Kirchberg„Die Entwicklung von Hotelkonzepten liegt uns in den Genen“

Kirchberg / „Die Entwicklung von Hotelkonzepten liegt uns in den Genen“
Serge und Jérémie Trigano im Empfangsbereich ihres neuen Hotels Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Serge Trigano ist vor allem in Frankreich kein Unbekannter. Einige Jahre stand er an der Spitze des bekannten Tourismus-Konzerns Club Med, wie zuvor bereits sein Vater. Doch die Wege zwischen Konzern und Familie haben sich getrennt. Mittlerweile setzt er auf ein neues Unternehmen mit einem anderen Hotelkonzept. Auf Kirchberg wurde diese Woche das weltweit 13. Mama-Shelter-Hotel eröffnet.   

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Tourismus-Konzern Club Med die „magische Formel“ für die Wünsche einer Generation gefunden, so Serge Trigano, ehemaliger Chef des Konzerns (1993-1997), letzte Woche auf Kirchberg gegenüber dem Tageblatt. „Drei Wochen Urlaub mit der Familie. Das war damals der Traum.“ Doch heute ist das anders, sagt er weiter: „Die Ferien sind nur noch kurz. Die meisten Ehen werden geschieden. (…) Der Kunde will während 48 Stunden eine neue Stadt erkunden, etwa Luxemburg. Am besten in einer gemütlichen Atmosphäre.“

Mit dem Club-Med-Konzern verbindet die Familie Trigano viel Geschichte. „Ich wurde praktisch im Club Med geboren“, so Serge Trigano. Sein Vater, Gilbert Trigano, war Mitgründer und langjähriger Geschäftsführer des namhaften Feriendorf-Betreibers. Serge Trigano selbst hatte als Geschäftsführer weniger Glück. Nachdem der Konzern in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, musste er den Chefposten räumen. Anteile an Club Med hält die Familie heute keine mehr, erklärt er. Vor einigen Jahren wurde die gesamte Gruppe von einem chinesischen Investor übernommen.

Serge Trigano gründete derweil ein neues Hotel-Unternehmen: Mama Shelter. Unterstützt bei dem Vorhaben wurde er von seinen Söhnen. „Wir lieben den Job. Neue Hotelkonzepte zu entwickeln und Risiken einzugehen, das liegt uns in den Genen“, erzählt er. Der Name sei derweil Programm, erläutert der das Konzept. Shelter bedeutet auf Englisch so viel wie Zufluchtsort oder Schutzraum. Das Hotel soll sich also „warm und gemütlich“ anfühlen – wie zu Hause bei Mutter. Es solle „weniger trist als ein traditionelles Hotel“ sein, so Trigano.

„Weniger trist als ein traditionelles Hotel“

Doch trotz aller Erfahrung, Kontakte und Begeisterung hat er anfangs „vier bis fünf Jahre rudern müssen“, um das notwendige Geld für das Projekt aufzutreiben. „Anfangs glaubte niemand an das Konzept“, erzählt er.  „Dann aber hat es funktioniert.“ Und gleich im ersten Jahr habe man Gewinn erwirtschaftet. Dass der Start 2008, inmitten der Finanzkrise, passierte, „entpuppte sich als gute Gelegenheit“, erzählt er weiter. „Es wollte nicht mehr jeder in ein Luxushotel.“

Aktuell zählt die Gruppe mit ihren weltweit 13 Hotels 1.200 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von rund 100 Millionen Euro. Mama Shelter gibt es beispielsweise in Paris, Los Angeles, Rio de Janeiro, London und Prag. Acht weitere Hotels sind im Bau. An zehn weiteren Standorten laufen Verhandlungen. Wichtigster Anteilseigner ist mittlerweile die Hotelgruppe Accor. Als direkten Wettbewerber vom Club Med sieht Serge Trigano Mama Shelter nicht. Immerhin seien das eine Hotels in Städten und das andere Ferienresorts, so Trigano.

Liegestühle und Tischtennis – mit dem Europäischen Gerichtshof im Hintergrund
Liegestühle und Tischtennis – mit dem Europäischen Gerichtshof im Hintergrund Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Mama Shelter legt eine besondere Aufmerksamkeit auf das Ambiente des Hotels. Bunt und gesellig will man sein. Im Hotel-Laden werden Produkte mit dem eigenen Logo verkauft. Design ist wichtig in den Mama-Shelter-Hotels. „Wir verfügen über ein eigenes Design-Team, so Sohn Jérémie Trigano, Generaldirektor der Hotelgruppe. „Er macht die Arbeit – ich die Politik“, erklärt Serge Trigano.

Auf der Rooftop-Terrasse auf dem obersten Stockwerk auf Kirchberg findet der Gast Tischfußball, Arkade-Spielterminals, einen Tisch zum Tischtennisspielen sowie ein Feld zum Pétanque-Spielen. Zudem verfügt das Hotel neben Restaurant und 145 Zimmern unter anderem über eine eigene Bäckerei, ein kleines Kino, Coworking-Bereiche und einen Pizzaofen.

Man will sowohl für Geschäftsleute als auch für Touristen und Anwohner etwas zu bieten haben. „Eine Besonderheit unseres Geschäftsmodells ist, dass der Anteil von Essen und Trinken am Umsatz bei 55 Prozent liegen soll“, so Serge Trigano weiter. Bei den meisten Hotels sei dieser Anteil viel niedriger, um die 20 Prozent.

Nur eine von sechs geplanten Eröffnungen

Nach Luxemburg gekommen „sind wir, weil wir Opportunisten sind“, so die beiden Geschäftsleute. „Wir haben Investoren getroffen, die unsere Marke mögen“ und die ein verfügbares Baugrundstück auf Kirchberg, zwischen dem Museum für moderne Kunst (Mudam) und dem europäischen Gerichtshof, hatten. „Wir haben sofort zugesagt. Luxemburg ist ein guter Ort für uns.“

Im Geschäft mit Hotels gibt es mehrere Berufe: einerseits die Besitzer und Vermieter der Gebäude, andererseits die eigentlichen Betreiber der Hotels. Bei Ersteren handelt sich in diesem Fall um die Gruppe Batipart der Familie Ruggieri. Sie ist ebenfalls Besitzer der bereits am selben Standort stehenden Hotels Novotel und Sofitel (beide auch Teil der Accor-Gruppe). Batipart war auf der Suche nach einer weiteren, alternativen Hotelmarke für den bis vor kurzem noch freien Bereich des wertvollen Baugeländes.

Auf Corona angesprochen, meint Serge Trigano mit einem Schmunzeln: „Wollen Sie mir die gute Laune verderben? Der Sektor ist stark getroffen. Es ist eine Katastrophe.“ Von sechs in diesem Jahr geplanten Hotel-Eröffnungen sei nur eine einzige übrig geblieben: die in Luxemburg. Verspätung gibt es beispielsweise in Rom, Lissabon, Dubai und Bukarest. Doch auch in Luxemburg gab es Verzögerungen: So war die Eröffnung bereits vor einigen Monaten geplant. Zudem wird nicht gleich alles angeboten werden. Mit 45 Mitarbeitern geht es jetzt los. Später sollen es es mehr werden.

„Trotzdem sollen wir uns nicht beklagen“, so Serge Trigano. „Wir leiden keinen Hunger und stehen nicht vor der Pleite.“ Man mache zwar Verluste, könne aber die Gehälter zahlen. „Ich bin jetzt seit 50 Jahren in dem Beruf, habe so etwas aber noch nicht erlebt.“ Erlebt habe er wohl Kriege und Terrorismus – „nie aber, dass die ganze Welt stillsteht“. Es sei einfach ein schlechter Moment, aber langfristig bleibe er optimistisch. „Die Krise geht vorüber. Und nach der Krise wollen die Menschen wieder raus.“

Als Schlüssel des Erfolgs bezeichnen beide die Auswahl der Mitarbeiter. Es brauche Menschen, die gerne mitarbeiten. Schwierigkeiten, das notwendige qualifizierte Personal hierzulande zu finden, hatte Mama Shelter im Gegensatz zu vielen anderen nicht. „Das war einfach“, so Jérémie Trigano. Immerhin mache es Spaß, hier zu arbeiten. Als Direktor hat man mit André Pêcheur einen Manager mit viel Erfahrung in Luxemburg gefunden. Mehrere Novotel hat er hierzulande bereits gemanagt.

Zwischen dem Museum für moderne Kunst (Mudam) und dem europäischen Gerichtshof befindet sich das neue „Mama Shelter“
Zwischen dem Museum für moderne Kunst (Mudam) und dem europäischen Gerichtshof befindet sich das neue „Mama Shelter“ Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante