EschSerge Rihm und das Acacia: Wenn Corona die Lebensplanung infrage stellt

Esch / Serge Rihm und das Acacia: Wenn Corona die Lebensplanung infrage stellt
„Ich mache mir Gedanken, ob das momentan überhaupt noch Sinn macht“, sagt Inhaber Serge Rihm Foto: Editpress/Alain Rischard

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Dass das Restaurant Acacia in Esch Ende Oktober seine Türen für immer schließt, ist schon länger beschlossene Sache und hat nichts mit der Corona-Pandemie zu tun. Doch die hygienische Krise hat Inhaber Serge Rihm dazu veranlasst, verstärkt über die Zukunft seines Hotels an gleicher Stelle  nachzudenken. Das sollte ursprünglich geöffnet bleiben. Seit dem 15. März ist aber nichts mehr, wie es einmal war. 

Im Zentrum von Esch gibt es drei Hotels, die alle mehr oder weniger dieselbe Bettenzahl haben: Das Hotel de la Poste in der Alzettestraße  (20 Zimmer), das Hotel Topaz in der rue des Remparts (22 Zimmer) und das Logis-Hotel Acacia in der rue de la Libération (25 Zimmer). Momentan haben alle mit den gleichen Problemen zu kämpfen: Zu normalen Zeiten regelmäßig ausgebucht, waren sie während des Lockdowns komplett geschlossen und seit der Wiedereröffnung Ende Mai fehlen die Gäste.

„Den Hotel ass platt“, formuliert es Serge Rihm, dem das Acacia seit 1980 gehört und der selbst noch tagtäglich als Chefkoch in der Küche seines Restaurants steht. „Zu normalen Zeiten verteilt sich der Umsatz auf 50% Restaurant und 50% Hotel“, sagt der 62-Jährige, „nun ist das Problem, dass das Hotel so gut wie leer ist und das Restaurant  50% Einbußen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit aufweist. Es gibt Tage, da ist hier gar nichts los.“

Rihm versucht gegenzusteuern. Zum Beispiel bietet er ein preislich interessantes Package „Vakanz doheem“ an. Das beinhaltet ein gastronomisches Fünf-Gänge-Menü inklusive Aperitif und Wein und eine Übernachtung mit Frühstück. So will er versuchen, die Menschen mit den von der Regierung spendierten Hotelgutscheinen nach Esch zu locken.

Illusionen macht sich Rihm aber keine: „Die Hotels im Zentrum und vor allem im Süden profitieren kaum von den Gutscheinen. Die Leute fahren lieber in den Norden des Landes. In Esch haben wir zudem das Problem, dass den Leuten von außerhalb momentan nichts geboten werden kann. Die Rockhal ist geschlossen, das Theater auch. Straßenfestivals und Sportveranstaltungen gibt es ebenfalls keine.“

Das Hotel-Restaurant Acacia in der rue de la Libération 
Das Hotel-Restaurant Acacia in der rue de la Libération  Foto: Editpress/Alain Rischard

Dazu kommen die permanenten Stornierungen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. „Wir arbeiten viel mit der Universität, der Rockhal und mit Firmen aus der Gegend zusammen. Dieser professionelle Bereich ist komplett zusammengebrochen. Und Touristen kommen im Moment kaum noch“, sagt Rihm. Nicht nur ins Hotel, sondern auch ins Restaurant. Es gibt keine Geschäftsessen, keine Kommunionen, keine Hochzeiten und keine größeren Familienfeiern mehr. Dazu kommt das Home-Office, das den Restaurants zu schaffen macht. Rihm versucht, den Umsatz-Verlust wenigstens zu einem kleinen Teil mit Themenabenden zu kompensieren. Die kommen bei den Gästen recht gut an. Und trotzdem bleiben Tag für Tag viele Tische unbesetzt. „Es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, genau wie die Corona-Hilfen der Regierung“, sagt Rihm. 18 Festangestellte hatte er 2019, jetzt sind es noch 15. Fünf davon arbeiten exklusiv für das Hotel. 

Negativwerbung

Das Hotel hatte sich nach dem Ende des Lockdowns so langsam wieder erholt und eine bessere Auslastung aufgewiesen. Doch seitdem die Belgier Luxemburg auf die orange Liste setzten und Deutschland wenig später nachzog, ist der Aufschwung jäh gestoppt. „Ich mache mir Gedanken, ob das momentan überhaupt noch Sinn macht. Zumal ja auch kein Ende der Pandemie in Sicht ist“, sagt Rihm. Die Leute hätten Angst und bleiben zu Hause, beobachtet er.

Wundern tut ihn das nicht bei der Negativwerbung, zum Beispiel der Publikation der Corona-Karte durch die Regierung. Hier war der Kanton Esch ganz oben in Sachen Infizierte. „Dabei testen wir hier am Kreisverkehr Raemerich auch die meisten Grenzgänger“, stellt Rihm verbittert fest. Hinzu kommt die große Anzahl der positiv getesteten Menschen durch des Large Scale Testing, was ausländische Touristen abhält. „Ich kann keine Zahlen mehr sehen“, sagt Serge Rihm. Die täglichen Meldungen über die Neu-Infektionen beachtet er schon länger nicht mehr.

Corona stellt demnach Rihms Lebensplanung komplett infrage. Dabei hatte er sich das so schön und vor allem einfach vorgestellt. Mit 62 Jahren wollte er es endlich langsamer angehen lassen und als Koch in den Ruhestand treten. Ab Mitte Oktober sollte es vom Acacia nur noch das Hotel geben, die Räume des Restaurants nur noch als Frühstückssaal dienen.

„’Esch2022’ war immer Motivation für mich. Das Kulturjahr muss mit der größten Sorgsamkeit angegangen werden, denn es ist eine riesige Chance für Esch. Es muss einfach ein Erfolg werden“, sagt Rihm. „Auf der anderen Seite wechseln meine Gedanken tagtäglich. Momentan möchte ich das Hotel auf keinen Fall schließen, aber niemand weiß, wie es mit der Pandemie weitergeht. Irgendwann wird es schon besser“, schließt er. So ganz überzeugt klingt er dabei aber nicht.         

Nikolaus Zimmermann
30. Juli 2021 - 17.11

Hallo, als jüngerer Banker ging ich für einige Jahre nach Luxembourg. Auf der Suche nach einer vorübergehenden Unterkunft kam ich auf Empfehlung eines Round Table Freundes zu Serge Rim und seiner Familie.Ich lebte im Hotel und hatte einen sehr fairen Preis für eine Halbpension bekommen. Es war beeindruckend wie lieb ich aufgenommen wurde . Serge und ein Vater kochten hervorragend und ich habe in dieser Zeit die Luxemburger Küche sehr schätzen gelernt. An Gewicht hatte ich auch zugelegt. Es war eine Zeit an die ich mit Dankbarkeit zurück denke. Ich wünsche Serge, dass es wieder aufwärts geht und Corona keine tieferen Spuren hinterläßt.

de Schéifermisch
1. August 2020 - 16.29

Muss man jetzt mit Herrn Rihm weinen?