Luxemburg-StadtProbleme mit dem Schulsport: 60 Prozent der Sechstklässler sind Nichtschwimmer

Luxemburg-Stadt / Probleme mit dem Schulsport: 60 Prozent der Sechstklässler sind Nichtschwimmer
 Foto: Pixabay

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Mitte Juni wurde die Schulorganisation für das kommende Jahr im hauptstädtischen Gemeinderat vorgestellt. Bei der anschließenden Diskussion stand die missliche Lage des Schulsports im Mittelpunkt. Vor allem in puncto Schulschwimmen gibt es erheblichen Nachholbedarf.

Die Schlussfolgerung im Bericht des Schulsportkoordinators klingt dramatisch: „Eise Stater Schoulsport-System steet op ganz wackelege Been a riskéiert an de Koup ze falen.“ Demnach hinkt die Hauptstadt vor allem in Sachen Schulschwimmen dem Rest des Landes weit hinterher. Wie die zuständige Schöffin Colette Mart (DP) zugeben musste, können lediglich 40 Prozent der Schüler nach der sechsten Klasse schwimmen. Gründe hierfür scheint es mehrere zu geben.

Wie dem Bericht zu entnehmen ist, erhalten landesweit insgesamt 72 Prozent der Spielschulkinder regelmäßigen Schwimmunterricht – mindestens jede zweite Woche –, in der Hauptstadt sind es aber nur 30 Prozent. Konkret heißt dies: Von den 87 Klassen können nur 26 regelmäßig ein Schwimmbad besuchen. Das Hauptproblem ist zum einen die fehlende Infrastruktur. Ganz dringend gebraucht würden Schwimmbecken im Nordteil der Stadt, um wenigstens die Schwimmstunden für den Zyklus 2 zu garantieren, schreibt Schulsportkoordinator Alain Jung. Aber auch in Dommeldingen und Gasperich fehlten seit Jahren entsprechende Einrichtungen.

In ihrer Antwort auf diesbezügliche Kritiken von „déi Lénk“ verwies die zuständige Schöffin Simone Beissel (DP) auf die Fertigstellung eines neuen Schwimmbeckens auf Cents hin. Dieses sei „in absehbarer Zeit“ fertig. Allerdings steht im erwähnten Bericht, mit einer Eröffnung könne nicht für die „Rentrée“ 2020 gerechnet werden. Und ob sie im Laufe des Jahres stattfinden könnte, ist ebenfalls noch nicht bekannt. Auf jeden Fall würde die Einrichtung auf Cents die Kapazitäten drastisch erhöhen. Vor allem die Kinder des Zyklus 2, die im Kindergarten auf den Schwimmunterricht verzichten mussten, könnten darauf zurückgreifen.

Für ein Schwimmbecken auf Kirchberg fehle zurzeit noch ein geeignetes Grundstück, sagt Beissel. In Cessingen sei mittlerweile ein Grundstück für eine neue Sporthalle mit Schwimmbecken gefunden worden. Das Projekt in Dommeldingen befinde sich in Planung.

Bademeistermangel

Die bereits bestehenden Badeanstalten in Bonneweg, Limpertsberg, Belair, Gasperich und im Bahnhofsviertel seien mehr als ausgelastet. Kindergarten-Klassen mussten sogar ihre Schwimmstunden abgeben, um andern Zyklen Platz zu machen. Dass nur 30 Prozent der Kinder des ersten Zyklus schwimmen gingen, würde jedoch niemanden in der Hauptstadt stören, bedauert der Berichterstatter. Der Infrastruktur-Mangel habe bereits in den 2000er Jahren dazu geführt, dass man auf die „Silence“-Stunden ausgewichen sei. Doch ab der kommenden „Rentrée“ werde es auch während dieser Zeitspanne keinen Schwimmstunden mehr geben.

