CoronaFachleute sehen zweite Welle heranrollen

Corona / Fachleute sehen zweite Welle heranrollen
Ulf Nehrbass, Kopf der Covid-Taskforce Foto: Editpress/Julien Garroy

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Aktuelle Vorhersagen über die Entwicklung der Pandemie in Luxemburg kennen nur eine Richtung – und zwar nach oben. Sowohl der Direktor des Gesundheitsamtes wie auch ein neuer Expertenbericht der Corona-Taskforce verdeutlichen die Dramatik der aktuellen Entwicklung.

„Unser Land sieht sich derzeit mit einer zweiten Welle von Covid-19-Infektionen als Folge der fortschreitenden Öffnung konfrontiert. Das wiedergewonnene Freiheitsgefühl führt leider dazu, dass viele Menschen die Anweisungen der körperlichen Distanzierung und die Barrieregesten nicht mehr respektieren“, schreibt der Direktor des Gesundheitsamtes, Jean-Claude Schmit, in einem Brief an die Ärzteschaft, der dem Sender RTL vorliegt.

Luxemburg sei heute das europäische Land mit den meisten Neuinfektionen pro Tag und Bevölkerungseinheit, teilt Schmit mit. Dazu trage auch bei, dass im Großherzogtum viel getestet wird und das Land sich dazu entschieden hat, auch Grenzgänger zu testen. „Trotz der Verzerrung, die durch die oben genannten Faktoren in die europäischen Vergleichsstatistiken eingeführt wurde, ist die zweite Infektionswelle sehr real, wie auch die Meldungen von Kollegen aus der Allgemeinmedizin zeigen, die bei ihrer Sprechstunde wieder symptomatische Fälle sehen, sowie die jüngste Zunahme der Krankenhausaufenthalte (47 Personen), auch auf der Intensivstation (3 Personen)“, so Schmit.

Die Mitglieder der Taskforce sehen in den vielen Neuansteckungen ebenfalls den Beginn einer zweiten Welle. In ihrem Bericht heißt es wörtlich: „Der Kurvenverlauf entspricht einem exponentiellen Anwachsen, den man zum Beginn einer zweiten Welle erwarten kann. Die Daten entsprechen einem exponentiellen Wachstum mit einer Verdopplungszeit von etwa acht Tagen. Obwohl dieser Anstieg zwar langsamer ist als Anfang März, ist er jedoch eine recht klare Indikation einer zweiten Welle.“

Einer der Verfasser des Berichts, Alexander Skupin, hatte in der letzten Woche noch vermutet, dass mit einer zweiten Welle erst Ende des Jahres zu rechnen ist, hatte allerdings eingeschränkt, dass viele Unbekannte in die Rechnung einfließen. So zum Beispiel das Verhalten der Menschen hinsichtlich der sozialen Distanzierung und ob sie in Urlaub fahren oder nicht.

Cluster oder allgemeines Phänomen

Nach Meinung der Fachleute stecken einige Länder bereits mitten in einer zweiten Welle der Pandemie. Zu ihnen zählen der Iran, Israel, Saudi-Arabien und die USA. „In Saudi-Arabien und in den Vereinigten Staaten übersteigen die Zahlen der zweiten Welle die der ersten bereits“, hatte der Kopf der Corona-Taskforce und Mitverfasser des neuen Berichtes, Ulf Nehrbass, in der letzten Woche erklärt.

Für die Experten ist es von großer Bedeutung zu wissen, ob es sich bei den Neuansteckungen um ein Phänomen handelt, das sich quer durch die ganze Bevölkerung bemerkbar macht oder ob die Ansteckungen sich auf eine begrenzte Gruppe von Menschen, sogenannte Cluster, beziehen. Um das festzustellen, verglichen die Fachleute die Entwicklung der Gesamtzahl der Infizierten mit denen, die bei der großangelegten Testaktion – dem Large Scale Testing (LST) – entdeckt wurden. Sie kamen zu dem Schluss, dass es sich um ein generelles Phänomen handelt, das „nicht nur von Infektionsclustern getrieben“ wird.

