Nachruf„Kettchen“ Linden – ein Stück Kayl hat uns verlassen

Nachruf / „Kettchen“ Linden – ein Stück Kayl hat uns verlassen
Anne-Catherine Linden-Hecker Foto: Gemeinde Kayl

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Anne Catherine Hecker wurde geboren in Bettingen bei Bitburg/Eifel, am 20. September 1935. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Bettingen. Ein Teil ihrer Kindheit war in die schrecklichen Umstände des Zweiten Weltkrieges gefallen. Seit dem Ende des Krieges, als sie 10-jährig war, war sie Zeugin einer selten gekannten Periode von Frieden, des Wiederaufbaus, nicht nur der Wirtschaft, sondern auch des Zusammenlebens der europäischen Völker.

Auf einem traditionellen Kirmesball in Heinerscheid lernte sie ihren zukünftigen Ehemann Marcel Linden kennen. Marcel Linden war gebürtig aus diesem Dorf im Ösling. Geheiratet haben sie in Kayl, am 18. Juni 1957, die Heirat wurde damals von Bürgermeister Joseph Mille vollzogen.

Ihr Ehemann wird in der Heiratsurkunde als „ouvrier d’usine“, also Schmelzarbeiter angegeben. Marcel war gelernter Schneider, hatte sich jedoch inzwischen für eine Arbeitsstelle bei ARBED-Schifflingen beworben. Der Schmelz hielt er bis zur Pensionierung die Treue.

Daraus kann man schlussfolgern, dass Marcel und Catherine wegen der Arbeit nach Kayl gezogen waren.
Ihr Sohn René erblickte im darauffolgenden Jahr, am 19. Juli 1958, das Licht der Welt. René begann im Lauf der Zeit krank zu werden und seine Gesundheit verschlimmerte sich in den folgenden Jahren. Er wurde nach und nach zum Pflegefall, liebevoll umsorgt von der Verstorbenen und ihrem Ehemann. René war denn auch der Dreh- und Angelpunkt von Kettchens Leben, seine Krankheit stellte einen tiefen Einschnitt im Leben der Verstorbenen dar. Sie trug dieses Schicksal mit Würde und der ihr ganz eigenen Energie.

Kettchen war während langen Jahren Geschäftsfrau. Auf Nummer 20 in der Handelsstraße in Kayl hatte das Ehepaar Linden-Hecker ein Konfektionsgeschäft, an das die ältere Generation sich heute noch gut erinnern kann. Sie kümmerte sich um die Bestellungen und pflegte den Kontakt mit der Kundschaft: Es gibt wenige Kayler, denen das Haus Linden und Kettchen kein Begriff waren.

Kettchen war aber auch die Frau hinter dem LSAP-Politiker und Vereinsmenschen Marcel Linden. Linden war von 1982 bis 2005 Mitglied des Kayler Gemeinderates und amtierte von 1985 bis 1993 als Schöffe unter Bürgermeister „Schnuck“ Plein.

Wer die Gemeindepolitik kennt, weiß, dass sie Knochenarbeit bedeutet und eine immerwährende Präsenz erfordert. Die politischen Ämter waren für Kettchen eine weitere Belastung. Man braucht nicht zu unterstreichen, dass unter diesen Umständen für die eigenen Ansprüche nur sehr wenig Platz übrigblieb.
Die kleine Statur unserer Verstorbenen und auch das Diminutiv „Kettchen“ stehen eigentlich in einem bemerkenswerten Kontrast zu dem, was sie jahrzehntelang leistete und an Energie aufbrachte. Nur selten und erst spät in ihrem Leben gönnte sie sich manchmal eine kurze Auszeit und verbrachte einige Tage in Ferien. Von diesen ungezwungenen Augenblicken redete sie gerne.

Irgendwann wurde die vierfache Belastung – pflegebedürftiger Sohn, Schmelz, Geschäft und Politik – dann doch zu viel für das Ehepaar. Im Laufe der 1980er Jahre wurde das Geschäft in der Handelsstraße geschlossen, blieb aber Wohnsitz der Familie.

Die liebevolle Pflege der Eltern konnte den Lauf von Renés Krankheit lindern, aber nicht aufhalten. René starb mit 43 Jahren am 14. Mai 2001.

Marcel zog sich im Jahr 2005 aus der aktiven Politik zurück. Beide behielten aber zeitlebens die lokale und nationale Politik im Blickfeld. Kein Tag verging ohne die morgendliche Lektüre des frisch gedruckten „Escher Tageblatt“. Kettchens Abo wurde nach dem Unfall vom 28. September 2019 ins Spital und danach ins Pflegeheim umbestellt.

Ihr Ehemann Marcel war am 10. August 2014 verstorben. Kettchen lebte seitdem allein in dem riesengroßen Haus und hielt es in Schuss. Am 28. September 2019 mit Hüftgelenkbruch ins Krankenhaus eingeliefert, verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand zusehends. Kettchen verstarb am 7. Juni 2020.
Mit „Kettchen“ ist ein Stück Kayler Nachkriegsgeschichte und eine wahrlich starke Frau von uns gegangen.