EditorialLuxemburgs zweite Welle: Weshalb die Regierung zu langsam reagiert

Editorial / Luxemburgs zweite Welle: Weshalb die Regierung zu langsam reagiert
Xavier Bettel (DP) und Paulette Lenert (LSAP) schwimmen sehenden Auges in die zweite Corona-Welle Foto: Editpress/Claude Lenert

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Wie konnte es bloß so weit kommen? Übereilte Lockerungsmaßnahmen, sträflich vernachlässigte Tracing-Teams, Zickzackkurs in den Schulen und „fatzeg Dëlpessen“, die sich nicht um gefährdete Menschen scheren: Ja, das konnte unsere Regierung nicht kommen sehen. Keine wissenschaftlichen Indikatoren, keine Modelle und Projektionen, keine Hilferufe aus den „Santé“-Teams, keine warnenden Stimmen in den Schulen, keine Erfahrungswerte mit kontaktfreudigen Menschen und ganz sicher eins nicht: Streitereien zwischen den Regierungsparteien.

Denn unsere führenden Regierungsmitglieder sind nicht nur supersympathisch, sondern auch waschechte PR-Profis: Sie steuern die Kommunikation immer noch mit Bravour, selbst ohne die autoritären Verlockungen des Lockdowns. Die Methode: Man gibt der parlamentarischen Opposition und der Presse kaum Zugang zu grundlegenden Daten und Details, die kritisch hinterfragt werden können. Es wird verlautbart, versprochen und vertröstet – jeder darf denken und meinen, was er will. Fragen stellen und seine kritische Kontrollfunktion ausüben bleibt somit bis auf Weiteres erschwert. Aber es gibt ja auch keine Probleme.

Okay, die Nachbarn wollen uns nicht mehr so einfach reinlassen. Eigentlich ganz schön unfair: Wir sind doch Weltmeister im Testen! Europas Dank dafür: bestraft werden, ein toller Hecht zu sein. Und die Warnungen der „Covid-19 Task Force Luxembourg“, dass wir scheinbar unfähig sind, Masken zu tragen und Abstand zu halten? „Hal se zou, mir wëllen op d’Belsch Plage.“ Also lasst das mal lieber brav sein mit dem Large Scale Testing und den Tracing-Detektiven: Damit Wirtschaft und Urlaub nicht baden gehen, schwimmen wir lieber Richtung zweite Welle.

Oder ist sie schon da, diese von Politik und Zivilgesellschaft unbeeinflusste Naturkatastrophe? Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) nennt das „eng epesch Diskussioun“. Was bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit Premier Xavier Bettel (DP) am Mittwoch deutlich wurde: die Unlust am Schönreden des schleichenden Kontrollverlusts. Was die zwei Politiker auch gemeinsam haben: Transparenz ankündigen, Expertenwissen vorschieben – und beides am Ende ignorieren. Denn die „Covid-19 Task Force Luxembourg“ kommt in ihrem aktuellen Bericht zu folgender Schlussfolgerung: „Somit müsste man aufgrund der aktuell vorliegenden Fallzahlen von einer allgemeinen zweiten Welle ausgehen.“ Und „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit meint in einem Schreiben zur Wiederbelebung der hauseigenen Krisenzelle: „La deuxième vague d’infections est bien réelle, comme en témoignent aussi des messages reçus par des confrères généralistes qui voient à nouveau des cas symptomatiques à leur consultation, et la montée récente des hospitalisations (47 personnes), y compris en soins intensifs (3 personnes).“

Nein, diese zweite Welle konnte und kann niemand kommen sehen.

Jean Lichtfous
17. Juli 2020 - 13.48

Ech mengen Dir gidd der schwiereger Situatioun an där d'Regierung, a besonnesch d'Madame Lenert ass, net ganz gerecht an Ärem Edito. Et schéngt mir een deeglecht, jo suguer heiansdo stëndlecht Oofweien tescht zevill oder ze mann soen ze sin an där sie sech befennt. Dat ass net vu schlechtem Wëllen gedroen mee em d'Suerg em - mol ganz pathetesch - eis ganzt Land.

