Studenten gegen Covid-19Solidaritätsinitiativen von Jung für Alt

Studenten gegen Covid-19 / Solidaritätsinitiativen von Jung für Alt
Egal ob Einkäufe im Supermarkt, beim Metzger oder in der Apotheke: Damit andere zu Hause bleiben können, radelt Sébastien Cayotte dorthin, wo er gebraucht wird Fotos: privat

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Immer mehr Menschen fühlen sich während der Corona-Krise dazu berufen, anderen zu helfen. Auch bei der jüngeren Generation hat sich eine Welle der Solidarität gegenüber gesundheitlich schwächer gestellten Mitbürgern verbreitet und die Anzahl der Hilfsaktionen steigt täglich. Vor allem Luxemburgs Studenten scheuen derzeit keine Mühen, um gegen Isolation, Ansteckungsgefahr und Materialmangel anzukämpfen. An vorderster Front stehen mitunter auch Radfahrer Sébastien Cayotte, „GoldenMe“-Gründer Mara Kroth und Johannes Heuschkel sowie die Masterstudenten der Uni.lu.

Wer in der vergangenen Woche einen Blick auf Eschs Straßen geworfen hat, der merkt schnell: Hier ist es leer geworden. Gut so, denn die wichtigste Botschaft von 2020 lautet: „Bleibt zu Hause!“. Während sich die meisten an die Anweisungen des Staats halten, gibt es einen, der bewusst die Regeln bricht. Sébastien Cayotte steigt bis zu 15 Mal am Tag auf sein Fahrrad, um das zu tun, was für andere momentan eine lebensgefährliche Aktivität darstellen könnte. „Trotz der Maßnahmen gibt es Menschen, die nicht zu Hause bleiben können, die keine Wahl haben und nach draußen müssen, weil sie keinen haben, der ihre Einkäufe für sie erledigen kann“, erklärt der 25-Jährige. Als Sébastien vor etwas über einer Woche nach Hause kommt, um seine Eltern zu besuchen, wird dem Studenten bewusst, wie ernst die Lage wirklich ist: „Ich denke, ich habe wie viele andere das Ganze unterschätzt. Alles war so weit weg, aber ich habe selbst Großeltern und als ich realisiert habe, wie gefährlich das Virus für ältere Menschen sein kann, wurde mir auf einmal bange.“

Sébastien will helfen und tut, was er gewohnt ist zu tun: radfahren. Durch seine Spendenaktionen unter dem Namen „Challenging for Smiles“ hat der Escher in den vergangenen fünf Jahren bereits einen gewissen Bekanntheitsgrad in Luxemburg erreicht. Diesen will er nutzen, um auch jetzt wieder anderen zu helfen. „Meine Facebook-Seite existiert ja schon seit einigen Jahren, deshalb habe ich darüber auch meinen Post veröffentlicht. Das gibt dem Ganzen eine gewisse Identität und die Leute wissen, dass sie mir vertrauen können“, erklärt der 25-Jährige. Ob Einkäufe im Supermarkt, beim Bäcker, Metzger oder in der Apotheke – wer selbst nicht aus dem Haus gehen kann oder will, der kann Sébastien diese Aufgabe überlassen. Ein Angebot, das dringend benötigt wird, so der Escher: „Ich erhalte enorm viele Anfragen. Eine Dame meinte beispielsweise, dass ihre Tochter als Krankenschwester im Einsatz ist und ihr Mann als Polizist ebenfalls weiter arbeiten muss. Sie hat also niemanden, der für sie einkaufen gehen kann.“

Das Vertrauen in andere

Den Hilfskurier kontaktieren darf allerdings jeder, denn Sébastien will seiner Aktion keine Grenzen setzen: „Wir sind in einem Stadium angekommen, in dem rausgehen bedeutet, sich selbst in Gefahr zu bringen. Ich bevorzuge es deshalb, dass die Leute zu Hause bleiben und mich schicken, auch wenn es nur für ein Brot ist.“ Einzig bei der geografischen Ausrichtung muss sich Sébastien auf Esch und Umgebung beschränken, schließlich ist sein Fortbewegungsmittel das Fahrrad. Den Kontakt zu seinen Mitmenschen vermeidet der Kurier skrupulös, auch bei der Bezahlung für die Ware: „Ich schlage den Leuten vor, per Banküberweisung zu bezahlen, da gibt es aber mehrere Möglichkeiten. Natürlich muss ein Minimum an Vertrauen vorhanden sein, aber ich denke, dass wir an einem Punkt angekommen sind, an dem man sich aufeinander verlassen können muss. Ansonsten werden wir nicht vorankommen.“

