Nach den BrändenAustralien sucht neuen Umgang mit dem Feuer – und besinnt sich auf seine indigenen Wurzeln

Nach den Bränden / Australien sucht neuen Umgang mit dem Feuer – und besinnt sich auf seine indigenen Wurzeln
Das Land soll den „Zeitplan bestimmen“: Erste indigene Brandpraktiken finden bereits Anwendung Foto: Barbara Barkhausen

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Um die Jahreswende wüteten in Australien Hunderte Feuer zur gleichen Zeit. Die Brände hinterließen tiefe Narben in der Landschaft und in der australischen Psyche. Ein halbes Jahr nach den Bränden ringt das Land um einen neuen Umgang mit dem Feuer und besinnt sich dabei auf seine indigenen Wurzeln.

Australiens Natur ist an Feuer gewöhnt: Viele Eukalyptus- und Grasbäume benötigen sogar die Hitze eines Feuers, damit sie ihre Samen freisetzen können. Doch die Buschfeuer, die das Land im vergangenen Sommer auf der Südhalbkugel erlebte, waren ungewöhnlich heftig: Eine anhaltende Dürre gepaart mit heißen Temperaturen und starken Winden fachten Hunderte Feuer über ganz Australien verteilt an.

Zwölf Millionen Hektar Land und mehr als 2.000 Häuser gingen letztendlich in Flammen auf, über 30 Menschen starben, Tausende mussten aus ihrer Heimat fliehen. Zudem stießen Australiens Buschfeuer 250 Megatonnen CO2 aus, fast die Hälfte der jährlichen Emissionen des Landes. Rauch und Feinstaub verursachten bei vielen Menschen gesundheitliche Probleme. Die schockierenden Bilder – Menschen mit Atemmasken am Strand, ein stockdunkler Himmel mitten am Tag, Flammen, die fast bis ans Meer loderten – hinterließen zudem Narben in der australischen Psyche.

Klimawandel zwingt zum Umdenken

Greg Mullins, einst oberster Brandschützer im Bundesstaat New South Wales, sagte vor einem Untersuchungsausschuss zu den Feuern: „Ich beobachte den Feind seit 50 Jahren.“ Und dieser Feind sei mehr und mehr gerüstet, sagte Mullins, der damit auf den Klimawandel anspielte, der vermehrt günstige Bedingungen für Feuer schafft. „Es ist, als hätten [die Feinde] plötzlich Atomwaffen und wir versuchen immer noch, mit konventionellen Streitkräften damit umzugehen.“

Für die kommende Saison sollen deswegen die finanziellen Mittel der Feuerwehr erhöht werden. Außerdem finden derzeit „erhebliche Diskussionen über Brandschutzpraktiken“ statt, wie Tina Bell berichtete, eine Feuerökologin an der Universität von Sydney. Um einen neuen Umgang mit dem Feuer zu finden, besinnt man sich derzeit wieder verstärkt auf traditionelle Methoden der Aborigines, der australischen Ureinwohner. Seit den Bränden würden indigene Stimmen mehr gehört, bestätigte Bell. Sie würden in den Nachrichten, im Fernsehen, auf Konferenzen und in Workshops zu Wort kommen. „Dies hat dazu beigetragen, die Öffentlichkeit für indigene Brandpraktiken zu sensibilisieren.“

Kein Neun-bis-Fünf-Job

Im Juni fanden beispielsweise im Süden des Bundesstaates Queensland bereits erste indigene Brandpraktiken Anwendung. Dafür übernachteten die Aboriginal Rangers sogar vor Ort und ließen das Land „den Zeitplan bestimmen“. „Das ist kein Neun-bis-Fünf-Job“, sagte Paul Dawson von der Aboriginal Rangers Corporation (BPARC) des Bunya-Volkes damals dem australischen Sender ABC. „Wenn das Land es braucht, dass wir eine Woche hier sind, um sicherzustellen, dass die Verbrennung sanft und daher oft viel langsamer vonstattengeht, dann ist es eben so.“

Bei den Brandmethoden der Aborigines geht es darum, den Busch mithilfe des Feuers zu verjüngen und zu regenerieren. Häufige, dafür aber kleinere und weniger heiße Brände schalten Konkurrenten aus, erlauben weniger Aufbau von brennbarem Unterholz und helfen Arten wie den Eukalypten, ihre Samenkapseln zu öffnen.

Der Busch sprießt wieder

Noch gebe es nach wie vor Widerstände gegen das Brandmanagement, das die Aborigines über 60.000 Jahre entwickelt haben, sagte der indigene Feuerwehrmann Victor Steffensen. „Wir brauchen alle an Bord und das ist die größte Herausforderung“, sagte er. „Wenn sie den Aborigines von Anfang an zugehört hätten, wären wir jetzt weiter.“ Aber es sei nie zu spät.

Hoffnung gibt derzeit auch die Erholung des Busches. Denn nach guten Regenfällen in den Herbstmonaten sprießen die Eukalypten in vielen Regionen bereits wieder. Der Busch, der vor wenigen Monaten noch schwarz verkohlt war, kommt wieder zum Leben. „Ich habe viele Setzlinge gesehen und viele Bäume und Bodenpflanzen, die ihre grünen Triebe wiedererlangten“, berichtete die Feuerökologin Tina Bell nach einer Exkursion in den Busch. Bald würden auch die Akazien blühen und das sollte helfen, Insekten in die abgebrannten Regionen zurückzulocken.