Jazz
17. Juli 2020 - 8.51

Allen Ländern steht eine zweite Welle bevor und auch weitere, deshalb ist es polemisch, das jetzt nur auf Luxemburg zu beziehen und der Regierung vorzuwerfen am Ende des Artikel, man halte die Entwicklung für eine Überraschung. Welches Land macht es denn aus Eurer Sicht so gut, dass es als Beispiel dienen sollte und wie sähe Eure Handlungsempfehlung für weitere Schritte aus? Wenn die Presse sich schon als Anwalt des Volkes sieht, ok, aber ein Anwalt löst auch einen Fall, will ein Ergebnis vor Gericht erzielen, und zwar ein vorteilhaftes für den Klienten, und er klagt nicht nur an. Letzteres ist aber natürlich einfacher und macht mehr Spaß, I know ...

tonnar
16. Juli 2020 - 22.07

@Charles Hild "Dach, déi zweet Well war schonn Enn Juni ganz däitlech ze gesinn." Dir hutt se als Eenzege gesinn, et ass keen Dokter a Wëssenschaftler den Iech den Aarm béit.

wussler
16. Juli 2020 - 18.58

@ Romain K "Do ass et ganz ganz schweier fier den Leit een Lockdown ze verkaafen." Guer net, de Lockdown ass gratis.

Pierre Wollscheid
16. Juli 2020 - 18.31

Wenn huet eis dann emer virgetrotert virum Virus Covid 19 An weine gehst de ob den Tour, dat ass jo schons Mettwochs ugangen an huet Samsdesch Owend obgehallen Ma dei ganz grous Journalisten vun RTL dei dat emmer an emmer erem viderholl hun. An elo wellen genau dei selwecht necht mei dovunner Wessen. Schéin RTL Dir wert et jo elo verstannen hun dat ein net emmer kann Party ? frieren. An et Vir elo emol un der Zeit der Jugend ze soen et gett elo duer an Kirch muss am Duerf bleiwen. Also Land wart elo emol ob enn Statement vun RTL dei und Vernunft vun de Léit pledeiren spass Gesellschaft ass eriwer

RM Clemens
16. Juli 2020 - 16.26

Welche Courage, man möchte fast sagen Chutzpe diesen Leitartikel zu schreiben! Es freut mich natürlich (auch wieder) außerordentlich dass ich nicht ganz alleine auf weiter Flur unterwegs bin mit meiner Einschätzung. Für mich hat Gesundheitsministerin Lenert über lange Zeit einen Parcours sans faute absolviert bis vor einigen Wochen. Über die erschwerte Pressearbeit kann ich nichts sagen. Mir fällt immer öfter auf dass in den Kulissen jemand auf der Bremse steht wenn es um Einschränkungen für die Bürger geht. Alles soll sehr flockig beim Publikum ankommen und es soll doch ‘Bitte Bitte’ keiner böse werden über irgendwelche Einschränkungen! Jetzt auch noch der Blödsprech über die bösen anderen Länder die nichts kapieren an ‘unserer’ besonderen Lage! Ach herrjee! Anstatt ehrlich zu sagen dass die überwiegende Mehrheit der positiv Getesteten sich IM Land aufhält und bewegt und nicht in Trier und Perl! Bezahlen werden die Zeche all die ‘Vulnérablen’ die geschützt werden sollten! Wie sagte mir ein sehr bärtiger Hipster aus Luxemburg-Stadt letztens so liebenswürdig? Wannste färts du al Kou da bleif mam Oarsch doheem! Ech ginn elo eng Spinning Session fueren well soss fräckt de Kueder! Bravissimo Dhiraj!

