Umgehungsstraße BascharageAbgeordnete sollen mit falschen Zahlen getäuscht worden sein

Umgehungsstraße Bascharage / Abgeordnete sollen mit falschen Zahlen getäuscht worden sein
Pressekonferenz im Sassenheimer Rathaus (v.l.n.r.): Patrizia Arendt (BIGS), Bianca Leardini (BIGS), Francis Hengen (Méco-Sud) und Jean-Marie Haas (natur&ëmwelt Gemeng Suessem) Foto: Editpress/Alain Rischard

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Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten drei Vereinigungen am Mittwoch den sofortigen Stopp der Planungen zur Umgehungsstraße Bascharage. Der Grund: Bei der Abstimmung im Parlament im Juli 2018 sollen die Abgeordneten nicht das aktuelle Zahlenmaterial erhalten haben. Demnach konnten sie sich auch kein richtiges Bild von der Situation machen. Der Streit um den „Contournement“ geht demnach in die nächste Runde.  

Patrizia Arendt von der Sassenheimer Bürgerinitiative (BIGS) ist formell: „Das von den Deputierten gestimmte Gesetz für den Bau einer Umgehungsstraße ist nicht demokratisch, denn es wurde im Bericht mit überholten Zahlen gearbeitet. Demnach sind die Deputierten hinters Licht geführt worden.“ Mit Zahlen meint Arendt die in Bascharage gemessenen Stickstoffdioxidwerte. Diese seien von der Berichterstatterin Josée Lorsché („déi gréng“) im Gesetzentwurf mit teilweise über 80 Mikrogramm pro Kubikmeter angegeben worden. Der Grenzwert liegt bei 40. Allerdings handele es sich dabei um Tageswerte, sagt Patrizia Arendt, die für „déi Lenk“ im Sassenheimer Gemeinderat sitzt: „Mir ist schleierhaft, warum da nicht die Jahres-Durchschnittswerte genommen wurden.“ Und noch etwas stößt ihr bitter auf: Lorschée bezog sich auf Werte aus dem Jahr 2008, also auf Werte, die damals bereits zehn Jahre alt waren. Und das, obwohl es viel neuere Werte gebe.

Und die sprechen eine andere Sprache: Zwischen 38 (2017, 2019) und 42 (2018) liegen die Zahlen der vergangenen vier Jahre, was also im Bereich der EU-Grenzwerte liegt. In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Bascharager LSAP-Abgeordneten Yves Cruchten vom Februar 2020 bezieht sich Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) ebenfalls auf einen Jahresmittelwert von 57, was für Arendt und ihre Mitstreiter nicht nachvollziehbar ist. Denn das sei der Wert aus dem Jahr 2010/2011 gewesen. Zu guter Letzt habe auch Käerjengs Bürgermeister Michel Wolter (CSV) mit falschen Zahlen operiert, als er von 25.000 Bewegungen pro Tag in der Bascharager Avenue de Luxembourg sprach. In Wirklichkeit seien es durchschnittlich weniger als 14.000 Verkehrsbewegungen täglich, wie die Straßenbauverwaltung im Juni 2018 ermittelte. 

Für Francis Hengen vom „Mouvement écologique Süden“ ist die Sache demnach klar: Die Abgeordneten seien mit falschen Zahlen hinters Licht geführt worden, weshalb es jetzt Zeit für ein „Moratorium“, ein Nachverhandeln des Gesetzes, sei, einhergehend mit dem direkten Stopp aller Planungen und Vorbereitungen. Dementsprechend habe man die Abgeordneten am Mittwoch angeschrieben, um auf die alten und unzuverlässigen Zahlen hinzuweisen, mit denen im Gesetzesprojekt hantiert wurde. 

