SchülerartikelAbsurdität der Situation: Das Leben in Zeiten einer Pandemie

Schülerartikel / Absurdität der Situation: Das Leben in Zeiten einer Pandemie
Es scheint, als hätten viele Menschen den Sport für sich entdeckt Foto: AFP

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Im Rahmen einer Serie zum internationalen Tag der Pressefreiheit (3. Mai) haben Schüler im Tageblatt das Wort. Heute beschäftigt sich Anna Schroeder aus dem Lycée Robert Schuman mit dem Ansehen der Wissenschaftler.

Was noch vor einigen Monaten und Jahren als beliebte Handlung von dystopischen Weltuntergangsfilmen galt und undenkbar schien, ist nun zur bitteren Realität geworden: leere Straßen, leere öffentliche Transportmittel, leere Schulen und leere Klopapierregale. „Lockdown“, „Flatten the curve“, „Stay at home“, alles Ausdrücke, die noch vor Monaten nicht mehr als ein lahmes Schulterzucken und ein genuscheltes „Immer diese Anglizismen“ hervorgerufen hätten, werden nun von jedermann und über sämtliche Kanäle hinausposaunt. Die meisten Menschen sind brave Bürger und halten sich an die vorgeschriebenen Regeln, bleiben, falls möglich, zu Hause und machen – nun, was machen sie denn eigentlich?

Die Antwort erhält man erst, wenn man sich in den Supermärkten umschaut. Sie tapezieren ihre Wände mit Klopapier, bauen Mauern aus Konservendosen, machen eifrig Mehlschlachten und führen wissenschaftliche Experimente mit Hefe durch. Der Gang zum Supermarkt wird zum Familienausflug mit nutzlosen und rutschenden Gummihandschuhen, die später auf vermehrt genutzten Wald- und Feldwegen dekorativ im Grün entsorgt werden.

Den sozialen Netzwerken nach zu urteilen machen alle „Room Makeover“, streichen die Wände neu, rücken Möbel umher, hängen Bilder auf, räumen auf, misten ihren Kleiderschrank aus und fragen sich bei allem „Does it spark joy?“ Ja, alle testen die Aufräummethode von Marie Kondo, bei der nur behalten wird, was wirklich Freude bereitet. Die sozialen Netzwerke laufen über von Aufräumvideos, Tipps gegen Langeweile, Anleitungen zum Nähen von Behelfsmasken und nicht zu vergessen das sogenannte „Home Workout“, Sport in den eigenen vier Wänden, Übungen zum Nachmachen, vorgeführt von selbst ernannten Fitnessprofis, die ganz nebenbei noch Werbung für Proteinshakes und gesunde Tees machen.

Die To-do-Liste

Überhaupt entdecken alle möglichen Prominenten aus Sport, TV oder Musik das Internet für sich und überkompensieren die ihnen fehlende Aufmerksamkeit mit debilen Videos. Autoren machen Lesungen, Komiker erzählen Witze, Musiker veranstalten Heimkonzerte, alles über Livestream.

Schaut man dann zum Fenster in die reale Welt hinaus, sieht man Menschen, die joggen, wahlweise mit oder ohne Hund spazieren gehen, ihr Fahrrad, das Skateboard oder gar den Tretroller wiederentdeckt haben. Überhaupt scheint jeder plötzlich Sport an der frischen Luft zu mögen, der Wald ist überflutet von Spaziergängern und Wanderern, die einen großen Bogen um jedes menschliche Wesen machen. Menschen, die zuvor jahrelang keinen Wald aus der Ferne betrachtet hätten.

Diejenigen, die wirklich zu Hause sitzen, machen einen Serienmarathon nach dem anderen oder sehen sich gezwungen, all das zu machen, was sie schon immer mit dem verhängnisvollen Sätzchen „Wenn ich mal Zeit habe“ verschoben haben – immerhin haben sie ja jetzt plötzlich wirklich Zeit, zwar nicht unbedingt Lust, aber vielleicht einen miteingesperrten Partner, der an die unsägliche To-do-Liste erinnert. So werden Dachböden entrümpelt, Gärten auf Vordermann gebracht, Kleidung geflickt und Großputz gemacht. Der nächste Familienausflug darf dann auch an den Recyclinghof unternommen werden, während die Zeitgenossen im Home-Office die Nase über Wörter wie „Zeit“ oder „Langeweile“ rümpfen, die nächste gehamsterte Tafel Schokolade inhalieren und sich mit grauem Haaransatz oder verhunzter Frisur in die nächste Videokonferenz beschalten lassen.