Escher GeschäftsweltSieben Wochen nach der Wiedereröffnung beginnt der Saisonschlussverkauf

Escher Geschäftswelt / Sieben Wochen nach der Wiedereröffnung beginnt der Saisonschlussverkauf
Seit sieben Wochen haben die Läden in Esch wieder geöffnet. Die Solidarität unter den Geschäftsleuten ist laut Acaie-Präsident Nicolas Kremer seitdem stärker als zuvor.  Foto: Editpress/Julien Garroy

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Vor sieben Wochen atmeten die Geschäftsleute in ganz Luxemburg auf. Nach zwei Monaten Zwangsschließung durften sie ihre Türen endlich wieder öffnen. Seitdem ist das Geschäftsleben in Esch trotz Hygienemaßnahmen langsam, aber sicher wieder angelaufen. Lokale Geschäftsleute und die Acaie („Association des commerçants, artisans et industriels d’Esch-sur-Alzette“) blicken positiv auf den ungewohnten Neustart zurück – und optimistisch in die Zukunft.

Neues Jahr, neuer Präsident und ein verjüngtes Team. Mit dem frischen Wind im Escher Geschäftsverband sollte auch ein frischer Wind durch die Alzettestraße zu wehen. Doch kaum hatten Acaie-Präsident Nicolas Kremer und sein Team die Ärmel hochgekrempelt, trat das Worst-Case-Szenario ein: Am 16. März mussten sämtliche Läden und Restaurants des Landes auf unbestimmte Zeit ihre Türen schließen. Die ersten Events, die sich der neue Geschäftsverband überlegt hatte, blieben zunächst nur Ideen.

Der neue Vorstand des Escher Geschäftsverbandes, der im Februar gewählt wurde, wollte gerade loslegen, als der Lockdown dazwischenfunkte
Der neue Vorstand des Escher Geschäftsverbandes, der im Februar gewählt wurde, wollte gerade loslegen, als der Lockdown dazwischenfunkte Foto: Melody Hansen

Am 30. März, dem „Bretzelsonndeg“, hätte es voller Elan losgehen sollen. Gemeinsam mit dem lokalen „Syndicat d’initiative“ hatte die Acaie diverse Animationen geplant, um die längste Einkaufsstraße des Landes mit Leben zu füllen. Jeder Kunde hätte zu seinem Einkauf in einem der teilnehmenden Läden eine Brezel dazubekommen. „Wir hatten 2.700 Brezeln bestellt – und eine Riesenbrezel. Zum Glück konnten wir die noch stornieren, sonst würden wir jetzt noch davon essen“, sagt Nicolas Kremer, der mittlerweile darüber lachen kann. Fürs Osterwochenende, knapp zwei Wochen später, hatte sich die Acaie ebenfalls Animationen überlegt. Unter anderem war eine Ostereiersuche für die Kinder angedacht.

Auch die traditionelle Braderie am ersten Juni-Wochenende fiel der sanitären Krise zum Opfer. Dabei wäre mit dem neuen Vorstand einiges anders gewesen als in den Jahren zuvor: „Wir wollten nur noch lokale Händler teilnehmen lassen“, sagt Nicolas Kremer. Die sogenannten „fliegenden Händler“ seien von jetzt an nicht mehr auf den Braderien und Straßenmärkten in Esch erwünscht. Um den dadurch frei gewordenen Platz zu füllen, arbeitet die Acaie mit anderen Geschäftsverbänden des Landes zusammen. „Wir laden deren Händler ein, einen Stand in Esch aufzubauen“, erklärt Kremer. Eines der Hauptziele der Acaie ist es, das lokale Einkaufen nach vorne zu bringen.

Laut Nicolas Kremer sei die Wiedereröffnung in Esch ein Erfolg gewesen. „Der Vorteil im Gegensatz zur Hauptstadt ist, dass die Menschen hier wohnen. Sie waren froh, dass sie wieder raus durften und sind in die Läden gekommen“, sagt er. Auch unter den Geschäftsleuten sei seit dem 11. Mai eine enge Solidarität entstanden: „Allgemein ist die Stimmung gut. Geschäfte bieten Restaurants an, ihre Terrasse bis vor deren Laden auszubreiten.“.