Laird Glenmore
16. Juli 2020 - 13.13

@Romain K Conge collective…ohh gott…wann dei Leit alleguerten missten hei bleiwen wo ist denn da das Problem, die sind doch sonst auch da und sie kommen auch wieder zurück vom Congé collective, die wandern ja nicht aus. Ich sehe in der ganzen Sache nur ein Problem und das ist die Unvernunft der Menschen die sich über alle Maßnahmen hinweg setzen, so werden wir das ÜBEL niemals los.

zyniker
16. Juli 2020 - 12.47

Nach dem ich mir die "lettre circulaire" der Santé vom 15 Juli angeschaut habe ist mir klar geworden dass wir uns jetzt alle testen lassen müssen und zwar innerhalb 24 Stunden. Dann wird die Zahl der Neuinfektionen bei 2300 liegen (626339-302812)*0.7% (Einwohner Zahl - Getestete Personen)*Durschnitt der "Neu"infektionen der letzten Woche. Dann wird das Gejammer ein Ende haben. Danach werden die Neuinfektionen bei nahe null liegen und wir können wieder aufatmen und "op d"Belsch Plage" fahren. An den Leiter der Santé: Ich weiss nicht ob Sie etwas von Statistik verstehen aber den Graph den Sie auf der ersten Seite des Briefes zeigen ergibt überhaupt keinen Sinn. Bis Anfang Juni gab es keine umfassende Tests und es war nur im Ernstfall möglich sich testen zu lassen. Der Graph vermischt beides was eben keinen Sinn macht. Dass sehr wenige Leute, wie Sie selbst schreiben, im Krankenhaus liegen und sterben kann logischer Weise nur an zwei Ursachen liegen und zwar am Vergleich von nicht Vergleichbarem und/oder an einer Abschwächung des Viruses. Und bitte vermeiden Sie die Wortlaute: "ceci est sans doute ..." "ce qui explique probablement" usw nur Fakten zählen. Alle Daten offenlegen wäre doch mal was, oder.

Charles Hild
16. Juli 2020 - 11.46

Dach, dat war schonn Enn Juni ganz däitlech un den Zuelen ze erkennen an dat ass och vill an de Kommentare gesot ginn. Awer deemols huet den Här Meisch nach musse Schoulen op maachen an d' Fouer an der Staad ass viirbereed ginn, an d' Vakanze si gebucht ginn. Dofir war dat keen Thema. Wa mir net direkt a massiv mat de geféierléche Kontakte bremsen, da klëmmt des zweet Well zwanzeg mol méi héich ewéi déi am Mäerz. Dat giffen dann 2500 Coronadoudeger ginn bis um Enn vum Joer. A kommt da net a sot et hätt een dat net kënne gesin. A nach ëmmer hu mer kee Plang vir d' Schoulen! Eng Schoul a Covidzäit misst dach organiséiert ginn! Zum mindest mist den Homeschooling programméiert a gereegelt an trainéiert ginn. Sot nëmme net et hätt keen esou eppes gesi kommen.

Romain K
16. Juli 2020 - 11.16

Leider ass et menger Meenung just 1 Problem: JULI & AUGUST normalerweis dei scheinsten Meint am Joer. Iwwerall Vakanz, Schoulvakanz, Terrassenwieder. Do ass et ganz ganz schweier fier den Leit een Lockdown ze verkaafen. Den Konsum muss jo awer gedeckt gin, vun Touristen iwwerall.....Stellt iech och mol fier d´Letzebierger daerfen neierens hingoen...ohhh mamm...watt een Opschrei ....ondenkbar.....Conge collective...ohh gott...wann dei Leit alleguerten missten hei bleiwen....Sou gett hechstwahrscheinlech gehofft fier den Juli & August engegermoossen gutt ze iwwerstoen an dann ab September mei streng Mossnahmen ze huelen, gett jo dann Hierscht an dann kann een jo och erem doheem am warmen setzen ..... :-)

Alois
16. Juli 2020 - 10.47

Ausser dadd Spideeler entlaascht wooren haad de Confinement an Speerren vunn de Grenzen keng gudd Auswierkung op d'Behuelen vunn villen Leit ann daad op der ganzer Welt.Angscht,Depressionen an Aggressivität sinn elo d'Realitéit.An elo schwätzen Spezialisten vunn enger zweeter Wëll, ma ech geef mengen miir sinn a bleiwen nach oemmer an der éischter!

