Schüler-Projekt „FrëschKëscht“ Dieser Lieferdienst ist erfrischend anders

Schüler-Projekt „FrëschKëscht“  / Dieser Lieferdienst ist erfrischend anders
Erfolgreich mit Maskottchen: In die „FrëschKëscht“ kommen nur frische, saisonale und regionale Lebensmittel aus Luxemburg. Sie wird persönlich vom Team der Schüler-Mini-Enterprise, die dahintersteht, gepackt und bis nach Hause geliefert. Foto: FrëschKëscht

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Frische Möhren aus Luxemburg bis zur Haustür geliefert: Sieben Schüler hatten im vergangenen Herbst eine zündende Idee. Der wöchentliche Lieferdienst, den sie damit auf die Beine stellten, erwies sich als Volltreffer. Für die Schüler brachte das eine Menge Erfahrung, Schweiß und Arbeit mit sich – die Kunden, so scheint es jetzt rückblickend, haben offenbar auf ein solches Angebot nur gewartet, erzählt Daisy Schengen.

Sie sprechen von schlaflosen Nächten, von Ideenfindung, Lieferantenakquise, Social-Media-Kundenbindung, allwissendes Dashboard mit Bestellungsübersicht und Wachstumsplänen. Drei von sieben Gründungsmitgliedern der „FrëschKëscht“ Clémentine Offner, Gilles Heinesch und Ivo Silva stehen stellvertretend für das Gründungsteam aus sieben Schülern und sprechen über ihre Idee. Julien Clüsserath, Theo Castellvi, Diogo Marques, Gaïa Costadura gehören ebenfalls zum Gründungsteam. Das Projekt der sieben Gründer ist ein wöchentlicher Lieferdienst für frische Lebensmittel, die ausschließlich aus Luxemburg kommen. Die Lebensmittel werden in Boxen persönlich von den Schülern nach Hause ausgeliefert. Der Name „FrëschKëscht“ ist daher Programm.

Innerhalb eines Schuljahres entstand ein sehr erfolgreiches Mini-Unternehmen, das über die Landesgrenzen hinaus gerade im Aufwind ist. Denn zwischen dem 20. und 24. Juli kämpfen die sieben Schüler virtuell um den Sieg in Lissabon bei der „JA European Company of the Year Competition“.

So sehen Gewinner aus: Die sieben Schüler aus dem Lyzeum Robert Schuman haben sich im nationalen Wettbewerb der Mini-Entreprisen gegen insgesamt 82 Konkurrenten durchgesetzt. Als Luxemburger Gewinner nehmen sie Ende Juli virtuell am europäischen Entscheid in Lissabon teil. Die sieben Gewinner (stehend, v.l.n.r.): Julien Clüsserath, Clémentine Offner, Diogo Marques, Gaïa Costadura, Gilles Heinesch, Teo Castellvi (vorne links) und Ivo Silva (vorne rechts). 
So sehen Gewinner aus: Die sieben Schüler aus dem Lyzeum Robert Schuman haben sich im nationalen Wettbewerb der Mini-Entreprisen gegen insgesamt 82 Konkurrenten durchgesetzt. Als Luxemburger Gewinner nehmen sie Ende Juli virtuell am europäischen Entscheid in Lissabon teil. Die sieben Gewinner (stehend, v.l.n.r.): Julien Clüsserath, Clémentine Offner, Diogo Marques, Gaïa Costadura, Gilles Heinesch, Teo Castellvi (vorne links) und Ivo Silva (vorne rechts).  Foto: FrëschKëscht

Diesem Finale vorausgegangen war der Luxemburger Vorentscheid, das „Forum Mini-Enterprise“. In einem mehrstufigen Auswahlverfahren beschien eine Jury der „FrëschKëscht“, die beste von insgesamt 82 anderen Mini-Firmen aus Lyzeen in Luxemburg zu sein. Als Gewinner des Nationalentscheids sicherten sich die sieben 18-Jährigen leider nur virtuell das Ticket ins Finale nach Lissabon. „Was uns ausmacht, ist unsere Ausdauer. Von der ersten bis zur letzten Sekunde hatten wir den Traum zu gewinnen“, sagt Ivo Silva zu dieser mit (An-)Spannung geladenen Zeit in der Firmengeschichte.

