis zu 1.250 Euro pro Angestellten, dazu kommen 250 Euro für Personal in der Teilzeitarbeitslosigkeit. Was ich aber auch sehe, ist, dass verschiedene Hotels aktiv Werbung machen mit den Gutscheinen und Packages anbieten. Das Acacia von Serge Rihm ja auch. Und der ORT Süden übernimmt ebenfalls seine Verantwortung. Es ist demnach ein Zusammenspiel von allen. Der Süden hat schließlich touristisch sehr viel zu bieten. Denken Sie nur an die Natur, an den „Giele Botter“, „Fond-de-Gras“ oder den „Ellergronn“ und „Gaalgebierg“ in Esch. Dazu die Industriekultur. Dessen ist sich der Luxemburger nicht immer bewusst.  

Ein Sektor, der komplett am Boden liegt, ist der des Eventtourismus. Welchen Stellenwert hat die Branche für den Tourismus im Allgemeinen? 

Das ist die Ursache, weshalb in der Hauptstadt weniger Hotelkapazität ausgelastet ist. Der Eventtourismus ist ja nicht nur Konzerte und Sportveranstaltungen. Sondern auch Business-Events, also Messen, Konferenzen usw. Genau diese Gäste fehlen den Hotels in der Stadt und im Speckgürtel der Stadt. Der Eventtourismus ist also ein wichtiger Pfeiler, auch weil der Business-Tourist durchschnittlich mehr Geld in Luxemburg lässt als ein „normaler“ Tourist. Wir arbeiten momentan am Label „Save to meet“, um den Sektor wieder anzukurbeln, ähnlich dem „Save to serve“ in der Restauration. 

Zurück zum Urlaubs-Tourismus. Wie wird in Coronazeiten den kleinen touristischen Attraktionen, wie z.B. ländlichen Museen, Burgen oder Parks, geholfen?

Der Luxemburger Tourismus lebt vom Ehrenamt. Die touristischen Attraktionen sind fast alle Asbl., also Vereine ohne Gewinnzwecke. Zum Beispiel sämtliche Jugendherbergen. Aber natürlich haben sie auch Angestellte. Für sie haben wir einen Tourismusfonds von 3 Millionen Euro geschaffen, da sie als Asbl. nicht vom „Fonds de relance et de solidarité“ profitieren können. Im Großen und Ganzen geht es ihnen gut, aber auch sie mussten auf die normalerweise guten Tourismus-Monate Mai und Juni komplett verzichten. Der Tourismusfonds hat aber auch einen anderen Aspekt, und zwar den der Kommunikation. Die Asbl. erhalten Hilfen (50 Prozent der Kosten, gedeckelt auf 10.000 Euro), damit sie Werbung schalten können. Und dann gibt es noch den Aspekt der Digitalisierung. Das Ministerium stellt die technische Plattform für die ORT (die regionalen Tourismusbüros, Anm. d. Red.), wie zum Beispiel mit dem Reservierungssystem am Stausee. Und wenn kleinere touristische Attraktionen auf ein ähnliches Buchungssystem zurückgreifen wollen, dann können sie das via den ORT machen.

Tourismus in Zahlen

• 2019 besuchten rund 2,9 Millionen Touristen (davon 19,8 Prozent Belgier, 18 Prozent Niederländer, 14,3 Prozent Deutsche, 12,9 Prozent Franzosen und 6,4 Prozent Engländer) Luxemburg
• Rund 350 Übernachtungsmöglichkeiten (Hotels, Jugendherbergen, Gîtes, Camping) gibt es im Land
• 54 Prozent aller Übernachtungen letztes Jahr sind dem Business-Tourismus zuzuschreiben 

Corona-unabhängig, wie sehen Sie die Zukunft des Luxemburger Tourismus?

Ganz gut. Ich denke, Luxemburg hat viel zu bieten. Diese Dinge müssen untereinander koordiniert werden. Luxemburg soll kein Land mehr für den Stundentourismus sein. Also machen wir keine Werbung mehr, um einen Bus hierherzukriegen, der drei Stunden bei der „Gëlle Fra“ steht und dann in die nächste Stadt fährt. Ich will damit sagen, wir wollen qualitativ hochwertigen Tourismus anbieten. Die Leute sollen sich Zeit nehmen, Luxemburg zu entdecken. Es gibt kein anderes Land, das auf einer so kleinen Fläche solch eine große Vielfalt an Regionen anbieten kann. Das wollen wird ins Schaufenster stellen. Wir müssen gezielter werben und auch vorgehen. Zum Beispiel, wenn wir vom Radtourismus reden, muss es ein Ziel sein, die Vennbahn (Radweg von Aachen nach Ulflingen, Anm. d. Red.) bis nach Clerf zu verlängern.

Sanfter Tourismus im Norden: „Mam Robi duerch de Bësch“ im Parc Hosingen 
Sanfter Tourismus im Norden: „Mam Robi duerch de Bësch“ im Parc Hosingen  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

„déi gréng“ machen sich Sorgen um die Nachhaltigkeit des Tourismus hierzulande. In einer parlamentarischen Anfrage Anfang der Woche wollte die Abgeordnete Stéphanie Empain wissen, ob auch im nächsten Fünf-Jahres-Plan für Tourismus ökologische Aspekte im Vordergrund stehen. 

