Wechsel im Rathaus in SanemSimone Asselborn-Bintz als Bürgermeisterin vereidigt

Wechsel im Rathaus in Sanem / Simone Asselborn-Bintz als Bürgermeisterin vereidigt
Simone Asselborn-Bintz (links im Bild) als stolze, frisch vereidigte Bürgermeisterin im Büro von Innenministerin Taina Bofferding Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der Wechsel ist vollzogen. Am Montag ist Simone Asselborn-Bintz als neue und erste Bürgermeisterin von Sanem im Innenministerium vereidigt worden. Sie tritt damit die Nachfolge von Georges Engel an, der sich nun voll und ganz auf seine Funktion als Abgeordneter und Chef der LSAP-Fraktion im Parlament konzentrieren möchte. Als Politikerin sieht sich Simone-Asselborn-Bintz ihrer Mutter verpflichtet. Die war bis zu ihrem Tode vor 20 Jahren Schöffin in Esch und hat sich, von großem Gerechtigkeitssinn geleitet, stets für die sozial Schwächeren in der Gesellschaft eingesetzt. Prioritäten der 54-Jährigen sind Wohnungsbau, sozialer Zusammenhalt und Kultur. 

Tageblatt: Simone Asselborn-Bintz, welchen Eid haben Sie denn da am Montagvormittag bei der Innenministerin eigentlich geleistet?

Simone Asselborn-Bintz: Den, den ich auch schon bei der Vereidigung als Schöffin geschworen habe.

Das heißt?

Also, Treue zum Großherzog. Dass ich die Verfassung und die Gesetze des Landes respektieren und bestmöglich die Aufgaben erfüllen werde, die mir anvertraut sind.

Und zu was verpflichtet Sie das jetzt?

Dazu, im Sinne der Gesetzgebung zu handeln, für meine Bürger, immerhin rund 17.500, und meine Gemeinde da zu sein … also eigentlich verpflichtet der Eid mich zu nichts anderem als zu dem, was ich bisher auch schon gemacht habe. Nur, dass ich jetzt halt eben Bürgermeisterin bin und etwas mehr Verantwortung trage.

Waren Sie nervös beim Eidablegen?

Also ein merkwürdiges Gefühl ist es schon gewesen. Auch, weil es jetzt eine weitere Etappe im Leben ist.

Und was war Ihre erste Amtshandlung am Montag?

Am Montagnachmittag habe ich meinen ersten Schöffenrat als Bürgermeisterin geleitet. Am späten Nachmittag war eine Versammlung mit dem Personal über „Bien-être au travail“, die war aber sowieso schon geplant, hatte also nichts mit meiner Ernennung zu tun. 

Haben Sie das Bürgermeisterbüro schon bezogen?

Nein, noch nicht. Ich wollte die nächsten Wochen nutzen, um umzuziehen. Georges hat allerdings schon ausgemistet, ich noch nicht. Aber das eilt auch nicht. Das Büro ist jetzt auch nicht das Wichtigste für mich.

O.k. Aber die Aussicht dort ist besser. Hier blicken Sie auf die Straße und auf Verkehr. Drüben haben Sie einen schönen Blick auf Belval. Werden Sie Veränderungen im Büro vornehmen?

Nicht unbedingt, nichts Größeres wahrscheinlich. Aber ich werde andere, meine Bilder aufhängen, zum Beispiel eines, das eine Freundin mir extra aus Anlass meiner Ernennung geschenkt hat. Ein Bild vom neuen Belval.

Sie sind die erste Frau auf dem Bürgermeisterstuhl in Sanem. Wie würden Sie dieses Gefühl beschreiben?

Also, ich bin schon stolz. Aber eigentlich ist diese Frauen-Männer-Frage mir ziemlich egal. Wir machen Politik gemeinsam, jeder auf seine Art. Es ist aber natürlich etwas Besonders jetzt, weil ich eben die erste Frau auf dem Posten in Sanem bin.

Und allgemein die Tatsache diesen Posten zu haben?

Ganz speziell. Habe ich ja nie erwartet. Vor allem nicht damals, vor fast 20 Jahren, als ich gefragt wurde – übrigens von Georges Engel –, ob ich nicht Lust hätte, als Kandidatin mit in die Wahlen zu gehen.

Und heute, immer noch motiviert?

