ChinaErstmals „Terrorismus“-Beschuldigung in Hongkong unter neuem Sicherheitsgesetz

China / Erstmals „Terrorismus“-Beschuldigung in Hongkong unter neuem Sicherheitsgesetz
Am Mittwoch wurden mehr als  370 Demonstranten festgenommen – mehreren drohen jetzt Strafen unter dem neuen Sicherheitsgesetz Foto: AFP/Dale de la Rey

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Nur wenige Tage nach der Einführung der von China durchgesetzten Sicherheitsgesetze beschuldigt die Hongkonger Regierung erstmals auf dieser Grundlage einen Demonstranten des Separatismus und des Terrorismus.

Auf Grundlage des umstrittenen neuen Sicherheitsgesetzes sind in Hongkong gestern erstmals Anschuldigungen wegen „Terrorismus“ und „Anstachelung zur Abspaltung“ erhoben worden. Die Vorwürfe wurden Gerichtsdokumenten zufolge gegen einen 23-Jährigen erhoben, der mit einem Motorrad in eine Gruppe Polizisten gefahren sein soll. Die Vereinten Nationen zeigten sich alarmiert über die ersten Festnahmen unter dem Gesetz. Peking ernannte unterdessen einen bekannten Hardliner zum Chef der neuen „nationalen Sicherheitsbehörde“ in der chinesischen Sonderverwaltungszone.

Nach Angaben aus Polizeikreisen war der festgenommene Tong Ying Kit bei Protesten gegen das Sicherheitsgesetz am Mittwoch mit seinem Motorrad in eine Gruppe Polizisten gefahren. Im Lokalfernsehen war ein Mann auf einem orangefarbenen Motorrad mit einer Flagge mit dem Slogan „Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit!“ zu sehen, der in eine Gruppe von Polizisten fuhr. Handyaufnahmen von Passanten zeigten, wie der Mann zu Boden fiel und schnell festgenommen wurde. Nach den Protesten hatte die Polizei mitgeteilt, drei Beamte seien verletzt worden.

Nach Angaben eines Anwalts war Tong bei der Verlesung der Anschuldigungen nicht im Gericht. Er sei wegen eines Knochenbruchs im Krankenhaus.

Große Sorgen vor Willkür

Das neue Sicherheitsgesetz war am Dienstag in Kraft getreten. Nach Auffassung von Kritikern schränkt es die Bürgerrechte in Hongkong massiv ein. Das Gesetz erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen.

Bei den Protesten am Mittwoch – dem 23. Jahrestag der Übergabe der früheren britischen Kronkolonie an China – waren mehr als 370 Menschen festgenommen worden, mehrere von ihnen wegen Verstößen gegen das neue Sicherheitsgesetz.

Das UN-Rechtsbüro in Genf zeigte sich „alarmiert, dass unter dem Gesetz schon Festnahmen mit sofortiger Wirkung vorgenommen werden“. Es lägen noch keine ausreichenden Informationen über das Ausmaß der Vergehen vor, sagte der Sprecher Rupert Colville in einer Video-Pressekonferenz. Zudem sei die UNO nach einer vorläufigen Analyse „besorgt, dass die Definitionen einiger in dem Gesetz aufgeführten Vergehen vage und allzu weit gefasst sind“. Dies könne zu einer „diskriminierenden oder willkürlichen Interpretation und Vollstreckung des Gesetzes führen, was den Schutz der Menschenrechte unterminieren könnte“, warnte er.

Der Demokratie-Aktivist Joshua Wong rief die Regierung in Deutschland über die Presse zu Unterstützung auf. „Ich bitte die deutsche Regierung: Schaut auf Hongkong, seht, was hier passiert und nennt das Unrecht beim Namen“, sagte er der Bild. Wong, studentischer Anführer der sogenannten Regenschirm-Proteste im Jahr 2014, hatte sich im vergangenen Jahr mit der Demokratie-Bewegung solidarisiert, die über Monate hinweg Massenproteste in Hongkong mobilisierte.

Die Demonstrationen richteten sich gegen den wachsenden Einfluss Pekings in der Finanzmetropole. Hongkong waren bei der Übergabe an China für 50 Jahre Sonderrechte gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Ein Hardliner soll’s richten

An der Spitze der „nationalen Sicherheitsbehörde“, die im Zuge des neuen Gesetzes in Hongkong eingerichtet wird, wird künftig Zheng Yanxiong stehen, wie Staatsmedien berichteten. Zheng ist für sein hartes Vorgehen gegen Proteste auf dem chinesischen Festland bekannt. Die neue Behörde hat Ermittlungs- und Strafverfolgungsbefugnisse und soll die Einhaltung des Sicherheitsgesetzes für die Sonderverwaltungszone überwachen.

Der chinesische Staatsrat ernannte zudem den Leiter des Pekinger Verbindungsbüros in Hongkong, Luo Huining, zum Sicherheitsberater der ebenfalls neu gebildeten „nationalen Sicherheitskommission“. Die Kommission wird von der pekingtreuen Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam geleitet und wird die politische Umsetzung des Sicherheitsgesetzes überwachen.

Das Gesetz greift massiv in die Autonomierechte der Finanzmetropole ein. Bestraft werden unter anderem der Besitz von Flaggen, Aufklebern und Flugblättern, auf denen die Unabhängigkeit Hongkongs befürwortet wird. Wer das Gesetz bricht, muss mit mindestens zehn Jahren Haft rechnen, könnte aber auch lebenslang im Gefängnis landen.

Liberté
6. Juli 2020 - 5.16

Trauriges Ende von Hong Kong als rechtsstaatliches Gebilde. Kein Protest aus Luxembourg. Das Laendche ist in Abhaengigkeit der Kommunistischen Partei China's geraten. Das Naechste dürfte wohl ein Krieg gegen das liberale Taïwan sein.

Jean Muller
3. Juli 2020 - 22.23

Wenn er denselben Stunt in einem anderen Land absolviert hätte wäre er von Staat und Polizei garantiert als Held gefeiert worden... Ein Hoch auf Propaganda!