In ihrer Antwort auf die Kritiken verweist Beissel darauf, dass das Problem Schulschwimmen nicht nur der fehlenden Infrastruktur geschuldet sei. Theoretisch könnten ohne Weiteres zwei Schulklassen gleichzeitig ein Schwimmbecken benutzen (nach den Covid-19 Einschränkungen wohlgemerkt), doch hier wird ein weiteres Problem deutlich: Es gibt nicht ausreichend Bademeister. Offensichtlich, so Beissel, sei die Tätigkeit nicht mehr attraktiv genug. Das hänge wohl vor allem mit den veränderten Ausbildungen zu tun. Früher fanden die Bademeisterkurse außerhalb der normalen Arbeitszeiten statt. Das hat sich jedoch mittlerweile geändert. Heute dauert die Berufsausbildung drei Jahre. „Wer gibt schon seinen Beruf auf, um eine solche Ausbildung zu machen?“ 

Dann wurden die Lehrer gebeten, den Schwimmunterricht abzuhalten. Allerdings habe auch das nicht die gewünschten Resultate erbracht, was allerdings wohl auch damit zusammenhänge, dass das Lehrpersonal im Gegensatz zu den Bademeistern nur eine Basisausbildung in Sachen Schwimmen erhalte. 

Überfüllte Turnhallen

Das Problem der fehlenden Infrastruktur wirke sich auch auf den Turnunterricht aus. Etliche Turnhallen, beispielsweise auf Cents, in Gasperich oder in Bonneweg-Verger, seien zu klein und deswegen komplett überlaufen. Einige Schüler müssten mit dem Bus in ein anderes Viertel fahren, was einen erheblichen Zeitverlust mit sich bringe. In der rue des Ardennes in Bonneweg bestehe dieses Problem seit nunmehr acht Jahren, moniert der Schulsportkoordinator. Kritik gibt es auch im Hinblick auf die nicht mehr zeitgemäße und unhygienische Ausstattung einiger Turnhallen mit Teppich-Mauren.

Ein weiteres Problem stellt die Personalentwicklung dar. Jahrelang sei es das Ziel gewesen, Schulsportstunden zur Hälfte von Grundschullehrern und zur Hälfte von diplomierten Sportlehrern anzubieten, was die Idealvoraussetzung wäre. Im aktuellen Schuljahr wurden von den 648 Sportstunden allerdings nur 31 Prozent von Grundschullehrern gehalten. Viele würden sie abgeben. Hinzu kommt, dass in drei Jahren die Anzahl der diplomierten Schulsportposten um 30 Prozent verringert wurde: von 10 auf sieben Posten, gegen das Gutachten der Schulkommission und der 19 Schulkomitees. Diese hatten für die kommende „Rentrée“ 12,25 diplomierte Schulsportexperten gefordert. 