Laird Glenmore
16. Juli 2020 - 9.13

Anscheinend haben unsere Politiker wider willen einiges von D. Trump gelernt, alles schön reden und den Rest unter den Teppich kehren, hier meine Damen und Herren aus der Chamber ist nichts mit aussitzen sondern noch mehr Engagement bekämpfen, leider verschwindet CORONA nicht von alleine oder so klamm heimlich wie es über uns hergefallen ist.

J.Scholer
16. Juli 2020 - 8.01

Seien wir ehrlich, keine Wahl hatte die Politik vor Wochen die Weichen auf Lockerung der Einschränkungen zustellen. Einerseits das unverständige Volk , vom Wohlstand verwöhnt , sich lieber dem Spaß und Konsum hingibt als im Interesse der Eindämmung der Pandemie auf sein Wohlbefinden verzichtet. Andererseits die Geschäftswelt , Restaurateure deren Interesse eher ihren Bankkonten gilt als das Wohl der Allgemeinheit. Jedem aufgeschlossenen Bürger müsste klar sein, angesichts der über Jahren umwälzenden modernen Erziehungsmethoden, Ansichten unserer Gesellschaft sich nicht mehr einengen zulassen, sich staatlichen Anordnungen zu fügen, Einschränkungen zu explosiven Krisensituationen führen können.Die Politik hat dies erkannt, will die Wählergunst nicht verlieren, musste sich dem Druck beugen und den Weg , vielen Warnungen der Wissenschaft zum Trotz, der Lockerungen freimachen.Man kann dieser Pandemie nur Einhalt gebieten durch rigorose Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen , Verzicht ,Einschränkungen im Leben. Die Politik , auch wenn es schmerzt, muss differenzieren zwischen systemrelevanter Wirtschaft und jener Wirtschaft die nur dem Spassfaktor dient, muss sich bewusst sein, entweder die ganze Wirtschaft in den Abgrund zu führen oder einen Teil im Interesse der Allgemeinheit, der Zukunft zu opfern. Nein ,die Politik hatte keine Wahl, will sie ihre Bonuspunkte nicht verlieren, so zu handeln, wie geschehen. Das Volk der Brot und Spiele unterschätzt in seiner Dummheit ,Arglosigkeit die Gefahren die diese Pandemie in sich birgt, ohne Einschränkungen und Verluste die Zukunft einiger Generationen ungewiss sein wird , eine Wirtschaftskrise den Wohlstand auf lange Zeit verbannt. Es wird Zeit wieder kleinere Brötchen zu backen,Verzicht zu lernen , den Luxus von Reisen , Ferien, Konsum ,....in Frage zu stellen, denn nicht mehr das Virus ist die alleinige Gefahr, der uneinsichtige Bürger ist es , der noch immer glaubt es würde weiter mit dem Wohlstand bergaufwärts gehen und im Endeffekt di wirtschaftlichen, politischen Folgen uberwiegen.Arroganz, Ignoranz des Volkes bremsen die Politik aus ,diese Pandemie effektiv zu bekämpfen.Es ist einfach die Politik ihrer Unfähigkeit anzuklagen, aber Uneinsichtigkeit und Schuld tragen wir alle mit.

Charles Hild
16. Juli 2020 - 7.54

Dach, déi zweet Well war schonn Enn Juni ganz däitlech ze gesinn. Awer deemols huet den Här Meisch nach séier Schoule mussen op maachen an et waren och aner Lockerungen nach net wäit genuch. Iwwregens, mir sinn um Wee ewéi deemols den Elsass. Elo gëllt et kee weideren Dag méi ze verléieren. Soss gëtt et echt 20 mol méi schlëmm ewéi am Mäerz. A sot da nët, dat hätt kee gesi kommen. All normale Mënsch wees zënter dem 1. Juli wat lass ass. An d' Rentrée am September ass ëmmer nach net alternativ geplangt! D' Madame Lenert soll elo hir Responsabilitéit als beléifste Politiker an der Regierung iwwerhuelen, an hire Kollege Meisch a Bettel de Wee weisen.