EuropaparlamentCorona im Skiparadies: Charles Goerens will Untersuchungskommission zu Ischgl

Europaparlament / Corona im Skiparadies: Charles Goerens will Untersuchungskommission zu Ischgl
„Von Ischgl aus wurde viel Leid in mindestens ein halbes Dutzend Länder Europas gebracht“: Charles Goerens will die Verantwortlichen nach Brüssel zitieren Foto: Editpress

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Das Skiparadies Ischgl gilt als eine der Coronavirus-Drehscheiben Europas, als eines von ein paar dieser sogenannten Superspreader-Ereignisse, die für Infektionen in mehreren Staaten verantwortlich waren – und das trotz frühzeitiger Warnungen. Charles Goerens will im Europaparlament nun eine Untersuchungskommission in die Wege leiten. Dann müssten Verantwortliche aus Österreich in Brüssel Stellung beziehen.   

Für Charles Goerens ist es „offensichtlich“, dass verspätete Reaktionen der Behörden im österreichischen Wintersportort Ischgl „stark zur Ausbreitung des Coronavirus beigetragen haben – auch in Luxemburg“. Aus diesem Grund setzt sich der Luxemburger Europaabgeordnete aus der liberalen ALDE-Fraktion dafür ein, dass sich eine Untersuchungskommission im Europaparlament dieser Versäumnisse annimmt. „Die Beweislage ist so klar“, sagt Goerens auf Tageblatt-Nachfrage, „dass Ischgl ein Monument der Schlamperei ist und von dort aus viel Leid in mindestens ein halbes Dutzend Länder Europas gebracht wurde“.

In der Tat wurden die Republik Österreich und die Tiroler Landesbehörden frühzeitig mit Warnungen aus anderen europäischen Staaten überschüttet – in Ischgl und im Nachbarort St. Anton aber fuhren die Skilifte weiter und auch das Après-Ski-Business wurde nicht gestoppt.

Bereits am 5. März kam die erste Warnung aus Island in Österreich an. Ab da galt Ischgl als Risikogebiet auf der Insel, 14 Urlauber waren nach ihrer Rückkehr positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das Skiparadies in Tirol stand in Island damit in einer Reihe mit Wuhan, dem Iran und der damals von der Pandemie schon schwer getroffenen Lombardei. Wenig später folgten Warnungen aus Dänemark, Deutschland und Norwegen, die diese Staaten auch an das europäische Frühwarn- und Reaktionssystem „Early Warning and Response System“ (EWRS) meldeten.

Keine Zahlen aus Luxemburg

Es sollten noch neun Tage nach der Warnung aus Island vergehen, bis die österreichische Regierung am 14. März Maßnahmen zur Isolation vor Ort setzte. Neun Tage, in denen Urlauber und Saisonarbeiter in dem Ferienort einer Gefahr ausgesetzt waren, vor der sie nichts oder nur wenig wussten, obwohl die Behörden offiziell gewarnt worden waren. Auch der Fall eines zwei Tage später positiv getesteten Barkeepers in dem auch wegen seines Après-Ski-Geschehens so beliebten Ischgl ließ in Österreich keine Alarmglocken läuten. Die Lifte fuhren weiter – und so liefen auch die Einnahmen weiter.

Ischgl ist ein Monument der Schlamperei

Charles Goerens

Aus Luxemburg gab es Tageblatt-Informationen zufolge keine Meldungen an das EWRS-System. Obwohl es seit längerem als offenes Geheimnis gilt, dass es ebenfalls in Luxemburg zahlreiche sogenannte Ischgl-Fälle gab. So haben auch die Wissenschaftler hinter Luxemburgs „Con-Vince“-Studie, die Ansteckungsketten nachverfolgen und Aussagen über eine Grundimmunität in Luxemburg treffen will, den Urlaubsort auf dem Schirm. Gegenüber dem Tageblatt sagte Studien-Koordinator Rejko Rüger in einem früheren Gespräch, „wenn da Ischgl draufsteht, hat man schon eine Idee“. In einer RTL-Reportage sprach ein Forscher vom „Laboratoire national de la santé“ (LNS) davon, dass ein Großteil der luxemburgischen Fälle zu Beginn der Epidemie in Europa aus Österreich und Italien herrührten. Eine Tageblatt-Anfrage, wie viele Fälle das gewesen seien, konnte das LNS nicht beantworten.

Auch vom Luxembourg Institute of Health (LIH) gab es bislang keine Antwort auf diese Frage. Man sehe sich noch nicht in der Lage, genaue Zahlen zu nennen, hieß es am Mittwoch in einer Antwort auf eine bereits am 19. Mai vom Tageblatt gestellte Frage an das LIH, der mehrere Bitten zur Beantwortung folgten. Man werde sich bemühen, diese Fragen möglichst bald beantworten zu können, hieß es nun. Was nicht verkehrt wäre, wirft es doch nicht das beste Licht auf die Ende Februar bis Mitte März angewandten Tracing-Methoden in Luxemburg, mittels derer Folge-Infektionen eigentlich unterbunden werden sollten.