Im Bericht heißt es dazu: „Insgesamt zeigen die LST basierenden Analysen einen ähnlichen Kurvenverlauf wie die Analyse der gesamten Fallzahlen mit einer ähnlichen Verdopplungszeit von 7,4 Tagen. Dabei sind die Fallzahlen zwar geringer, aber die ähnliche Verdopplungszeit zeigt an, dass sich die Infektionen schon in der Gesamtbevölkerung bemerkbar machen und nicht nur von Infektionsclustern getrieben werden. Somit müsste man aufgrund der aktuell vorliegenden Fallzahlen von einer allgemeinen zweiten Welle ausgehen.“

Schmit beschreibt in seinem Brief, dass es in Luxemburg sowohl Cluster wie auch Fälle gibt, die scheinbar nicht mit bekannten Clustern in Verbindung stehen: „Infektionen treten häufig in Clustern auf (epidemiologische Definition eines Clusters: mindestens 3 Fälle am selben Ort, ohne unbedingt einen Hinweis auf eine Übertragungskette). Einige Cluster umfassen manchmal mehrere Dutzend Personen (Feste und Partys, Mitbewohner, Wohnheime und Institutionen, Unternehmen, Schulen …). Viele Fälle werden jetzt auch ohne jede Verbindung, zumindest ohne offensichtliche, mit bekannten Clustern gesehen. Tatsächlich gibt es in allen Teilen des Landes eine eher diffuse Verteilung der Infektionen.“

Eine Zahl, die sowohl Politiker wie auch Fachleute genau im Auge behalten, ist die Reproduktionszahl Reff. Sie gibt an, wie viele Menschen eine infizierte Person im Durchschnitt ansteckt. Sie muss unter 1 liegen, damit die Epidemie durch Kontaktverfolgung unter Kontrolle gehalten werden kann. Liegt sie für längere Zeit über 1, könnte die Epidemie die Mitarbeiter der Kontaktverfolgung schnell an ihre Grenzen stoßen lassen. Die Experten warnen: „Bei einem Anstieg der Fallzahlen ist zudem von einer Zunahme in der Belegung von Krankenhausbetten und Intensivstationen durch Covid-19-Patienten auszugehen.“ Im Mai lag die effektive Reproduktionszahl in Luxemburg bei etwa 0,8. Die Taskforce geht davon aus, dass sie seit dem 15. Juni wieder über 1 liegt. Allerdings erschwere die niedrige Fallzahl eine präzise Einschätzung.

Diffuse Verteilung der Infektionen

In seinem Brief berichtet Schmit, dass die Arbeit der Kontaktverfolgung jetzt schon immer schwieriger wird: „Die Arbeitsbelastung für die Kontaktverfolgungseinheit der Gesundheitsinspektion ist enorm. Seit der Wiederaufnahme der Kontaktverfolgung am Ende der Eindämmung haben wir 1.150 infizierte Personen isoliert und 6.618 Personen mit hohem Infektionsrisiko in Quarantäne gesteckt, wobei wir so viele Ansteckungsketten wie möglich unterbrochen haben. Leider haben wir von Zeit zu Zeit die Nichteinhaltung von Quarantänen oder sogar Isolation beobachtet. Für die Ärzteschaft ist es wichtig, die Menschen an die Bedeutung dieser Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit zu erinnern, wenn sie von infizierten oder unter Quarantäne gestellten Personen konsultiert werden.“

Seit dem Beginn der Pandemie wurden in Luxemburg 235.038 Tests durchgeführt. 5.056 Testergebnisse fielen positiv aus. Derzeit gibt es 750 aktive Fälle. 4.195 Infizierte sind inzwischen genesen, 111 Personen erlagen der Krankheit. Alleine in der letzten Woche wurden 52.843 Tests durchgeführt (+7% zur Vorwoche). Davon fielen 402 Tests positiv aus (+39%). Davon wiederum wurden 67 Fälle beim Large Scale Testing (+86%) entdeckt und 6 Fälle am Flughafen (-45%).

Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch ging Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) erneut auf die Frage ein, wo die Menschen sich anstecken. Jeder Infizierte habe seine eigene Geschichte und es sei sehr schwierig, diese aufzuarbeiten. Sie wiederholte ihren Standpunkt, dass die Menschen sich nicht auf großen Partys anstecken. Die meisten Menschen infizieren sich weiterhin im kleinen Kreis mit dem Coronavirus. Tatsächlich hätte es nur eine Episode gegeben, bei der eine große Party für Ansteckungen verantwortlich gewesen sei.

Gewöhnlich sind es die Forscher, die sich vorsichtig äußern und sich schwertun, eine konkrete Aussage zu treffen. Deshalb überrascht es, dass die Fachleute unisono von einer zweiten Welle sprechen. Die Politik, die sonst nicht mit Schlagworten spart, zögert hingegen den Begriff „zweite Welle“ zu verwenden. Die Gesundheitsministerin verneinte zwar nicht, dass die Zahlen steigen, allerdings fällt es ihr schwer, das, was ihre eigenen wissenschaftlichen Fachleute „zweite Welle“ nennen, ebenfalls als solche zu bezeichnen.