Wenn Luxemburg im Tourismus nicht nachhaltig ist, dann frage ich mich, welches Land es ist. Wenn verschiedene Parteien sich Sorgen machen, dann verstehe ich das, weil das liegt ja auch in ihrer DNA. Aber schauen Sie, was Luxemburg zu bieten hat: Wir sind im sogenannten „slow tourism“ ganz vorne. Der Wandertourismus ist im Einklang mit der Natur. Auch der Fahrradtourismus ist ja auch nicht gerade unnachhaltig. Und es gibt das EcoLabel. Also denke ich, dass der luxemburgische Tourismus nachhaltig ist.

Ist der Luxemburger Tourismus auch etwas für junge Leute?

Ja, ich glaube schon. In der Tourismus-Strategie sprechen wir aber nicht mehr von Jung und Alt, sondern von Menschen, die unterschiedliche Präferenzen haben. Zum Beispiel sind eine Zielgruppe unserer Strategie die Naturliebhaber. Die gibt es in jedem Alter.

Wird auch kein Unterschied zwischen „Arm“ und „Reich“ gemacht? Also demjenigen, der auf dem Camping übernachtet, und demjenigen, der im „Le Royal“ schläft?

Der Tourist von heute ist ein anderer Tourist als der von gestern. Auch die Campingplätze z.B. sind nicht mehr mit denen von früher zu vergleichen. Die haben sich ihrer Kundschaft angepasst, ganz unabhängig von deren Geldbeutel. Der eine will am liebsten zelten, der andere in ein „Mobilhome“ mit allen Annehmlichkeiten und noch ein anderer will „Glamping“ (Kurzform von „Glamourous Camping“, das den Übernachtenden eine ganz neue Erfahrung verspricht. Französisch: „logement insolite“, Anm. d. Red.).

Hilfen im Tourismusbereich

• „Fonds de relance et de solidarité“
• Tourismusfonds
• 50-Euro-Gutscheine
• (Werbe-)Kampagne „Lëtzebuerg, dat ass Vakanz“ mit u.a. dem „Vëlosummer 2020“
• Erstellen und Anbieten mehrtägiger touristischer Packages für Reiseagenturen
• Gratis-Gepäcktransport „Move, we carry“
• Direkthilfen und informatische Hilfen für regionale Tourismusbüros (ORT)

André
9. August 2020 - 9.24

Hun kén Problem mat dem Gutschein Fro as wat fängt en kleng Verdinger mat dem Gutschein vun 50 Euro un wéi kann déi Famill dervun profitéieren well um Enn get et awer eng deier Affäre.

Jekyll
9. August 2020 - 9.12

@Ernesto. Die Datensätze sind strikt getrennt, so dass am Ende lediglich das Hotel weiss, dass Sie in seinem Etablissement eine Nacht verbracht haben. Alle anderen Akteure können diese Daten nicht verbinden und demnach nicht nachvollziehen wer, was damit gemacht hat. Desweiteren wurden Datensätze die zur Produktion der Gutscheine herangezogen wurden wieder zerstört. Sie sehen also, Ihre "Angst" ist unbegründet!

Ernesto
8. August 2020 - 15.25

@Lucilinburhuc Das steht Ihnen frei, genauso, wie ich meine Meinung haben darf. Hoffe, Sie hatten einen angenehmen Aufenthalt.

Lucilinburhuc
8. August 2020 - 8.55

@Ernesto Die Welt ist nicht so einfach gestrickt wie sie zu glauben scheinen. Hinter dem Horizont gibt es noch Vieles zu entdecken. Nur ein kleines Beispiel : die Gutscheine habe ich bereits verbraucht und Summa Sumarum das 2 Fache von Ihrem Wert zusätzlich ausgegeben. Das nennt man Anreiz, und ist eine gute Initiative von Delles. Anstatt die Betriebe lediglich mit Subventionen aus der Steuerklasse über Wasser zu halten, ist diese Maßnahme konjunkturel zu sehen.

Ernesto
7. August 2020 - 14.29

Ech hunn eis 2 Iwwernuechtungsbongen zerrappt. Mir gi net a en Hotel. Wann do zoufäleg een ass, deen den Dag drop positiv getest gëtt, dann hänke mir nach mat a Quarantän... Mir hunn och net gefrot fir eppes ze kréien, a mir wëllen och näischt. Ausserdem si mir net domat averstaanen, dass déi Bongen op Käschte vum Steierzueler ginn. An dann hunn ech och nach e Problem mam Dateschutz: Wat geet dat de Ministère dann u wou mir wéini a wéi en Hotel géife goen? Mir stinn do iwwregens och ouni d'Benotzung vum Bong elo an enger Datebank. Wéi ass et da mam Dateschutz? Elo kann een denken, ech hätt se net méi all, mä dann zielt mir w.e.g. eppes, wat ech nach net weess... ?