Die Wiedereröffnung in Esch war ein Erfolg. Der Vorteil im Gegensatz zur Hauptstadt ist, dass die Menschen hier wohnen. Sie waren froh, dass sie wieder raus durften und sind in die Läden gekommen.

Nicolas Kremer, Präsident der Acaie

Ihm zufolge gibt es bisher keine Läden in Esch, die nach dem Lockdown nicht mehr öffnen konnten. „Ein Geschäft mit gesunden Finanzen kommt in der Regel zwei Monate über die Runden“, sagt er. Der Kleiderladen „Pimkie“ habe nicht wieder geöffnet, dessen Schließung sei jedoch schon vor der Krise beschlossen gewesen. Auch das Accessoires-Geschäft „Claire’s“ hatte noch bis vergangenen Mittwoch geschlossen. Aus dem Laden heißt es, dass dies an der Abhängigkeit zu England liegt. Dort wurde der Lockdown verlängert, sodass die Kette auch Filialen außerhalb des Vereinigten Königreichs schließen ließ.

Lara Grilli leitet das Familienunternehmen „Italianstyle“, das seit über 40 Jahren Mode in Esch verkauft. Als sie das Geschäft am 11. Mai geöffnet hat, sei es zu einem regelrechten Ansturm gekommen. „Unsere Kunden sind uns größtenteils treu geblieben“, sagt sie, „aber es fehlen auch noch einige – hauptsächlich die Älteren.“ Grilli hofft jetzt auf den Saisonschlussverkauf, der am Wochenende angelaufen ist und noch bis zum 25. Juli dauert. Die Anzahl an Kleidern, die während der Schließung im Lager liegen geblieben ist, halte sich in Grenzen, berichtet Grilli. Sie findet es schade, dass so viele Verkäufer in Esch sofort nach der Wiedereröffnung Prozente auf ihre Ware gegeben hätten. „Dadurch hatten wir überhaupt keine normale Saison. Wenn ein Geschäft dauernd reduzierte Preise anbietet, zögern die Kunden irgendwann, zum normalen Preis einzukaufen.“

Die Boutique „Italianstyle“ hat ihren Platz bereits seit 40 Jahren in der Alzettestraße. Lara Grilli (M.) hat das Familienunternehmen mittlerweile von ihren Eltern übernommen.
Die Boutique „Italianstyle“ hat ihren Platz bereits seit 40 Jahren in der Alzettestraße. Lara Grilli (M.) hat das Familienunternehmen mittlerweile von ihren Eltern übernommen.  Foto: Editpress/Julien Garroy

Lara Grilli ist zudem der Auffassung, dass der Saisonschlussverkauf in diesem Jahr etwas zu früh anfängt. „In Frankreich und in Belgien wurde er wegen der Pandemie verlegt“, sagt sie. In Frankreich startet die Schnäppchenjagd am 15. Juli statt am 24. Juni, in Belgien sogar erst am 1. August statt am 1. Juli – und dauert jeweils einen Monat.

Nelly Barbadori ist Geschäftsführerin des Kindermodeladens „Minimod‘“. Sie hat sofort nach der Wiedereröffnung 20 Prozent Rabatt auf ihrer Ware angeboten. „Die Kunden sind gekommen und haben davon profitiert“, sagt sie. Dadurch hätten auch viele mehr gekauft als in normalen Zeiten – auch um den Laden zu unterstützen, glaubt Barbadori. „Zwei Monate können wir nie ganz aufholen, aber einen Teil davon haben wir geschafft.“

Ob sie die Ware im Lager, die in der Zeit des Lockdowns nicht verkauft werden konnte, noch loswird, wird sich erst mit dem Saisonschlussverkauf zeigen. Dass dieser in Luxemburg zu früh losgeht, findet sie nicht unbedingt. „Zumindest sind wir vor Frankreich und Belgien und verlieren unsere Kunden nicht an die Nachbarländer“, meint sie.