Und wie! In bester Form.

Also werden Sie auch bei den nächsten Wahlen dabei sein?

Wir werden sehen.

Politiker legen sich halt nicht gerne fest. Gut. Anderes Thema: Ihre Mutter war politisch aktiv. Sie haben sie mal als Ihr Vorbild bezeichnet, was heißt das? Was haben Sie von ihr übernommen?

Man sagt ja immer, man wird nicht wie die Mutter oder wie die Eltern. Ich denke, dass ich heute genauso bin wie sie und vieles von ihr übernommen habe. Zu Beginn war das vielleicht unbewusster, heute ist es mir aber sehr bewusst. Als meine Mutter vor 20 Jahren, im Juli 2000, starb – damals war sie LSAP-Schöffin im Escher Gemeinderat –, da gab es einiges, was sie sich vorgenommen hatte, aber nicht mehr zu Ende führen konnte. Sie war Präsidentin des Sozialamtes in Esch. Sie hat sich immer für die sozial Schwächeren eingesetzt. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass ich das nicht so stehen lassen könne, dass es an mir sei, ihre Projekte, ihr Werk weiterzuführen. Dieses Gefühl habe ich heute noch und es macht mich stolz, in meiner Mutter Fußstapfen zu treten. So bin ich in Sanem auch Präsidentin des Sozialamtes gewesen. Meine Mutter hatte dieses große Gerechtigkeitsgefühl, das habe ich auch. Das sind eigentlich die Gründe, warum ich in die Politik gegangen bin.

Aber das wollten Sie ja eigentlich nie tun, genauso wenig wie zum Hörfunk gehen …

Stimmt! Politik und Radio wollte ich nicht und nie machen, weil es die Berufe meiner Mutter waren. Aber zum Hörfunk bin ich nicht gegangen. (schmunzelt – dabei hat sie eine gute Radio-Stimme)

Wie hat Ihre Familie eigentlich auf Ihre Ernennung reagiert?

Die sind wie ich ja in die ganze Sache über Jahre mit reingewachsen. Es ist also alles irgendwie eine logische Entwicklung. Meine Söhne sind erwachsen, mein Mann ist im Ruhestand. Sie sind stolz und halten mir den Rücken frei. Ich muss mich also nicht unbedingt um den Haushalt kümmern. (lacht)

Nun sind Sie Bürgermeisterin. Werden Sie grundlegend anders arbeiten?

Ich bin 15 Jahre gemeinsam mit Georges Engel im Gemeinderat gewesen. Er hat mich sozusagen rekrutiert. Wir sind all die Jahre auf einer Wellenlänge gewesen. Wohl haben wir manchmal diskutiert, aber die Stoßrichtung war immer klar. Es ist also schon ein Wechsel in der Kontinuität, was aber natürlich nicht heißt, dass ich nicht meine persönliche Note einbringen werde.

Zum Beispiel?

Ich habe einen anderen Charakter, eine andere Art als Georges. Ich reagiere etwas impulsiver, oft eher aus dem Bauch raus. Das hat Nachteile und Vorteile, das weiß ich. Ich habe mir aber fest vorgenommen, das unter Kontrolle zu behalten und ruhig zu bleiben. Tja, und dann werde ich sehen müssen, was auf uns zukommt, wie ich das managen kann und wie ich darauf reagiere.

Georges Engel hatte in der Tat eine recht ruhige Art, die Gemeinderatssitzungen zu leiten, selbst dann, wenn von Oppositionsseite Kritik kam. Werden Sie in solchen Situationen dann auch ruhig reagieren können?

Ich hoffe es. Es wird vielleicht nicht immer einfach sein. Ich werde wohl etwas mit mir kämpfen müssen, um gelassen zu bleiben, aber ich arbeite dran.

Wann ist die nächste Gemeinderatssitzung?

Am 25. September.

Dann sind wir gespannt. Wir werden jedenfalls da sein. Wo sehen Sie die Prioritäten bei Ihrer Arbeit?

Eine der Prioritäten wird der Einsatz für erschwinglichen und lebenswerten Wohnraum sein. Da sind wir als Gemeinde vom Ansatz her gut unterwegs, auf Belval beispielsweise. Mir liegt es am Herzen, alternativen Wohnraum zu schaffen, intergenerationelles Wohnen zum Beispiel, Mixität in den Wohngebieten.