Die Lasep

In ihrer Stellungnahme zum Schulsport sprach die zuständige Schöffin Simone Beissel kurz die Probleme der Lasep an. Die „Ligue des associations sportives de l’enseignement fondamental“ bietet seit 1964 außerschulische Sportaktivitäten an. Laut Beissel sei sie in der Hauptstadt „total eingebrochen“, weil die Lehrer sich nicht mehr dafür hergeben würden.
Den Ausdruck „total eingebrochen“ findet Lasep-Vizepräsidentin Nicole Kuhn übertrieben. Die Lage in der Hauptstadt sei zwar beunruhigend, aber noch lange nicht dramatisch: Es gebe in der Tat einige Viertel ohne Lasep-Sektion, darunter Eich, Dommeldingen und Weimerskirch. Doch sie sei guter Dinge, dass sich das bis zur „Rentrée“ noch ändern werde. In der Hauptstadt sei der politische Willen vorhanden, was nicht immer der Fall sei. Kuhn bestätigt dem Tageblatt gegenüber allerdings den Trend, dass immer weniger Lehrpersonal in der Lasep aktiv ist.
Momentan setzt sich der Betreuerstab der Vereinigung zu rund einem Drittel aus Lehrern und Lehrerinnen, zu einem Drittel aus Erziehern und Erzieherinnen der „maison relais“ und für den Rest aus Personen von außerhalb zusammen. Obwohl dem Lehrpersonal eine „décharge“ für die Lasep-Stunde zustehe, meldeten sich immer weniger Lehrer und Lehrerinnen und die Anzahl der Betreuer aus den „maison relais“ steige.
Die Lasep ist in 71 Gemeinden mit 700 Betreuern für rund 7.000 Kinder vertreten. Ihr großer Wunsch sei zwar, dass in jeder Gemeinde eine Lasep-Sektion existiere, doch dies sei nur über direkte Kontakte möglich, sagt Kuhn. Man müsse persönlich mit den Leuten vor Ort reden, was zeitaufwendig sei. Es gebe in der Tat „Lücken“ im Norden. Am besten sei die Lasep im Süden vertreten.
Die insgesamt 700 Betreuer reichten nicht aus – vor allem nicht, um einen Pool an Ersatzleuten zu garantieren. Ist jemand krank, der in dieser Sektion eine „one-man show“ durchzieht, fällt die Stunde aus. 
Man müsse wissen, dass die Betreuer der Lasep auf freiwilliger Basis arbeiten. Die finanzielle Aufwandsentschädigung betrage seit vielen Jahren 25 Euro pro Stunde. Man habe einen Antrag gestellt, umden Betrag auf 30 Euro zu erhöhen.
Auf nationaler Ebene bestehe eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Schulministerium, allerdings lasse der Dialog mit dem Sportministerium zu wünschen übrig, Aus Sicht von Nicole Kuhn fehle eindeutig ein nationaler Koordinator für den Schulsport, und zwar für alle Schüler bis 19 Jahre. Enrtäuscht zeigt sie sich vom COSL („Comité olympique et sportif luxembourgeois“): Dort gebe es zwar eine Kommission für Schulsport, doch während der Covid-Zeit „huet déi sech net geréiert“.
Die Lasep hat ihre Aktivitäten seit der „rentrée 2.0“ übrigens für dieses Schuljahr nicht mehr wiederaufgenommen. Es sei unmöglich, die Trennung der Gruppen zu gewährleisten, da Kinder aus unterschiedlichen Klassen in den Lasep-Sektionen vertreten sind, und die Covid-19-Regeln umzusetzen. Kopfzerbrechen bereitet Kuhn der Gedanken zu einer eventuellen Planung der Schulorganisation, bei der der Stundenplan  8 bis 13 Uhr beibehalten würde. Das würde der Lasep die Organisation von Sportnachmittagen erheblich erschweren.

Ernest Joseph
3. Juli 2020 - 1.01

An dësem Artikel stin eng ganz Rei falsch Interpretatioune vun de Fakten. Am Cycle 4.2 kënnen déi allermeescht Kanner schwammen wann si dann 5 Joer virdrun an der Stad Lëtzebuerg an der Schoul waren. Allerdings gin hir Kapazitéiten net ëmmer duer fir de Brevêt Sportif ze packen, plus minus 1'10" op 50 meter. D'Schwämm um Cents as keng nei Schwämm, me eng déi déi al, déi viru 4 (!) Joër ofgerappt gouf, ersetzt. D'Schwämm zu Dummeldéng gouf viru méi wéi 5 Joër zougemaach an net ersat, saitdem gëtt et e Problem mat de Kapazitéiten. Contrairement zu der Ausso am Artikel gin all Schwammstonnen a 25-Meter Bassenger mat 3 an net 1 Klass glaichzaiteg beluecht. Spillschoulsklassen gin "hir" Schwammstonnen net of, si hu ken obligatoresche Schwammunterricht, Primärschoulklassen si do prioritär, wa Plaz bleiwt kann d'Spillschoul och schwamme goen. Den Haaptproblem as a bleiwt de grousse Retard den an der Planung vun de Sportsinfrastrukture besteht.

Anatole
2. Juli 2020 - 16.34

...und 100% der Erstklässler sind Analphabeten. Wenn die Kids in 6 Jahren nicht schwimmen gelernt haben, dann sind die Lehrer Schuld, beim Freischwimmen kann man schließlich nicht faken oder abschreiben.