Das Corona-Tagebuch (16)Mittwoch, 1. April: Ich gelobe Besserung!

Das Corona-Tagebuch (16) / Mittwoch, 1. April: Ich gelobe Besserung!
Wenn alle wieder raus dürfen, legt auch Eric Hamus die Bücher zur Seite und schnürt wieder die Wanderschuhe. Verspricht er. Foto: Eric Hamus

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Das Coronavirus beherrscht weiter das Leben in Luxemburg. Die Lage ist ernst, jedoch nicht hoffnungslos. Eigentlich genau der richtige Zeitpunkt, um seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir und was erwarten wir? Das Corona-Tagebuch des Tageblatt gibt Einblick in diese Gedankenwelt.

Liebes Tagebuch: Es gibt ja dieses Konzept, wonach der Mensch immer nur das will, was er nicht haben kann. Nur das Problem ist: Das ist dieser Tage ganz schön viel. Dabei bin ich ansonsten immer recht genügsam, sozial faul und extrem zurückgezogen. Dennoch überkommt mich in letzter Zeit regelmäßig die Lust nach etwas ganz Bestimmten, das ich dann gerade in jenem Moment nicht haben kann.

Sei es nun eine frische Pizza, ein „Poulet au poivre noir“ beim Chinesen um die Ecke, ein Eis in dieser einen Konditorei in Esch/Sauer, ein Spaziergang entlang der Mosel, ein Tagesausflug nach Köln mit einem Abstecher in diesen großen Outdoor-Laden, ein Besuch auf Schloss Vianden mit anschließendem Kaffee auf einer Terrasse entlang der Our, eine Fahrt nach Trier zum großen Bücherladen am Brunnen mit Dinner im Burgeramt und Drink am Viehmarkt und  … Du siehst, allerliebstes Tagebuch, meine Tagträume sind schon recht präzise und fortgeschritten.

Verschiedenes davon würde mir in „normalen“ Zeiten nie einfallen. Ohne mich jetzt bei dir beschweren zu wollen, mein geschätztes Tagebuch, doch eigentlich führe ich den Großteil des Jahres über ein recht langweiliges Leben. Und das ist auch ganz okay so. Als Reporter habe ich recht viel Abwechslung im Alltag, sodass ich das bisschen Freizeit gerne gemütlich verbringe. Natürlich könnte ich mich an einem freien Samstagnachmittag in mein Auto schwingen und über die Grenze nach Trier oder Köln flitzen. Dann aber ergattert plötzlich ein YouTube-Video meine Aufmerksamkeit und schon ist der ganze Nachmittag hin.

Ich könnte auch meine Wanderschuhe mal wieder schnüren. In meiner Gegend mangelt es nämlich nicht an schönen Wegen. Sogar der Mullerthal Trail verläuft quasi vor meiner Haustür. Wie meine Mitbewohnerin gestern zu Recht bemerkte, lebe ich auch in dieser Hinsicht in Extremen: „Du wanderst tausend Kilometer am Stück mit dem Rucksack durch die amerikanische Wildnis, um dann die nächsten Monate kaum einen Fuß vor die Tür zu setzen“, so die gute Frau. Recht hat sie … Eigentlich würde ich jetzt nichts lieber tun, als Zelt und Rucksack zu schnappen und für die nächsten hundert Kilometer im Wald zu verschwinden.

Vielleicht kommt mir das ganze „Social Distancing“ als Ausrede doch ganz gelegen. In meinen Tagträumen lebe ich jetzt die Aktivitäten aus, die ich ansonsten in meiner Freizeit eigentlich unternehmen sollte. Anstatt zu Hause meine Zeit mit Büchern, Videogames und Netflix zu verplempern. Oder was meinst du, bestes Tagebuch aller Tagebücher? So schwer es mir auch fällt, muss ich doch zugeben, dass die Quarantäne eigentlich nichts an meinem Alltag geändert hat.

Zu Hause arbeiten? Habe ich auch vor Corona bereits getan. Am Samstag ausschlafen? War vor Covid-19 auch der Fall. Faul im Sessel hocken, ein Buch lesen oder an der Xbox herumdaddeln? Du kennst die Antwort, Tagebuch. Deshalb schwöre ich: Wenn diese Quarantäne vorbei ist, dann werde ich mich wieder mehr bei meinen Freunden melden. Wenn wir alle wieder raus dürfen, dann werde ich wieder regelmäßig wandern. Vielleicht besuche ich endlich auch mal dieses Museum in der Stadt, in dem ich noch nie war. Auf jeden Fall werde ich mehr aus meinem Leben machen. Versprochen, herzallerliebstes Tagebuch! Und wenn nicht, wirst du mich ja sicher auch nicht gleich verraten … Liest ja sonst niemand.

Das Tageblatt-Tagebuch

Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb veröffentlicht das Tageblatt seit dem 16. März (s)ein Corona-Tagebuch. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen verschiedener Journalisten.