Stichwort Esch2022? Glauben Sie noch an das Projekt?

Ja (sehr entschieden), sehr! Vor allem, weil ich großes Potenzial erkenne für unsere Gemeinde, die sonst vielleicht nicht so wahrgenommen wird wie unsere Nachbarkommunen Esch und Differdingen. Mit Esch 2022 wird das, hoffe ich, anders werden. Wir arbeiten stark daran. Und mit unserem Kulturzentrum Artikuss haben wir eine Kulturstätte, die sich sehen lassen kann und 2022 bestimmt gute Figur machen wird.

Sie waren Kulturschöffin. Das Ressort behalten Sie auch als Bürgermeisterin, haben Sie gesagt. In dem Kontext: Was ist mit Schloss Sanem? Es steht seit Jahren leer, oft wird in der Gemeinderatssitzung drüber diskutiert, aber nichts passiert. Warum?

Ja, gute Frage, die stellen wir uns alle, denen Sanem etwas bedeutet. Deshalb hätten wir gerne, dass der Staat endlich Nägel mit Köpfen macht. 

Aber als Bürgermeisterin und Abgeordnete werden Sie sich vielleicht anders im Parlament einbringen und etwas mehr Dampf machen können?

Das habe ich bisher auch schon gemacht. In meiner Rolle als Kulturschöffin und Mitglied der parlamentarischen Kulturkommission habe ich mich stets für das Wahrzeichen unserer Gemeinde eingesetzt. Das Schloss ist ja auch unser Logo.

Hat die Gemeinde denn keine eigene Verwendung für das Schloss?

Es gehört ja dem Staat. Nutzen können wir das Schloss wohl. Aber nicht finanzieren. Die nötigen Renovierungsarbeiten würden unser Gemeindebudget sprengen. Ich verstehe ja auch, dass das Schloss in Covid-Zeiten nicht die größte Priorität hat.

Aber es steht seit 2016 leer, nicht erst seit März dieses Jahres, also seit dem Lockdown.

Ja, deshalb setzen wir uns ja mit Händen und Füßen dafür ein, dass das Schloss erhalten bleibt und einem neuen Zweck zugeführt wird. Ich habe jüngst auch noch mit dem Tourismusminister gesprochen, über mögliche Verwendungszwecke.

Welche könnten das sein?

Auf jeden Fall etwas, was den Menschen zugutekommt, also zugänglich bleibt. Kein zweites Schloss Senningen. Etwas für die Vereine, Probesäle zum Beispiel. Man könnte an Künstlerresidenzen denken, an eine Jugendherberge oder an eine europäische Jugendbegegnungsstätte. An Ideen mangelt es wirklich nicht. Auch was die Nutzung des Schlossparks anbelangt. Es fehlt höchstens am Willen und am Geld. Aber wir bleiben dran!

Und am Montagabend, nach Ihrer Vereidigung, nach dem ersten Schöffenrat, haben Sie da gefeiert?

Gefeiert haben wir bereits am Wochenende, unter anderem meine Ernennung und einen runden Geburtstag meines Mannes. Das hat schön gepasst.

Sie haben immer betont,  dass Sie gerne arbeiten. Trotzdem, ausspannen muss sein. Machen Sie diesen Sommer Urlaub?

Ja, möchte ich doch stark hoffen. Einfach ein wenig abschalten, bevor es dann wieder richtig losgeht im September. Wir hatten bereits im Dezember 2019 für diesen Sommer ein Haus in der Provence reserviert. Dort wollen wir als ganze Familie hinfahren. Zwei Wochen lang. Mein Mann, meine beiden Jungs und deren Freundinnen sowie unsere Hunde. 

Die Neue

Simone Asselborn-Bintz wird 1966 in Esch geboren. Von Beruf ist sie Erzieherin. 2005 tritt sie ein erstes Mal bei Kommunalwahlen in Sanem an und schafft auf Anhieb den Einzug ins Rathaus. Im Januar dieses Jahres hat sie die Nachfolge von Alex Bodry im Parlament angetreten. Nun löst sie Georges Engel als Bürgermeister ab. Steve Gierenz, 35, wird neuer Schöffe der LSAP-CSV-Koalition in Sanem. Im September werden wir auf ihn zurückkommen.