Goerens ärgert sich über Kurz

Charles Goerens regt sich indes auch über das Verhalten des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP auf. „Kurz weigert sich, in anderen europäischen Fragen auch nur ein Mindestmaß an Solidarität an den Tag zu legen“, sagt Goerens, „in der Ischgl-Affäre hätte er beweisen können, dass er bereit ist, einen Teil seiner Verantwortung zu übernehmen“. Goerens will jetzt den Kontakt zu den Vorsitzenden der anderen Fraktionen im Europaparlament suchen, um sein Vorhaben durchzubekommen.

Damit es zu einer Untersuchungskommission kommen kann, müssen am Ende 50 Prozent der Europaparlamentarier dafür stimmen. Eine Untersuchungskommission wäre dann in der Lage, Verantwortliche aus Tirol, aber auch solche aus der Nationalpolitik Österreichs vorzuladen und zu befragen. „Je weiter wir aus den Lockdowns in Europa herauskommen, umso deutlicher wird, wie brutal die Welt danach in einem sozialen und wirtschaftlichen Sinn sein wird“, sagt Goerens. Da sollten verantwortliche Politiker zu ihrer Verantwortung stehen, so Goerens.

Aus Luxemburg gab es in der Wintersaison 2020 rund 10.000 Ankünfte in Tirol und insgesamt mehr als 56.000 Übernachtungen. Rund die Hälfte aller Aufenthalte entfallen Tirol-übergreifend auf die Monate Februar und März. Ischgl und umliegende Gemeinden machen hier den Daten der Tirol Tourism Research zufolge bei weitem den Löwenanteil aus. Demnach hat sich die Zahl der Besucher aus Luxemburg von der vorigen zur jetzigen Saison um zehn Prozent erhöht. Alles in allem dürften mehrere tausend Luxemburger im Februar und März ihren Winterurlaub in einem Ort verbracht haben, der erst später als Drehscheibe für das Coronavirus aufgeflogen ist. An einer Sammelklage, die der Verbraucherschutzverein des Österreichers Peter Kolba anstrengt, haben bislang 19 Menschen aus Luxemburg Interesse bekundet. Insgesamt hat Kolba mehr als 6.000 Meldungen von Betroffenen und Angehörigen von mittlerweile 27 an Covid-19 Verstorbenen gesammelt.

Elsen
6. Juni 2020 - 10.43

Ich empfehle die Verantwortlichen aus Wuhan nach Brüssel einzuladen! Aber die Reisekosten und Hotelkosten bitte nicht ueber unsere Steuern bezahlen..

TNT
5. Juni 2020 - 19.01

@olec Selten so ein unreflekiertes Lokalvolk erlebt. Wen meinen Sie damit? Ich weiss natürlich nicht wie das Wetter auf Ihrem Planeten so ist, und was sie den ganzen Tag so rauchen? Aber ein paar verbotene Substanzen sind sicher schon dabei. Ihrem IQ zufolge, lieben sie Disneyland!

HTK
5. Juni 2020 - 16.32

Da ist er ja wieder unser Charel. Ischgl? Wieviele Schitouristen damals wohl aus Bergamo kamen? Wieviele Chinesen die in Italien Billigware produzieren waren wohl vorher in Ischgl? Wen muss man den dann noch nach Brüssel zitieren?

olec
5. Juni 2020 - 16.25

Viele Tiroler geben den Deutschen und Ihren Karneval(Heinsberg) die Schuld, den Virus nach Ischgl gebracht zu haben. Wenn dem so ist, so sollte man nach Südtirol und in die Schweiz fahren, dort wird nicht so ein Schmarrn geredet. Selten so ein unreflekiertes Lokalvolk erlebt. Ob Corona-Ischgl oder Stanton, das ist alles nur Disneyland Mitten im Naturpark Alpen.

leon
5. Juni 2020 - 14.40

@ Jangeli: Gegenfrage: Sind sie regelmässiger Beobachter der Europapolitik?

Nomi
5. Juni 2020 - 14.14

Beschaeftegungstherapie , oder ?

sofia
5. Juni 2020 - 12.39

Was soll denn dabei rauskommen? Soll der Bürgermeister bei der nächsten Wahl nicht mehr antreten aus Scham?

Jangeli
5. Juni 2020 - 7.35

Ist dieser Herr noch anwesend ?? Man muss sich ja manchmal bemerkbar machen, womit man sein dickes Gehalt verdient. Lächerlich und lamentabel.

TNT
4. Juni 2020 - 21.24

Aah mei, die Öösteraiicher. Würden Sie ihren Goldesel zum Schlachthof bringen, nur weil er Infiziert ist? So nen Schmarren! Aaber...was ist nächste Skisaison da los?? Das wird noch ne lustige Nummer. Schifoan.....ist das "Leiwandste° Corona wohl kaum...