Ihren Ursprung hat die Geschichte der „FrëschKëscht“ im vergangenen Herbst. Die sieben Schüler wurden von Beginn an von ihren Lehrerinnen Mireille Lux, die ihre Schüler auch jetzt im Interview unterstützt, und Françoise Thomé sowie dem Coach Christian Gutenkauf begleitet. Lux betreut das Team beim Projekt Mini-Enterprise, das auf der 2e, der vorletzten Abschlussklasse, im „Lycée Robert Schuman“ auf dem Lehrplan steht. Das Wahlfach richtet sich an Schüler zwischen 15 und 19 Jahren in Luxemburg, erklärt die Vereinigung „Jonk Entrepreneuren Luxembourg asbl.“, die das Projekt ins Leben rief. Die Idee hinter der Mini-Enterprise ist, mit dem traditionellen Unterricht zu brechen, der durch passive Aufnahme geprägt ist, und den Schüler zum Hauptakteur in seinem Projekt zu machen, schreibt die Vereinigung auf ihrer Webseite über den Grundgedanken hinter den Mini-Enterprises. Zwei Unterrichtsstunden wöchentlich und viel Arbeit außerhalb der Schule müssen die Schüler für ihr Projekt leisten, sagt Lux. Dass jetzt Preisverleihung und Finale in Lissabon rein digital ablaufen würden, ist sehr schade und wird dem Einsatz der Schüler nicht gerecht, bedauert die Lehrerin.

„Vor Ort dabei zu sein – diese Erfahrung bleibt uns verwehrt“, sagt auch Ivo Silva, einer der sieben Schüler-Unternehmer. Vor dem eigenen Computer die Idee vorzustellen oder vor großem Publikum – die Anspannung, live zu sprechen, fehlte, erzählt der Schüler. Ebenso wie die feierliche Atmosphäre der Preisverleihung, die statt in der „Chambre de commerce“ im kleinen Kreis in der Schule stattfinden musste.

So sieht eine „FrëschKëscht“ in der Variante klassisch aus: Etwas mehr als 8 Kilogramm frische Produkte aus Luxemburg sind darin enthalten. In jeder Kiste (klassisch, mini oder vegan) ist immer ein Überraschungsprodukt enthalten.
So sieht eine „FrëschKëscht“ in der Variante klassisch aus: Etwas mehr als 8 Kilogramm frische Produkte aus Luxemburg sind darin enthalten. In jeder Kiste (klassisch, mini oder vegan) ist immer ein Überraschungsprodukt enthalten.  Foto: FrëschKëscht

Etwas mit luxemburgischen Produkten

Aber wie wurde die Idee einer Box mit frischen Lebensmitteln überhaupt geboren? „Mit dem klassischen Satz – etwas mit Luxemburger Produkten machen“, lachen die drei Gründer. Ivo Silva scheint der leidenschaftliche Wortführer im Team zu sein, eloquent erläutert er die verschiedenen Etappen in der Geschichte des Projekts. „Wir wollten von Anfang an nichts aus dem Ausland importieren“, so Silva. Clémentine, sagt er, habe schon immer einen Sinn für Nachhaltigkeit gehabt, sodass sie ihn jetzt auch beim Projekt einsetzte. „Wir wollten etwas für unser Land tun, Luxemburgs Wirtschaft und Produzenten unterstützen“, führt Offner aus. Heutzutage werden viele Waren aus dem Ausland importiert, obwohl auch in Luxemburg hochwertige Produkte hergestellt werden, die aber nicht so bekannt seien. „Unsere Idee war, sie zu nutzen und den Kunden eine All-in-Lösung anzubieten“, ergänzt Gilles Heinesch, der Mann für das Digitale im Team.

Alles aus einer Hand, Produkte, die nur in Luxemburg produziert wurden – die „FrëschKëscht“ nahm damit erste Züge an. Eine Marktanalyse zu Kundenvorlieben und Preisvorstellungen lieferte weitere Erkenntnisse fürs Konzept. Im Netz einkaufen und liefern lassen gewann angesichts der Corona-Krise an Bedeutung, sodass sich ein Lieferdienst im Laufe des Projekts als praktikabler im Gegensatz zur anfänglichen Abholung an einem Hotspot anbot, erklärt Clémentine Offner.

Neben Umweltschutz und kurzen Lieferketten spielt auch die gesunde Ernährung eine tragende Rolle beim Konzept der „FrëschKëscht“, ergänzt Mireille Lux. Die Hauptzutaten in den Boxen sind Obst und Gemüse aus heimischem Anbau. Als Antwort auf den Lifestyle-Trend gesunde Ernährung bieten die Schüler neben ihrem klassischen Angebot auch eine vegane Kiste an. Standen zu Beginn eine klassische Box (rund 8 Kilogramm Inhalt) und ihr veganes Pendant zur Auswahl, wurde aufgrund der immer wachsenden Zahl an Single-Haushalten und der Nachfrage aus den eigenen Kundenreihen im Laufe der Zeit auch eine Mini-Variante (ca. 4 kg) eingeführt. „So beugen wir auch Verschwendung vor“, sagt Ivo Silva. Je nachdem, ob sich der Kunde für einen wöchentlichen oder monatlichen Lieferrhythmus entscheidet, verändern sich die Preise der Frische-Boxen. Die günstigste Variante ist ab 23 Euro erhältlich.

