ReisenCampingbranche gibt sich optimistisch 

Reisen / Campingbranche gibt sich optimistisch 
Werner und Regine Kehrer aus Tübingen sind gerade angereist. Normalerweise wären sie in Kroatien. Corona sei Dank lernen sie Luxemburg kennen.  Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Was die Horesca für die Hotels und Gastronomen ist, ist Camprilux für die Campingplatzbetreiber. Zwar waren die Plätze im Land offiziell nie zu, aber mangels Gästen haben sie freiwillig geschlossen. Unter der Krise habe sie genauso gelitten wie die Mitglieder der Horesca. Trotzdem gibt sich die Branche optimistisch, was die Sommersaison angeht.

„Ist das eine Idylle hier“, sagt Werner Kehrer (71). Er und seine Frau Regine (63) sind am Montag auf dem Camping Kengert bei Fels mit ihrem Campingcar angekommen. Sie stammen aus Tübingen und sind das erste Mal in Luxemburg. „Normalerweise sind wir um diese Zeit in Kroatien“, sagt der Rentner. „Meine Frau liebt das Meer.“

Dieses Jahr ist alles anders. Der Pfingsturlaub war wie jedes Jahr geplant und im Kalender eingetragen, doch auf den Balkan wollten die beiden nicht. „Mit den Tests und allem anderen ist mir Luxemburg doch viel integrer als Kroatien“, sagt Kehrer. Doch wohin in Corona-Zeiten? Eine Alternative für den Urlaub hatten sie erst einmal nicht.

Sympathieträger „Jang“ hilft bei Entscheidung 

Bis Kehrer im Fernsehen die medienwirksam inszenierte Wiedereröffnung der Grenzen durch Außenminister Jean Asselborn (LSAP) und sein deutsches Pendant Heiko Maas (SPD) auf der Brücke in Schengen sieht. Das war die Initialzündung für eine Idee. Aus dem anfänglichen „Warum nicht nach Luxemburg?“ wurde schnell ein „Da fahren wir hin“.

Die nächsten zehn Tage werden sie Fahrrad fahren und das Müllerthal erkunden. Deswegen kommen viele Klienten zu Linda Gedink (55), die den Campingplatz betreibt. „Fahrrad fahren, wandern, Ausflüge in die Stadt oder einfach nur die Ruhe genießen“, so beschreibt sie ihre Zielgruppe. Sie besteht aus Familien, Paaren oder Senioren. Die Luxemburgerin mit niederländischen Wurzeln ist auf dem Campingplatz aufgewachsen. 1987 stieg sie nach und nach ins Geschäft ein und übernahm die touristische Einrichtung schließlich ganz von ihren Eltern.

Offene Sanitäranlagen – geschlossene Spielplätze

50.000 Übernachtungen hat sie durchschnittlich pro Jahr. Auch bei ihr ist dieses Jahr alles anders. Als am 13. März die Ankündigung des Lockdowns in Luxemburg kommt, macht sie wenige Tage später das vier Hektar große Gelände mit den 180 Stellplätzen dicht. Da waren die letzten englischen Gäste abgereist, die auf einen Platz auf einer der Fähren warten mussten.

Seitdem ist der 20×10 Meter große Swimmingpool leer, Spielplatz, Restaurant und Platz geschlossen. Die Kehrers sind die ersten Gäste, die dem weitgehend immer noch unbelebten Platz so etwas wie Urlaubsfeeling einhauchen. Bei der Entscheidung für Luxemburg hat den beiden Tübingern noch etwas anderes geholfen. „Die Toilettenanlagen hier sind wie geschleckt, super sauber“, sagt Regine Kehrer. In Baden-Württemberg, wo sie herkommen, sind die Campingplätze zwar offen, aber die Sanitäranlagen nicht.

Sommersaison ist wichtigster Einnahmezeitraum

Fragen danach oder ob die Sanitäranlagen offen sind, wie es mit dem Restaurant aussieht oder ob der Pool benutzbar ist, hört Linda Gedink seit Tagen. Gäste wie die Kehrers erkundigen sich nach den Bedingungen eines eventuellen Urlaubs. Gedinks Kollegen im Land, die Mitglieder von Camprilux, wollen mehr zu den Sicherheitsbestimmungen wissen. Sie ist die Generalsekretärin des Berufsverbandes. 61 der 80 Campingplätze des Landes sind darin vereinigt. Nach den Lockerungen, die am Montag angekündigt wurden, wollen viele Platzbetreiber zu einer wie auch immer gearteten Normalität zurück. Camping als Urlaubsform boomt seit Jahren, die Sommersaison ist der wichtigste Einnahmefaktor im Jahr.

Von dem Boom profitiert auch der „Kengert“. 2019 war mit einer Steigerung von 5 Prozent ein sehr gutes Jahr. Das Gros der Gäste kommt mit 60 Prozent aus den Niederlanden, der zweitgrößte Teil kommt mit 15-20 Prozent aus Belgien. Den Rest teilen sich Deutsche mit anderen Nationalitäten. Auf Niederländer und Belgier muss der Campingplatz vorerst verzichten. Im Oranjeland gilt nach wie vor „Code orange“ mit strenger Reisewarnung, Belgien hat die Grenzen noch zu.

Gäste und Mitglieder haben viele Fragen

Die niederländischen Gäste fragen vor allem nach der Maskenpflicht. „Sie mögen das nicht“, sagt Gedink. „Sie tragen ja auch keine Fahrradhelme oder Badekappen.“ Luxemburger sind eine Rarität auf dem Gelände. Deswegen hofft sie dieses Jahr auf einheimische Gäste. Vor allem wegen der Bons, die die Regierung austeilen will, um damit den einheimischen Tourismus im Sinne von „Vakanz doheem“ zu fördern.

Das Tourismusministerium bestätigt auf Tageblatt-Anfrage, dass es sie geben wird. 50 Euro sollen sie wert sein. Jeder Einwohner über 16 Jahren sowie jeder Grenzgänger, der in Luxemburg arbeitet, soll einen „Voucher“ erhalten und kann ihn in einer Übernachtungseinrichtung einlösen. 750.000 Personen sollen laut Ministerium davon profitieren und die heimische Nachfrage ankurbeln. Details soll es Ende nächster Woche geben.

Kaum Stornierungen und Abwarten

Zwar ist die Buchungslage weit entfernt von „ausgebucht“, aber für den Sommer sieht es gut aus. Das stimmt positiv. Die meisten der nicht stornierten Buchungen für den Sommer stammen von Gästen, die im Winter reserviert haben. Sie wollen abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Neue Anfragen kommen derzeit von Gästen, die den „Kengert“ kennen. Auf die Wirkung dieses Wiedererkennungseffekts setzt Gedink, wenn die Luxemburger sich dieses Jahr für einen Urlaub bei ihr entscheiden.

Es geht also einer Normalität – wenn auch mit Einschränkungen – entgegen. Zwei Wermutstropfen hat es aber. Gedink hat einige Absagen von Gästen hinnehmen müssen, die mit kleinen Kindern reisen. „Es ist schwer, ihnen zu vermitteln, dass der Spielplatz nach wie vor geschlossen bleiben muss“, sagt Gedink. Das betrifft alle Campingplätze in Luxemburg, die per Gesetz einen Spielplatz vorhalten müssen.

Der zweite Wermutstropfen ist die kurze Zeit, die zwischen der Erlaubnis zu öffnen und der offiziellen Ankündigung liegt. Gerade mal drei Tage bleiben den Gastronomen zwischen der Ankündigung der Lockerungen für ihren Außenbereich. Fünf Tage haben sie Zeit für ihr Restaurant. Damit hat sich bewahrheitet, was Horesca-Präsident Alain Rix schon seit Tagen anmahnt, weil er es befürchtet hat. Er hatte im Sinne seiner Mitglieder gefordert, mindestens eine Woche vorher eine Öffnung anzukündigen, damit die Professionals ausreichend Zeit haben, ihren Wareneinkauf zu organisieren und Engpässe zu vermeiden.

Camping Kengert

Das vier Hektar große Gelände liegt kurz vor Fels. 180 Stellplätze gibt es dort, alle sind Campern vorbehalten, Dauercamper gibt es nicht. Es gibt einen Indoorspielplatz, einen Pool, einen Außenspielplatz, ein Restaurant mit 80 Plätzen und eine große Außenterrasse mit Blick auf das Gelände sowie einen Laden. Der Camping liegt in der Ferienregion Müllerthal und bietet zahlreiche Ausflugsziele in der näheren Umgebung.