Das Dossier ist deshalb brisant, weil die 4,2 km lange Umgehungsstraße zwischen Bascharage und der „Collectrice“ (veranschlagte Kosten: 138 Millionen Euro) mitten durch den „Bobësch“ und durch eine Natura-2000-Zone gebaut werden soll. Um aus Brüssel für ein solches Vorhaben grünes Licht zu erhalten, müsse die Regierung nachweisen, dass alle anderen Maßnahmen zur Reduzierung der Stickstoffdioxidwerte der betroffenen Gemeinde nicht gefruchtet hätten, erklärt Hengen. Von dem Maßnahmenkatalog, den BIGS, Méco-Sud und die „natur&ëmwelt“-Sektion Suessem ausgearbeitet haben, sei aber keine einzige in Bascharage umgesetzt worden. Jean-Marie Haas von „natur&ëmwelt“ warnte vor dem großen Verlust an Lebensraum und Biodiversität im Falle des Baus der Umgehungsstraße. Die Baustelle, für die immerhin eine Dauer von fünf Jahre veranschlagt ist, würde ebenfalls viel in der Umgebung zerstören und für reichlich Lärm- und Luftbelastung sorgen.

Das Fazit von Francis Hengen lautet: „Es ist ein Projekt aus dem letzten Jahrhundert, das schon allein durch die Fortschritte der letzten Jahre im Umweltschutz überholt ist.“ Mit nachhaltiger Mobilitätspolitik habe die Umgehungsstraße nichts zu tun, denn da gehe es darum, nichts mehr zu unterstützen, das den motorisierten Individualverkehr nutze. 

Die Bascharager Umgehungsstraße

Die Umgehungsstraße Bascharage ist das, was man einen Dauerbrenner nennt. Seit der Schaffung der Industriezone „Bommelscheuer“ am Ausgang von Bascharage in Richtung Schouweiler in den 1970er Jahren ist das Thema Umgehungsstraße aktuell. Denn der Verkehr quält sich auf einer einzigen Straße, der N5, durch das Brauereistädtchen, was in Stoßzeiten für einen regelrechten Verkehrskollaps und dementsprechend hohe Luftverschmutzung sowie Lärmbelästigung sorgt.
Im Juli 2018 setzte das Parlament den jahrelangen Auseinandersetzungen um das Projekt ein Ende, indem es dem Bau der 4,2 Kilometer langen Trasse mit großer Mehrheit zustimmte. Aus Protest waren die Sassenheimer Abgeordneten Georges Engel und Simone Asselborn-Bintz nicht zur Abstimmung auf dem Krautmarkt erschienen.
Die Trasse vom Ortsausgang in Käerjeng bis zur „Collectrice du Sud“ verläuft größtenteils auf Sassemheimer Boden und durchquert u.a. eine Natura-2000-Zone. Die Sassenheimer Gemeindeverantwortlichen hatten jahrelang gegen das Vorhaben protestiert, konnten schlussendlich jedoch nichts ausrichten, da es sich im Vorhaben um eine Straße des „öffentlichen Interesses“ handelt, die Zuständigkeit damit alleine beim Staat liegt.
Ein immer wiederkehrendes Argument für den Bau waren die Messungen der Luftbelastung im Ortskern von Bascharage, die sich allerdings auch ohne Umgehungsstraße im Laufe der Zeit deutlich verbessert haben. 2014 kam es sogar zu einem Protestmarsch von Sassenheimer Bürgern.
Baubeginn der 139 Millionen Euro teuren, zweispurigen Straße soll Ende 2021 sein. Die Genehmigungsprozeduren sollen bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Für die Dauer der Arbeiten sind vier Jahre veranschlagt. Wegen der Natura-2000-Zone und den mit dem Bau verbundenen Abholzungsmaßnahmen ist die Regierung zu Ausgleichsmaßnahmen gezwungen.

So soll der Streckenverlauf der Umgehungsstraße aussehen
So soll der Streckenverlauf der Umgehungsstraße aussehen Quelle: Mobilitätsministerium

   

Grober J-P.
25. Juni 2020 - 17.02

Stau auf der A13 ist so vorprogrammiert und das bis nach Sanem zurück.

Jerry Scholer
25. Juni 2020 - 11.55

Virun Joeren sin der ungetrueden , ferm duerechzeleften. Ausser dat dem Bierger sain Portemonni duerechgeleftet get, hien mat emmer neien Virschreften an Verbueder beluecht get, war et dat wuel.

Claude Oswald
25. Juni 2020 - 11.15

Hunn eis Deputéiert dann de Courage zouzeginn, dass se sech geiert hunn, oder dass se sech täusche gelooss hunn ?