Schutz in KrisenzeitenSozialausgaben sind nie zu hoch

Schutz in Krisenzeiten / Sozialausgaben sind nie zu hoch
 Foto: dpa/Xinhua/Yasin Akgul

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„Einmal muss es vorbei sein“ sang Hans Albers 1944 in dem Film „Große Freiheit Nr. 7“. Anscheinend betonte er die Zeile aus dem Lied „La Paloma“ zu sonderbar. Propagandaminister Goebbels witterte eine politische Anspielung; der Film wurde in Nazideutschland nur einmal im Dezember 1944 gezeigt. Ein paar Monate später war es dann endlich vorbei: Heute auf den Tag genau vor 75 Jahren unterschrieb Generaloberst Alfred Jodl in Reims die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht, die am darauffolgenden Tag in Kraft trat.

Einmal wird auch die Corona-Krise vorbei sein, und hoffentlich werden wir daraus gelernt haben. Dass wir bis dato noch relativ gut durch die Krise gekommen sind, verdanken wir auch unserem Sozialsystem. Die Krise zeigt, dass sich Luxemburg in einem „Krieg“ gegen ein Virus durchaus verteidigen kann, vorausgesetzt natürlich, wir geben uns die Mittel.

Mit Millionen Menschen ohne Sozialversicherung stehen die USA z.B. wesentlich schlechter da. Schon jetzt sind mehr US-Amerikaner Covid-19 zum Opfer gefallen als Soldaten dem Vietnamkrieg: 71.000. Nur 16 Prozent der Erkrankten gelten dort als genesen; in Luxemburg sind es 90 Prozent. Eine teure „sozialistische“ Sozialversicherung scheint doch etwas Gutes zu haben.

Bei der Vorstellung des Stabilitätsprogramms in der Chamber am 5. Mai sagte Finanzminister Pierre Gramegna: „De Coronavirus ass mat enger Naturkatastroph ze vergläichen. Et ass e Phenomen, dee kee konnt virausgesinn an deen iwwert dem Mënsch seng Kontroll erausgeet.“ Richtig, und gerade deshalb sollte das Vorsorgeprinzip gelten. Japan z.B. ist ein erdbebengefährdetes Land; das nächste große Erdbeben kann es nicht voraussagen, was es aber nicht daran hindert, seine Häuser so gut wie möglich erdbebensicher zu bauen. 

Das Statistikamt Statec hat vorige Woche zwei mögliche Zukunftsszenarien vorgestellt: ein positives und ein negatives. Die Regierung setzt bei ihrer Finanzplanung auf das positive Szenario. Die Wahrscheinlichkeit aber, dass unsere Wirtschaft 2021 die darin erhoffte Wachstumsrate von sieben Prozent erreicht, erscheint angesichts der Zahlen der letzten Jahre sehr optimistisch (s. gestrige Ausgabe des „T“). Weniger Wirtschaftsleistung bedeutet weniger Geld in den Kassen, und in solchen Fällen sparen liberale Politiker gewöhnlich beim Sozialen.

Was wäre, wenn es mitten in einer Wirtschaftskrise zu einer weiteren Pandemie kommen würde? Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen fördert Wissenschaftlern zufolge das Phänomen des „spillover“, des Überschwappens einer Krankheit vom Tier auf den Menschen. Müssten wir also unsere „biologische Verteidigung“ nicht noch weiter ausbauen?

Heute vor 100 Jahren wurde der amerikanische Schriftsteller William Charles Anderson geboren. Der Titel seines letzten Buches – er starb 2003 – ist: „How to survive Hospital Care“ (Wie man Krankenhauspflege überlebt). Eine gute Frage, die sich alle Regierungen stellen müssten, denn sie setzt voraus, dass man in einer Krise wie der jetzigen erst mal in den Genuss eines Krankenhauses kommt. Die Corona-Krise zeigt, dass hohe Sozialausgaben gerechtfertigt sind und eigentlich nie hoch genug sein können.

P.Dauer
7. Mai 2020 - 11.39

Letztendlich eine Frage von Prioritäten und folgende Frage kann sich jeder selbst stellen. Warum sind Lehrer verbeamtet und Krankenschwestern und Pfleger nicht und wer hat sich in der Krise als Systemrelevanter erwiesen? Hierzu, das Personal in den Gesundheitsberufen wird zu 80 % aus dem Ausland rekrutiert. Diese verdienen hier im Verhältnis zu ihren Herkunftsländern viel, im Verhältnis zu Luxemburg wenig. Da sie auch nicht Teil der hiesigen mächtigen Beamtenlobby (ohne die hier politisch gar nichts geht) sind, werden sie nach der Krise wieder vergessen. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen.