ÖsterreichNeue Nazi- und Korruptionsenthüllungen über Ex-FPÖ-Chef Strache

Österreich / Neue Nazi- und Korruptionsenthüllungen über Ex-FPÖ-Chef Strache
Die Frage, die Österreich weiter umtreibt: War es während der türkis-blauen Koalition möglich, Gesetze zu kaufen? Foto: dpa/Spiegel/Süddeutsche Zeitung

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Kurz vor Start des Ibiza-Untersuchungsausschusses im Wiener Parlament sieht sich Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit neuen Korruptions- und Nazi-Enthüllungen konfrontiert.

„Welches Gesetz brauchst du?“ – diese Frage des FPÖ-Chefs poppte am 23. Oktober 2017 als Whatsapp-Nachricht beim Besitzer einer auf Schönheitsoperationen spezialisierten Wiener Privatklinik auf. Strache befand sich gerade in den Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Spitaleigner Walter Grubmüller hatte seit langem einen Wunsch an die Politik: die Listung seiner Klinik in jenem Fonds der Sozialversicherungen, der die Kosten für in Privatspitälern behandelte Notfälle übernimmt.

Nach dem Eintritt der FPÖ in die Regierung mit der ÖVP ging der Wunsch mit einer entsprechenden Gesetzesänderung in Erfüllung – und davor eine 10.000-Euro-Spende Grubmüllers aufs FPÖ-Konto. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft jetzt, ob es einen Zusammenhang zwischen der Gesetzesänderung und der Spende gab. Strache und Grubmüller bestreiten das entschieden.

„Welches Gesetz brauchst du?“

Seit vor einem Jahr der Ibiza-Skandal platzte, versucht die FPÖ so zu tun, als hätte sie mit den mutmaßlichen Machenschaften ihres Ex-Vorsitzenden nichts zu tun. Das wird wohl auch im U-Ausschuss so sein. Im Fall der Spende vom Klinikbetreiber wird diese Strategie freilich durch weitere nun an die Öffentlichkeit gelangte Chat-Protokolle konterkariert. So schrieb etwa der neue Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp in einem Chat mit Parteifreunden im Juli 2019, Grubmüller „hat auch mehrere Vereine in seiner Konstruktion. Dürfte mehr Geld geflossen sein als die offiziellen 10k“ (10.000 Euro, Anm.). Dass die Spende direkt an die FPÖ gegangen war, kommentiert Nepp so: „Blöder geht’s nimmer.“

Für den morgen beginnenden Ibiza-Untersuchungsausschuss sind die neuen Enthüllungen bedeutsam im Hinblick auf die zentrale Frage: War es während der türkis-blauen Koalition möglich, Gesetze zu kaufen?

Widmung in Nazi-Buch

Keine Rolle spielt in dem Ausschuss dagegen der neueste braune Fleck, den die Süddeutsche Zeitung auf Straches Weste entdeckt haben will. Demnach soll dieser Anfang der 1990er Jahre ein Nachdruckexemplar des 1941 im Stürmer-Verlag erschienenen antisemitischen Buches „Jüdische Bekenntnisse aus allen Zeiten und Ländern“ mit einer handschriftlichen Widmung versehen haben. Darin werden Juden als „Gegner“ und „machtlüstern“ bezeichnet. Strache teilte über seinen Anwalt mit, er könne sich weder an das Buch noch an eine solche Widmung erinnern, distanziere sich aber von den Inhalten.

Die Worte würden allerdings zur Biografie passen. Vor 30 Jahren bewegte sich der spätere FPÖ-Chef und Vizekanzler nachweislich im neonazistischen Milieu. 1990 wurde er in Passau bei einer Veranstaltung der rechtsextremen DVU von der Polizei mit einem Schreckschussrevolver aufgegriffen. Im selben Jahr besuchte er eine Wahlkampfveranstaltung der Liste „Nein zur Ausländerflut“, die dann wegen NS-Wiederbetätigung von der Nationalratswahl ausgeschlossen wurde. Vom Ibiza-Skandal aus dem Fokus gedrängt wurde vor einem Jahr das Auftauchen einer Postkarte aus dem Jahr 1992, auf der Strache „Heilgrüße“ nach „Deutsch-Österreich“ geschickt hatte. Ähnlich dürfte es der jüngsten SZ-Enthüllung ergehen: Wieder steht Ibizagate im Zentrum der Aufmerksamkeit.