Uwe
24. Juli 2020 - 12.45

@Dr. Lindner, Dr Braun, alles die etwas Resthirn benutzen sehen Anhand der veröffentlichen Zahlen das dieser Virus weder tödlich , sprich ein Killervirus ist, noch die Kraft hat die gesamte Menschheit auszulöschen. Diese Epidemie ist durch den PCT Test eine künstlich herbeigeführte, angebliche Gefahr. Niemand wird sich bei dieser Sach und Datenlage wirklich hinstellen können und behaupten das das Virus Lebensgefährlich ist . Wenn in Luxembourg , wo normalerweise zwischen 70-100 Personen monatlich sterben, dann in 4 Monaten 112 Personen sterben ist dies nichts wovor wir Angst haben müssen. Auch Social Distancing ist sicherlich für unser Abwehrsystem kontraproduktiv und würde langfristig für mehr Schaden sorgen. Meine Frage wäre an alle denkenden Menschen: Wem hilft diese Panik und Angstmache ? Warum werden bewusst Daten und Fakten fehlinterpretiert? Wer verantwortet dies später? Es ist bekannt das der PCT Test diese Fehlerquote hat, warum wird dies nicht kommuniziert? Werden die Falsch-Positiven Ergebnisse ein zweites Mal getestet ? Es ist doch auffällig das die Rate (1-2%) immer auch zu den angeblichen Fällen passt. Wo ist hier eine rein Faktenbasierte Information und eine Beruhigung der verängstigten Bevölkerung? Ist diese nicht die Aufgabe der Regierung? Am heutigen Tag (24.07) ist eine Person in Intensiv Betreuung , heisst das im Umkehrschluss das alle unter unverhältnismäßigen Massnahmen zu leiden haben? Wo sind die Verhältnismäßigkeiten? Das wäre ja so als ob wir einen Autofahrer haben der immer zu schnell fährt und deswegen verbieten wir dann das Auto fahren für alle? Ich habe nur einen Wunsch: Panikmache und Angst abschalten und Vernunft und Hirn einschalten.

HTK
17. Juli 2020 - 9.41

@Doktores, richtig.Es wird niemand umgebracht. Der erwähnte Mathematiker sieht die Sache richtig.Die "Unschärfe" bei den Test's und die Unbekannten bei dem Krankenbild ( von keinen Symptomen bis Todesfall) sowie den bleibenden Ansteckungsmöglichkeiten zeigen deutlich in eine Durchinfizierung der Weltbevölkerung über kurz oder lang. Und dann haben wir eine neue "normale" Grippe wie wir sie schon seit jeher kennen und bei der(trotz Impfung) zehntausende Menschen jährlich sterben.Und auch darüber wird dann nur marginal berichtet. Man sieht ja jetzt schon,dass immer mehr positiv Gestestete herumlaufen aber an der Kurve der schweren Fälle,sogar mit Todesfolge,ändert sich nicht viel. Sagen wir's doch laut und deutlich: die Menschen die dem Virus nicht's entgegen zusetzen haben werden sterben oder zumindest schwer krank. Die anderen werden weitermachen. Wir machen als wäre dies die erste Pandemie die die Menschheit zu bewältigen hatte.Durch Überbevölkerung und schlechte Lebenverhältnisse schlägt so eine Pandemie natürlich brutal zu Buche. Das kann kein Gesundheitssystem stützen,zumal wenn es marode ist.

Dr Steffen Lindner
16. Juli 2020 - 18.48

@Dr.Braun : Bei niedriger Prävalenz einer Erkrankung, und davon ist in Luxemburg nach wie vor auszugehen, ist das Problem falsch negativer Tests sehr gering.(s.a.Dtsch.Ärztebl.117, 24, 2020.); ggf. wird eine Wiederholung des Tests empfohlen. Da wird auch niemand „ umgebracht“. Die Letalität von Covid-19 liegt laut Ioannidis ( Stanford University) mit 0,1-0,4 Prozent im Rahmen einer mittelschweren bis schweren Influenzawelle.

Eddy Kukenheim
16. Juli 2020 - 18.20

Warum macht man die Menschen so ängstlich ? In 6 Wochen ist 1 person gestorben,, leider,, Grippe ist Normalität und gehört beim Leben. In Afrika sterben täglich Tausenden, keine die sich dafür interessiert, täglich gehen Tausenden Jobs verloren wegen corona. Mehrere Selbstmorden weil die Selbstständige keine Einnahmen mehr haben und die arbetsnehmer ihr Job verlieren und ihre Hypothek nicht mehr zurückzahlen können. Bevor man neue Maßnahme nimmt soll man sich mal überlegen von was wir leben sollen wenn man wieder etwas zumacht . Die Beamten brauchen sich keine Sorgen zu machen, aber die normal verdienende ?