Dass die Kunden immer noch etwas unsicher sind, bemerkt Rita Eusebio, Verkäuferin bei „Chaussures Haas“. Andere kaufen jedoch umso lieber ein, weil sie so lange zu Hause waren. „Bei uns läuft das Geschäft seit der Wiedereröffnung gut. Wir haben aber auch das Glück, dass wir fast das einzige Schuhgeschäft in der Alzettestraße sind“, sagt sie. Lieferungen, die vor dem Lockdown im Laden angekommen waren, konnten zurückgeschickt werden. „So gesehen bleiben wir nicht auf der Ware in unserem Lager sitzen.“

Rita Eusebio ist Verkäuferin im Schuhgeschäft „Haas“. Nach sieben Wochen bemerkt sie, dass die Kunden nach wie vor unsicher sind.
Rita Eusebio ist Verkäuferin im Schuhgeschäft „Haas“. Nach sieben Wochen bemerkt sie, dass die Kunden nach wie vor unsicher sind.  Foto: Melody Hansen

Bei „Yves Rocher“ hat es laut Geschäftsleiterin Annabelle Hap in den ersten drei Wochen nach der Wiedereröffnung einen enormen Ansturm gegeben. „Vor allem in unserem Institut, wo wir Schönheitsbehandlungen anbieten, waren wir in der ersten Zeit ausgebucht“, berichtet sie. Darauf folgten zwei sehr ruhige Wochen. Inzwischen steige die Zahl der täglichen Kunden wieder an. Hier im Zentrum hänge der Zulauf sehr stark vom Wetter ab.

Den größten Verlust macht „Yves Rocher“ beim Verkauf von Make-up. Weil die Kunden aufgrund der Hygienemaßnahmen keine Tester benutzen dürfen, kaufen sie viel weniger Produkte. „Wir werden den Verlust der beiden Monate nie aufholen“, glaubt Annabelle Hap. Wenn das Wetter gut bleibt, ist sie jedoch zuversichtlich, dass es dem Laden bald wieder besser geht.

Dazu versucht auch die Escher Gemeinde ihren Teil beizutragen. Mit dem Projekt „Claire présente“ stellt die Stadt jeden Tag ein lokales Geschäft auf der eigenen Facebook-Seite vor. Zudem beschlossen die Räte in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Freitag einstimmig, den lokalen Händlern eine Direkthilfe von 1.000 Euro zukommen zu lassen. Als Geste der Solidarität, wie Schöffe Pim Knaff es nannte. Zudem erhöhte die Stadt den Zuschuss des Geschäftsverbandes für 2020 von 20.000 auf 45.000 Euro.

Die Geschäftsleute sollen davon profitieren, dass der Saisonschlussverkauf in Luxemburg vor dem in Belgien und Frankreich anfängt, findet Acaie-Präsident Nicolas Kremer.
Die Geschäftsleute sollen davon profitieren, dass der Saisonschlussverkauf in Luxemburg vor dem in Belgien und Frankreich anfängt, findet Acaie-Präsident Nicolas Kremer.  Foto: Editpress/François Aussems

„Eng gutt Saach“, findet Acaie-Präsident Nicolas Kremer, der allgemein die gute Zusammenarbeit mit Gemeinde und „Syndicat d’initiative“ lobt. Auch die Tatsache, dass der Saisonschlussverkauf in diesem Jahr so früh beginnt, sieht er positiv. „Wir sind einmal vor den anderen, die Lager der Geschäftsleute sind voll – das gilt es auszunutzen“, findet er.

Wenn alles gut geht, kann der Geschäftsverband das neue Modell für Straßenmärkte erstmals am 14. Juli, der „Journée francaise“, in die Tat umsetzen. Zwischen 8 und 18 Uhr bieten ausschließlich lokale Händler ihre Waren in der Alzettestraße an. Daneben sind Animationen vorgesehen. „Wir wollen, dass die Menschen wieder Lust haben, hierzubleiben“, sagt der Acaie-Vorsitzende. Morgens um zu bummeln, mittags um etwas zu essen und nachmittags um es sich auf einer Terrasse gemütlich zu machen.