EditorialLernen aus dem Fall „Blannenheem“ 

Editorial / Lernen aus dem Fall „Blannenheem“ 
 Foto: Editpress-Archiv/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Zehn Tage nach dem Wechsel auf dem Direktorenposten ist Ruhe eingekehrt im „Blannenheem“. Eine Reihe von Problemen sind in kürzester Zeit gelöst worden. Wobei es schon traurig ist, dass ein Zusammenschluss von Familienangehörigen der Heimbewohner erst an die Öffentlichkeit gehen musste, damit sich etwas änderte. 

Die Vorwürfe richteten sich gegen den früheren Generaldirektor, der bis zum Schluss von seinem Verwaltungsrat in höchsten Tönen gelobt wurde und wenn auch nicht als Märtyrer, dann zumindest als Bauernopfer dargestellt wurde. Dass er in Wirklichkeit die Wurzel des Übels war, sieht man seit der Amtsübergabe nur allzu deutlich. 

Der Fall „Blannenheem“ steht stellvertretend für die Probleme der Betreuungseinrichtungen im Land. Und die beginnen meist schon in den Verwaltungsräten der Häuser. Denn das Familienministerium hält sich gerne heraus und verweist auf die Verantwortung der Verwaltungsräte, da es sich bei den meisten Institutionen um Stiftungen handele. Das ist ziemlich billig und setzt Ministerin Corinne Cahen dem Vorwurf, Schönwetter-Politik zu betreiben, aus. 

Fachkompetenz ist in den Verwaltungsräten nicht immer gegeben. Zu oft setzen sie sich aus früheren und aktuellen (Lokal-)Politikern zusammen, die weit weg von der Realität der Betreuungseinrichtungen sind. Im Gespräch mit dem Tageblatt (18. Juni) regt Joël Delvaux vom „Département des travailleurs handicapés“ des OGBL deshalb an, sogenannte „comités mixtes“ in den Pflegeheimen zu schaffen. Dort könnten dann Bewohner und ihre Familienangehörigen genauso Platz finden wie Personalvertreter. Mit einem solchen System hätte man im Fall des „Blannenheem“ so manches Problem lösen können, ohne dass es zu einer Eskalation gekommen wäre. Denn der Mangel an Kommunikation war einer der Hauptvorwürfe an die Generaldirektion. 

Dass das Pflegepersonal in unserer Gesellschaft einen anderen Stellenwert erhalten muss, darüber herrscht in der Corona-Krise Einigkeit. Mit einer einmaligen Prämie der Regierung und wohlwollendem Applaus der Menschen ist es allerdings nicht getan. Denn es ist genau dieses Pflegepersonal, das an vorderster Front steht und die Absurditäten einer Pflegeversicherung, die sämtliche Leistungen bis hinter das Komma bemisst und chiffriert, ausbügeln muss. Delvaux berichtete von Pflegern, die mit 40 Jahren einen Burn-out hatten. An der Situation, aus Ursachen wie Zeitdruck nicht so helfen zu können, wie man das eigentlich will, könne ein Pfleger durchaus zerbrechen, erklärte er.

Der Fall „Blannenheem“ jedenfalls brachte Probleme ans Licht, die es so oder so ähnlich in wahrscheinlich allen Pflegeeinrichtungen des Landes gibt. Und die es verdienen, in der Öffentlichkeit diskutiert zu werden. Im „Blannenheem“ brachten die Restriktionen in der Corona-Krise das Fass endgültig zum Überlaufen. Die Folgen des Lockdowns in den Pflegeheimen sind momentan noch schwer abschätzbar. Das Familienministerium sollte sich jedenfalls genau wie das Gesundheitsministerium stark dafür interessieren. Und nicht öffentlich auf Tauchstation gehen. 

Jerry Schholer
23. Juni 2020 - 6.24

Pflegeeinrichtungen werden zu Gefängnissen, wo Familienangehörige nur noch auf Zeit , Anfrage auf Besuch zugelassen werden, spontane Besuche gibt es nicht mehr. Traurige luxemburgische Gesellschaft und wie eine Pflegekraft diese Woche meinte, dass diese Regelung auch in Zukunft wohl beibehalten werde, weniger Besuch, weniger Arbeit für das Personal.Pervers , für das Eingeschlossensein müssen die Menschen noch deftige Preise zahlen.