AustralienHöchstes Gericht hebt Schuldspruch gegen Kardinal Pell wegen Kindesmissbrauch auf

Australien / Höchstes Gericht hebt Schuldspruch gegen Kardinal Pell wegen Kindesmissbrauch auf
Der australische Kardinal George Pell auf einem Bild vom 27. Februar 2019 auf dem Weg zum Gericht Foto: AFP/Con Chronis

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Das höchste Gericht Australiens hat Kardinal George Pell vom Vorwurf des Kindesmissbrauchs freigesprochen. Der frühere Finanzchef des Vatikans war 2018 schuldig gesprochen und später zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Eigentlich hätte er frühestens 2022 auf freien Fuß kommen sollen.

Nach dem Freispruch durch das höchste Gericht in Australien durfte Kardinal George Pell das australische Gefängnis noch am gestrigen Dienstag verlassen. Der einstige Finanzchef des Vatikans sagte über das Urteil, eine „schwere Ungerechtigkeit“ sei nun behoben worden.

Das Gericht in Brisbane hob seine Verurteilung wegen sexuellen Kindesmissbrauchs mit der Begründung auf, dass eine „vernünftige Möglichkeit“ bestehe, dass die Straftat nicht stattgefunden habe. Das höchste Gericht sprach den Geistlichen frei, nachdem er im vergangenen März zunächst zu sechs Jahren Haft verurteilt worden war und ein erstes Berufungsverfahren gescheitert war.

Kardinal Pell – einst der drittmächtigste Mann der katholischen Kirche – schrieb in einer Erklärung nach dem Freispruch, dass er „keinen bösen Willen“ gegenüber seinem Ankläger hege. „Ich habe meine Unschuld konsequent aufrechterhalten, während ich unter einer schweren Ungerechtigkeit litt.“ Sein Prozess sei jedoch weder ein Referendum über die katholische Kirche noch ein Referendum darüber, wie die Kirchenbehörden in Australien mit dem Verbrechen der Pädophilie in der Kirche umgegangen seien. „Der Punkt war, ob ich diese abscheulichen Verbrechen begangen habe und ich habe es nicht getan.“

Nachrichtensperre verbot Berichterstattung

Ursprünglich war Pell im Dezember 2018 von einem Gericht in Melbourne wegen Kindesmissbrauchs in fünf Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Der Vorwurf lautete, er habe zwischen Dezember 1996 und Anfang 1997 zwei 13-jährige Chorknaben in der St. Patrick’s Kathedrale in Melbourne sexuell missbraucht. Pell soll die beiden Jungen nach der sonntäglichen Messe in der Sakristei beim Weinstehlen erwischt und seinen Penis in den Mund eines Opfers gezwungen haben und den anderen Jungen an den Genitalien angefasst haben. Einige Monate später soll Pell einen der Jungen nochmals in einem Korridor an die Wand gedrückt und seinen Intimbereich angefasst haben. Die Anwälte von Pell argumentierten jedoch, es hätte nicht sein können, dass er nach dem Gottesdienst  mehrere Minuten mit zwei Chorknaben alleine in der Sakristei hätte verbringen können.

Ursprünglich konnte 2018 wegen einer Nachrichtensperre nicht über den Schuldspruch berichtet werden. Das Gericht verhängte die Sperre, da noch ein zweites Verfahren gegen den Kardinal anstand, das später jedoch fallen gelassen wurde. Die australische Presse hielt sich weitgehend an den „Maulkorb“, nicht jedoch alle internationalen Medien.

Theoretisch hätte die Maximalstrafe nach dem Schuldspruch 50 Jahre betragen, doch das Alter und der gesundheitliche Zustand des 78-Jährigen wirkten sich strafmildernd aus. Im März 2019 war das Strafmaß dann auf sechs Jahre Haft festgelegt worden, von denen er bei guter Führung nur knapp vier Jahre hätte absitzen müssen.

George Pell – Vertrauter des Papstes

Pell gilt als erzkonservativer Kirchenvertreter, zeitweise wurde er sogar als Papstanwärter gehandelt. Er wurde 1941 im einstigen Goldgräberort Ballarat in Australien geboren. Er gab die Chance, Profi-Sportler im Australian-Football zu werden, zugunsten des Priesterberufs auf und studierte in Melbourne, Rom und Oxford. Er war Erzbischof von Melbourne und später von Sydney, bevor er nach Rom berufen wurde, wo er für die Finanzen des Vatikans zuständig war.

1996 war Pell noch das erste führende Mitglied der Kirche gewesen, das Vorwürfe von Kindesmissbrauch gegen katholische Priester untersuchte. Als Erzbischof von Melbourne installierte er die sogenannte „Melbourne Response“. 2014 sagte er selbst vor einer von der australischen Regierung eingesetzten Kommission aus und entschuldigte sich öffentlich bei einem früheren Ministranten, der in den 1970er Jahren von einem Priester missbraucht worden war.

Pell ging nach dem Urteil sofort in Berufung, doch ein erster Antrag war im vergangenen Jahr noch abgelehnt worden. Damals hatten Pells Anwälte versucht, zu argumentieren, dass die Jury sich zu stark auf „unbestätigte Beweise“ des einzigen überlebenden Opfers gestützt habe. Das zweite Opfer war 2014 an einer Überdosis Heroin gestorben und hatte sich niemals zu dem Missbrauch geäußert. Die damalige Richterin betonte jedoch, das Opfer sei überzeugend gewesen, „eindeutig kein Lügner, kein Fantast und ein Zeuge der Wahrheit“. Zum Zeitpunkt des Verbrechens vertrauten sich die Jungen niemandem an, da sie fürchteten, ein Stipendium für ihre Schule zu verlieren. Dieses beinhaltete, dass man im Chor der Schule singen musste.

Doch das neue Urteil des höchsten australischen Gericht hob den Schuldspruch Pells nun endgültig auf. Nach 404 Tagen im Gefängnis ist der Kardinal nun wieder auf freiem Fuß.

Jacques Zeyen
8. April 2020 - 16.12

Und schon wieder einer. Die Richter scheinen immer die Meinung des lieben Gottes einzuholen bevor sie urteilen. Nach den letzten Urteilen in Sachen Kindesmissbrauch scheinen im Vatikan und auch sonst auf der Welt nur Unschuldslämmer herumzulaufen. Das Buch SODOMA z.B. nur eine Ansammlung von Verleumdungen? Vielleicht gut für Pell,dass die Wahrscheinlichkeit vor seinem Schöpfer geradestehen zu müssen gleich Null sind. Auf Erden scheint diese "Spezies" unantastbar zu sein.