SerieHistorisches und architektonisches Esch (59): Esch 1940-1944, Propaganda

Serie / Historisches und architektonisches Esch (59): Esch 1940-1944, Propaganda
Albert Urmes stärkte alle Aufgeschlossenen und rüttelte die Oberflächlichen und Ewiggleichgültigen auf: Gaupropagandaleiter Albert Urmes vor 2.000 Volksgenossen in der Escher Stadthalle, März 1944 Foto: Fey, Scan CDRR

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Im nationalsozialistischen Reich beginnt die Verpflichtung des einzelnen Menschen seinem Volk und seiner Nation gegenüber mit der Geburt und endigt mit dem Tode. Wann gab es jemals eine so gradlinige Ausrichtung?

„Nun haben wir durch unseren Führer Adolf Hitler eine, alle Volksgenossen verbindende und jeden Einzelnen verpflichtende Idee und Weltanschauung bekommen. Unser aller Aufgabe ist es, uns diese Idee zu erhalten. Unsere Familie ist keine Privatsache, sondern nationalsozialistischer Dienst.“ (Albert Urmes, Gaupropagandaleiter, Gewerbeschule, Juli 1941)

Großkundgebungen, Kreistage unterstreichen die „Macht der Idee“. Fahnen, Uniformen, aufgestellte Hoheitszeichen, Aufmärsche, tagsüber oder nachts. Parteigenossen und -genossinnen, Volksgenossen und -genossinnen, nach Partei-Gliederungen aufgestellt, hierarchisch geordnet, ziehen in festgelegter Route mit Marschmusik durch die beflaggten Straßen des Orts. Feiertage sollen die „Idee“ vertiefen: „Heldengedenktag im März (vormals Volkstrauertag um die Gefallenen des 1. Weltkriegs), Führergeburtstag im April, am 1. Mai Nationaler Feiertag des Deutschen Volkes, im März Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung (beim Marsch zur Feldherrnhalle, München 1923) oder auch das germanische Fest der Wintersonnenwende.“

Vereine im weitesten Sinn, auf ihren völkischen Charakter geprüft, in Orts- und Kreisringe zusammengeschlossen, werden zur Unterstützung der Propagandaarbeit herangezogen.

Aufmärsche, Kundgebungen in großem Stil benötigen Räume. Anfangs wird der Festsaal der neuen Gewerbeschule für NS-Veranstaltungen genutzt. Doch schnell sucht man nach Möglichkeiten einer größeren Festhalle. Im Hinblick auf den ersten Kreistag des Kreises Esch, im Juli 1942, beschließt die Stadtverwaltung zwei bestehende Bauten zu diesem Zweck umzubauen:

– Das „Zentral-Lichtspielhaus“, Ecke Adolf-Hitler-Straße und Brillstraße, vorher „Nouveautés-Palace“, ein 1921 erbautes Kino-Variété. Nach Umbau und Renovierungsarbeiten werden die „Zentral-Lichtspiele“ zum „Kleinen Theater“, wo regelmäßig NS-Veranstaltungen stattfinden. Es wird 1957 abgerissen und durch das Escher Theater ersetzt.

– Die „Grand Garage Lise Giro“, Otherstraße 19, heute Boulevard Kennedy 108. Letzthin ist sie als „Muarthaal“ neu aufgeflackert. Errichtet wird sie 1933 von Ingenieur-Architekt Jos. Hostert und der Firma Marco Moia & fils. Neben Auto- und Lastwagen-Reparaturen bot die „Grand Garage“ auch Busreisen an (Passionsspiele Oberammergau; Fußballländerspiel Luxemburg – Deutschland …) und stellte die Räumlichkeiten für Boxwettkämpfe zur Verfügung. Ende 1941 ist die Groß-Garage „Kreissammelstelle“ der Sammelaktion von Wollsachen für die Frontsoldaten im Osten. Das Obergeschoss bildet eine Halle von 60 auf 25 Meter mit einer freitragenden Dachkonstruktion. Dieser Teil wird nun zur „Stadthalle“ umgebaut. Dank einer Baulücke zur Xavier-Brasseur-Straße kann sie mit einer passenden Eingangs-Front versehen werden. Sie wird zum Zentrum der nationalsozialistischen Propagandatätigkeit in Esch.

Zusätzlich entsteht für den ersten Escher Kreistag eine „NS-Volksbücherei“ im Erdgeschoss der „Kreisleitung“, Ecke Adolf-Hitler- und Hermann Göring-Straße (frühere „Belle Jardinière“, heute „MS Mode“). Die früheren Verkaufsräume sind in eine „mustergültige Bücherei, nach dem Vorbild der modernsten Volksbüchereien im Altreich“ umgestaltet. Im ersten Stockwerk ist ein Lesesaal eingerichtet, „mit sorgsam ausgewählten Sachbüchern und Zeitschriften sowie mehreren Tageszeitungen“. Auch der „Kunstkreis“ nutzt die Räumlichkeiten für seine Vortragsreihen oder die regelmäßigen Ausstellungen moselländischer Künstler.

Eine wesentliche Propaganda-Rolle im Kreis spielt das Escher Tageblatt. Es erscheint wieder seit dem 19. Oktober 1940, dem Tag der Großkundgebung Gustav Simons auf dem Brillplatz, diesmal als „amtliches Organ der Volksdeutschen Bewegung für den Industriekreis Esch“.

„Kunstkreis“, Presse und Großveranstaltungen werden von der Außenstelle des Reichspropagandaamtes direkt organisiert oder unterstützt. Bei der Gründung des Verbandes der deutschen Presse in Luxemburg (Mai 1941) verpflichtet Gaupropagandaleiter Urmes die Schriftleiter durch Handschlag auf ihre Mission.