ParlamentRegierung lehnt Corona-App weiterhin ab

Parlament / Regierung lehnt Corona-App weiterhin ab
Im September soll die Schule normal anlaufen, so Minister Meisch Foto: dpa/Boris Roessler

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Fragen an die Regierung standen im Mittelpunkt der Parlamentssitzung vom Dienstag. Bevor die Abgeordneten die Minister mit vielfältigen Themen konfrontierten, deponierte Yves Cruchten (LSAP) eine Motion und David Wagner („déi Lénk“) eine Resolution, beide gegen die geplante Annexion des Westjordanlands durch Israel gerichtet.

Auf entsprechende Fragen von Viviane Reding (CSV) und Sven Clement (Piraten) erklärte Staatsminister Xavier Bettel, wieso die Regierung zum aktuellen Zeitpunkt einer Tracing-App, mit der das Coronavirus und seine Verbreitung digital verfolgt werden soll, skeptisch gegenübersteht.

Die mögliche Nutzung der in Deutschland entwickelten App, die auch in Luxemburg heruntergeladen und genutzt werden kann, hänge an einer Nutzungsquote von 60 Prozent der Gesamtbevölkerung, die aktuell nicht erreicht ist. Zudem sei eine solche App eine doch recht invasive Methode der Überwachung. Beim analogen System, wie es in Luxemburg durch die Verfolgung der Infektionsketten durch Menschen und mit Telefongesprächen praktiziert wird, sei die Fehlerquote niedriger als bei der digitalen Methode. Eine solche App würde nur eingesetzt, wenn es keine andere Wahl mehr gebe, so Bettel.

Wirtschaftsminister Franz Fayot ging anschließend auf die Teilschließung des Guardian-Werkes in Düdelingen ein. Im Düdelinger Werk werde der Glasofen heruntergefahren, die anderen Bereiche der Fabrik seien nicht betroffen. Die beiden Guardian-Standorte Düdelingen und Bascharage planten eine Fusion. Der Glasofen in Bascharage, der noch eine Laufdauer von 18 bis 24 Monate hat, werde, so Fayot, 2022 durch einen moderneren, nachhaltigeren ersetzt; ein Abbau im Bascharager Werk sei nicht vorgesehen. Zurzeit verhandelten die beiden Personaldelegationen mit den Direktionen. Insgesamt arbeiten rund 500 Menschen bei Guardian. 

Normale Schule im September

Auf Nachfrage von Francine Closener (LSAP) erklärte Bildungsminister Claude Meisch (DP), im September sei eine reguläre „Rentrée“ geplant. Dies sei aber von den sanitären Rahmenbedingungen zum Schulbeginn abhängig. Meisch zog eine positive Bilanz des nun wieder kompletten Schulbetriebs mit ganzen Klassen. Die Schüler seien alle sehr diszipliniert gewesen, so der Minister.

Arbeitsminister Dan Kersch kündigte die Umsetzung einer EU-Direktive in nationales Recht an, die der Gewerbeinspektion ITM mehr Möglichkeiten gebe, die Unterbringungen von Saisonarbeitern zu kontrollieren. Charles Margue („déi gréng“) hatte, besorgt über die Zustände in der deutschen Fleischindustrie, nachgefragt.

Sechs erweiterte Fragen standen anschließend auf der Tagesordnung. Marc Lies, der den „Plan sectoriel logement“ als ideologisch geprägt und wenig effizient darstellte, wollte mehr Details zu eben diesem Instrument der Landesplanung. Im September könnten die Wohnungsbauprojekte, etwa in Düdelingen oder Wiltz, angegangen werden, so Minister Claude Turmes („déi gréng“), der besonders auf die 30 Prozent günstigeren Wohnungen verwies, die im Rahmen des sektoriellen Plans gebaut werden. Auf 481 Hektar sollen 20 Projekte realisiert werden.

André Bauler (DP) hob die Vorzüge der Kreislaufwirtschaft hervor. Materialsparend, umweltschonend und abfallsparend sei diese Form der Wirtschaft, so der Abgeordnete, der die Position der Regierung im Rahmen des ökonomischen Neustarts hören wollte. Turmes und Fayot verwiesen darauf, dass die „économie circulaire“ ein zentraler Bestandteil der Maßnahmen zum Schutz der Ökosysteme sei. Der Staat unterstützt entsprechende Projekte finanziell, logistisch und beratend.

Ein Beispielprojekt für diese Form der Wirtschaft sei der Luxemburger Pavillon der Weltausstellung in Dubai, der nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft realisiert wurde. 

Vum Feld op den Teller

Wie das neue europäische Prinzip der Landwirtschaft „from the farm to the fork“ in Luxemburg umgesetzt werden könne und welche Hürden bestünden, wollte Gusty Graas (DP) wissen. Landwirtschaftsminister Romain Schneider (LSAP) sieht viele Übereinstimmungen mit der nationalen Agrarpolitik, die u.a. als Ziel für 2025 hat, dass 20 Prozent der Betriebe biologisch produzieren. Luxemburg habe als bisher einziges Land in der EU Glyphosat ab 2021 verboten. Die EU-Strategie einer nachhaltigen, regionalen Landwirtschaft passe in die Strategie Luxemburgs. Die Lebensmittelproduktion müsse aber die Hauptaufgabe der Landwirtschaft bleiben, deshalb dürften die Landwirte nicht mit übermäßiger Bürokratie belastet werden.

Die hohe Jugendarbeitslosigkeit beschäftigt Paul Galles (CSV). Diese sei in Luxemburg, laut Eurostat-Zahlen, die dritthöchste in der Union. Arbeitsminister Dan Kersch teilt die Sorgen des Abgeordneten, verwies aber auf eine andere Methode der Bestandsaufnahme von Eurostat, die sich von der nationalen Adem-Methode unterscheide. 12,8 Prozent der Jugendlichen unter 29 seien arbeitslos, die Lage werde sich bis zum Herbst nicht verbessern. Kersch zählte eine Reihe von Programmen und Maßnahmen auf, die dem Phänomen entgegenwirken sollen. Die Arbeitsmarktverwaltung habe 32 Berater speziell zur Betreuung von Arbeitssuchenden unter 29 abgestellt.

Das Thema werde wie die allgemeine Arbeitslosigkeit während der Tripartite am kommenden Freitag behandelt, so der Arbeitsminister. Mit zwei Fragen zum Freizeitpark Stausee und den vielen Corona-Masken, die in der Natur landen, wurde die Sitzung beendet.