Zusammenhalt und das Vertrauen in andere stehen auch bei der aktuellen Initiative der Asbl. „GoldenMe“ im Vordergrund. Ursprünglich im Rahmen ihrer Studien an der Uni.lu gegründet, erkennt das Start-up der Studenten Mara Kroth und Johannes Heuschkel in der aktuellen Situation sein volles Potenzial. „Wir sind eine aktive Community für Menschen ab 50. Die Idee dahinter ist, Einsamkeit und soziale Isolation von älteren Gesellschaftsmitgliedern zu verhindern sowie einen intergenerationellen Austausch zu fördern. Vor anderthalb Wochen haben wir uns mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass durch die Covid-Maßnahmen viele isoliert sind, und wie wir unsere Mittel nun nutzen können, um dem gezielt entgegenzuwirken“, so Mara. Eine schnelle Lösung musste her und so entstand die Kampagne „Zesummen statt eleng“, die ein ähnliches Ziel verfolgt wie das von Sébastien.

Mit den Initiativen von „GoldenMe“ wollen Johannes Heuschkel und Mara Kroth vor allem ältere Menschen vor sozialer Isolation schützen
Mit den Initiativen von „GoldenMe“ wollen Johannes Heuschkel und Mara Kroth vor allem ältere Menschen vor sozialer Isolation schützen Foto: GoldenMe

Das Hilfeformular

Durch vorgefertigte Ausfüllformulare können sich Freiwillige melden, um in ihrem direkten Umfeld denen zu helfen, die es am nötigsten haben. „Wir haben einen Zettel vorbereitet, den die Leute herunterladen, ausdrucken und in ihrer Nachbarschaft verteilen können. Daraufhin können andere die Helfer dann ganz leicht direkt kontaktieren, um so Unterstützung im Alltag zu erhalten“, erklärt die 24-Jährige. Der Original-Post auf Facebook ging bereits nach kurzer Zeit viral, sodass das Duo als zweiten Schritt die Facebook-Gruppe „Quarantine Volunteer Support Luxembourg by GoldenMe“ gründete. Wichtig hierbei ist Struktur, deshalb sammeln Mara und Johannes die Eckdaten der Freiwilligen, um sie so besser einsetzen zu können. Unterstützung bekommen die Studenten sowohl von den Gemeinden als auch vom BiBSS („Bureau d’information besoins spécifiques seniors de la Ville d’Esch-sur-Alzette“).

„Die Gemeinde Esch handhabt es beispielsweise so, dass sie den finanziellen Aspekt übernimmt und die ehrenamtlichen Helfer sich um die Logistik kümmern, sprich Einkäufe abholen und ausliefern, den Müll rausbringen, mit dem Hund Gassi gehen und so weiter“, sagt Mara. Betonen wollen sowohl GoldenMe als auch Sébastien, dass ihre Initiativen unter allen vorgesehenen Hygienevorkehrungen laufen und die Mitarbeit von anderen essenziell ist. „Nicht jeder Mensch besitzt Facebook, deswegen sind wir darauf angewiesen, dass Kinder, Enkel und Einrichtungen wie Altenheime und Gemeinden die Informationen an Betroffene weitergeben“, meint Sébastien.

Unterstützung für Krankenhäuser

Auf der Internetseite der Uni.lu teilt der Studiengang „Master in Logistics and Supply Chain Management“ seinerseits mit, dass einige der Studenten dem Aufruf eines Luxemburger Krankenhauses gefolgt sind und seit Montag vor Ort helfen, um die Lieferkette an gebrauchten Materialien zu sichern. Ähnliche Meldungen kursieren von anderen Akteuren in den sozialen Netzwerken, so etwa der öffentliche Danksagungspost des „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ an die Schüler und Lehrer des „Lycée technique pour Professions de santé Bascharage“. Die Direktion hat aufgrund der Schließung der Schule beschlossen, Masken, Handschuhe, Sterilium und Schutzvesten aus dem hauseigenen Vorrat an das Krankenhaus zu spenden. Die Anzahl der angebotenen Solidaritätsleistungen lässt viele in der aktuellen Krise aufatmen, denn gerade in Zeiten der sozialen Distanz ist es sowohl für Privatleute als auch für öffentliche Insitutionen absolut notwendig, auf Hilfe von außen zugreifen zu können.

Sie benötigen Hilfe?

Sie können sich entweder telefonisch (0032 4 78 45 44 84) oder per Facebook („Challenging for Smiles“) an Sébastien Cayotte wenden.

Sie wollen helfen?

Dann melden Sie sich entweder in der Facebook-Gruppe „Quarantine Volunteer Support Luxembourg by GoldenMe“ oder downloaden Sie das Formular zum Verteilen in fünf Sprachen auf der Facebook-Seite von GoldenMe.

Guy Guth
26. März 2020 - 11.48

Man kann all diesen  »Sébastien’s » nicht genug danken für den Dienst an ihnen Mitmenschen und schwächeren in unserer Gesellschaft. Diese Jugend gibt mir Hoffnung für die Zukunft und ich bin wirklich stolz auf jene.