Handarbeit unter Einhaltung der sanitären Vorsorgeregeln: Die Frische-Kisten packen die sieben Mitglieder jeden Freitag eigenhändig. Am Samstag setzen sich die Teams in ihre Autos und liefern die bestellten Boxen aus. 
Handarbeit unter Einhaltung der sanitären Vorsorgeregeln: Die Frische-Kisten packen die sieben Mitglieder jeden Freitag eigenhändig. Am Samstag setzen sich die Teams in ihre Autos und liefern die bestellten Boxen aus.  Foto: FrëschKëscht

Traum, davon zu leben

„Das sind sieben motivierte, ambitionierte und brillante Schüler“, lobt Lehrerin Mireille Lux. Sie und ihre Kollegin standen in diesem Jahr begleitend zur Seite, als die Unternehmer mit dem Projekt und über sich hinauswuchsen. „Manchmal mussten wir sie bremsen, aber eigentlich haben sie immer die richtigen Schritte gemacht“, sagt die erfahrene Pädagogin. Statt entspannt eine Runde zu chillen, nutzten die Gründer die neunwöchige Zwangspause im Frühjahr, um ihr Unternehmen weiterzuentwickeln und seine digitale Präsenz auszubauen. Mithilfe einer lustigen Maskottchen-Möhre (gespielt von einem Teammitglied) versuchen sie, ihre Kunden in den Firmenalltag einzubinden.

Der Erfolg der sieben Unternehmer gibt ihrer Idee, frische Boxen mit regionalen und saisonalen Lebensmitteln aus heimischem Anbau nach Hause zu liefern, recht. Über 950 „FrëschKëschten“ und rund 9 Tonnen Lebensmittel wurden inzwischen an den Mann und die Frau gebracht. Die neunwöchige Corona-Pause mit eingerechnet. Wie viel Umsatz die Schüler mit ihrer Mini-Entreprise machen, bleibt ihr Geheimnis. „Darüber sprechen wir eigentlich nicht so gern. Aber wir sind positiv überrascht.“

„Mini-Enterprise 2020“: die sieben jungen Menschen haben sich den Preis verdient: „Wir haben in diesem einen Jahr so viel gearbeitet, die ‚FrëschKëschten’ bestimmen unser Leben, wir träumen sogar nachts davon und es macht so viel Spaß.“
„Mini-Enterprise 2020“: die sieben jungen Menschen haben sich den Preis verdient: „Wir haben in diesem einen Jahr so viel gearbeitet, die ‚FrëschKëschten’ bestimmen unser Leben, wir träumen sogar nachts davon und es macht so viel Spaß.“ Foto: FrëschKëscht

In der Zwischenzeit zwingt der Erfolg das Schülerprojekt aus den Kinderschuhen und macht eine echte Unternehmensgründung erforderlich. Angesichts der organisatorischen Herausforderungen des kommenden Abschlussschuljahres überlegen die Schüler außerdem, Mitarbeiter einzustellen.

Und obwohl die Firmengründer sich betont bescheiden geben: „Wir machen immer wieder Fehler, aber sie bremsen uns nicht aus. Im Gegenteil wir lernen daraus und sie bringen uns nach vorn.“ Mehrere bisher gewonnene Preise sprechen in diesem Zusammenhang eine überaus deutliche Sprache. Mehr noch: Aufhören ist keine Option, sagen die Schüler. Nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Das Projekt schweißte sie noch enger als Freunde zusammen. „Wir haben in diesem einen Jahr so viel gearbeitet, die ‚FrëschKëschten‘ bestimmen unser Leben, wir träumen sogar nachts davon und es macht so viel Spaß.“ Geht es nach Julien Clüsserath, Teo Castellvi, Diogo Marques, Gaïa Costadura, Gilles Heinesch, Ivo Silva und Clémentine Offner soll die Erfolgswelle ihres Projekts noch lange anhalten: „Wir leben jetzt für die ,FrëschKëscht‘, aber unser Traum ist irgendwann davon zu leben.“

Das Team der „FrëschKëscht“ engagiert sich sozial: Hier spendet es Geld für spezielle Tyvek-Schutzanzüge für das medizinische Personal der „Hôpitaux Robert Schuman“. 
Das Team der „FrëschKëscht“ engagiert sich sozial: Hier spendet es Geld für spezielle Tyvek-Schutzanzüge für das medizinische Personal der „Hôpitaux Robert Schuman“.  Foto: FrëschKëscht

Mehr Frische-Infos:

www.freschkescht.lu