Claud
16. Juli 2020 - 16.37

Es führt jetzt kein Weg mehr vorbei an einer Schließung der Gasstätten ab 19 Uhr. Das verhindert auch das Anreisen von potentiellen Kunden aus den nahen Grenzgebieten. Ich denke hier vor allem an die Meurthe et Moselle wo es vor 2 Wochen zu erhöhten Fallzahlen kam.

Dr. Braun
16. Juli 2020 - 14.10

@Dr Steffen Lindner "..kommt den falsch positiven Testergebnissen im Rahmen der Spezifität erhebliche Bedeutung zu. " Quatsch. Ein falsch Positiver geht ohne Grund in Quarantäne und steckt niemanden an, ein falsch Negativer glaubt sich sicher und bringt andere Menschen um.

Charles Hild
16. Juli 2020 - 12.05

Merde alors! Fir dass déi Häre Meisch a Bettel an d ‘Femmes libérales hir Vakanzen net musse stornéieren ginn elo bei ons d ‘statistesch Daten gebéit a friséiert. Mir fuddelen elo héichoffiziell. D ‘Frontalier gi net méi mat gezielt! Dat heescht dat gesamt Fleegepersonal (8h00 klapp klapp klapp) a vill Dokteren gi behandelt als wéi wann se net méi zu ons giffe gehéieren. Nondikass! Geld regiert Luxemburg! Dat do koum net vum Här Allegrezza. Dee mécht zwar oft zweiwelhaft Projektiounen an d' Zukunft, awer Date manipuléiert huet hien nach ni! Dat mécht ee net. Madame Lenert, ech schumme mech bis an de Buedem. Dir hutt ganz Lëtzebuerg hannert iech. Wann ech gelift, weist dir de Kollegen am Ministerrot, wou et higeet. Maacht d' Statistik nees ewéi virdrun. Gitt de Wee dee bei äer Partei passt, a setzt äer Sympathiewäerter net op d' Spill.

Jimbo
16. Juli 2020 - 11.16

Fachleute.. dat hun ech schon virun 2 Meint gesot... soubal dKaffeen opgin, geet wt erem lass. dMenschheet ass einfach blöd...

HTK
16. Juli 2020 - 10.26

3 Regeln!! Und die kriegen wir nicht auf die Reihe. " Stupid (white) men". Nach dem Motto-Mir kann nichts passieren-geht's durch Dick und Dünn.

Dr Steffen Lindner
16. Juli 2020 - 9.16

In der Diskussion um die angeblich steigenden Fallzahlen der Corona -Tests wurde m.E. bisher nicht berücksichtigt,dass der weltweit benutzte Test wie jeder diagnostische Test keine 100- prozentige Zuverlässigkeit aufweist.Gerade bei niedriger Infektionsrate in der Bevölkerung,wie sie gemäss den veröffentlichten Daten seit Ende April in Luxemburg besteht,kommt den falsch positiven Testergebnissen im Rahmen der Spezifität erhebliche Bedeutung zu. Ein Ringversuch der Gesellschaft INSTAND e.V. ergab im Mai in Deutschland eine Spezifität von 98,4 Prozent-d.h., 1,4 Prozent der Resultate sind statistisch immer falsch positiv,auch wenn die Probanden eigentlich keine Infektion aufweisen.ausführlich hat dazu im Netz der Mathematiker Dr. Klaus Pfaffelmoser(" Warum die Pandemie nie endet") Stellung genommen.-Wenn nun wie in Luxemburg seit Ende Juni geschehen,die Anzahl der Tests erheblich ausgeweitet wird,steigt auch die Anzahl der falsch positiven Tests,welche dann von der Gesamtzahl der positiven Resultate abgezogen werden müssen. Tatsächlich schwankt die Höhe der positiven Resultate in Abhängigkeit von der Anzahl der durchgeführten Tests; bewegte sich aber bisher stets in einem Bereich von 0,5-1 Prozent der Gestesten- bezogen auf die statistische Rate falsch positiver Resultate von 1,4 Prozent also im "statistischen Grundrauschen".Es ist also nicht hilfreich,die jeweils absoluten Zahlen der positiv Getesteten ohne Bezug zu den statistischen Besonderheiten aufzuaddieren und die Gefahr einer zweiten Welle heraufzubeschwören mit allen negativen Konsequenzen für das Land und seine Bürger. Die Aspekte der Statistik sollten auch bei der Kommunikation mit den Nachbarländern hervorgehoben werden.