Betreuungseinrichtungen für BehinderteOmbudsman will mit erweiterten Kompetenzen gegen Missstände angehen

Betreuungseinrichtungen für Behinderte / Ombudsman will mit erweiterten Kompetenzen gegen Missstände angehen
Im Fokus (v.l.): Gilbert Pregno, Fabienne Rossler (beide CCDH), Nathalie Morgenthaler (CET) und Claudia Monti (Ombudsman) Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Seit dem öffentlichen Protest eines Zusammenschlusses von Angehörigen der Bewohner des „Blannenheem“ sind Missstände in Betreuungs- und Pflegeheimen in Luxemburg in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. In einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten die konsultative Menschenrechtskommission (CCDH), das Zentrum für Gleichbehandlung (CET) und Ombudsman Claudia Monti deshalb neue Impulse im Behindertenbereich von der Regierung. Die Idee: Die Befugnisse des Ombudsman auszuweiten und somit eine Kontrollinstanz für die zum großen Teil privat geführten Institutionen zu schaffen.

In den letzten Wochen und Monaten sei man immer wieder über Missstände in Betreuungseinrichtungen von Behinderten aufmerksam gemacht worden, so Fabienne Rossler. Die Generalsekretärin der Menschenrechtskommission nannte Beispiele: Nichtschließen der Tür der Unterkunft während der Pflege, kollektives Wiegen aller Bewohner, mehr oder weniger subtile Sanktionen und Repressalien bei abweichender Meinung, Ausschluss von Delegiertenwahlen, Ruhigstellung durch Medikamente von Menschen, die sich nicht ausdrücken können, unangekündigtes Betreten der Zimmer oder das prinzipielle Duzen von Menschen mit Behinderungen. Solche Dinge seien nicht nur eine Demütigung für die Betroffenen, sondern ein Verstoß gegen die Konvention der Vereinten Nationen (UN) über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Die Konvention wurde 2006 von den UN vorgestellt und 2011 von Luxemburg unterschrieben und in nationales Recht umgesetzt. Durch die Unterschrift zeigt sich ein Land mit den Grundprinzipien der Konvention einverstanden. Luxemburg ging aber noch einen Schritt weiter und unterschrieb das Zusatzprotokoll. Dadurch verpflichtete man sich, alle fünf Jahre eine Bilanz abzugeben und die Fortschritte in dieser Zeitspanne zu dokumentieren. Der erste Aktionsplan wurde 2012 vorgestellt, inzwischen ist der zweite aktiv. Joël Delvaux, Behindertenbeauftragter des OGBL und selbst Betroffener, bezeichnete Luxemburgs Bemühungen in dieser Hinsicht unlängst im Tageblatt-Interview als „eher schleppend“. Er sprach von „schönen Kampagnen, die am Leben der Behinderten nicht wirklich etwas ändern“.

Kein schlechter Wille

Von schlechtem Willen seitens der Verantwortlichen wollten die Redner auf der Pressekonferenz am Donnerstag nicht ausgehen. Vielmehr könnte Personalmangel etwas mit den vielen Beschwerden von Betroffenen zu tun haben. Oder aber eine nicht spezifisch genügende Schulung des Personals. Einig ist man sich jedenfalls, dass eine Struktur geschaffen werden muss, die auf die Einhaltung der UN-Konvention in den verschiedenen Betreuungseinrichtungen achten soll. Dafür eignet sich am besten der Bürgerbeauftragte, also der Ombusman. Doch so einfach ist das nicht, wie Claudia Monti präzisiert: „Die allermeisten Betreuungsheime sind in privater Hand, da habe ich als Ombudsman keine Handhabe.“

Mehr Kompetenzen gefordert: Ombudsman Claudia Monti
Mehr Kompetenzen gefordert: Ombudsman Claudia Monti Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Hätte sie aber gerne, denn Monti und ihre Mitstreiter sind überzeugt: „Es muss eine Kontrollinstanz in den Institutionen entstehen. Aber wir können keine drei, vier oder fünf Jahre warten. Der Denkprozess sollte jetzt beginnen, auch wenn das Gesetz über die Kompetenzen eines Ombudsman noch nicht geändert ist.“ Einer solchen Gesetzesänderung bedarf es, um die Befugnisse der Bürgerbeauftragten zu erweitern und ihr so den Zutritt zu den verschiedenen Betreuungseinrichtungen zu ermöglichen.

Sie schlägt die Schaffung einer Taskforce zum besseren Austausch vor. Ziel müsse es sein, den Behinderten zu ermöglichen, so selbstständig wie möglich zu leben und ihre Menschenrechte zu respektieren. Das wäre dann auch ganz im Sinne der UN-Konvention. Denn der UN-Ausschuss zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen hatte Luxemburg im August 2017 mehrere Empfehlungen gegeben. Das Land solle sicherstellen, „dass unabhängige Stellen befugt sind, alle Einrichtungen und Programme zu überwachen, welche Menschen mit Behinderungen empfangen, einschließlich privater Krankenhäuser, psychiatrischer Einrichtungen und Gruppenheime“ sowie „einen Deinstitutionalisierungsplan mit einem genauen Zeitplan und klaren Kriterien zu implementieren“.