Geschäftswelt in KrisenzeitenOptiker in Esch zeigt Durchhaltevermögen

Geschäftswelt in Krisenzeiten / Optiker in Esch zeigt Durchhaltevermögen
Optiker gehören zu jenen, die ihre Geschäfte auch weiterhin geöffnet haben dürfen. Pierre Poensgen aus Esch nutzt diese Möglichkeit, hat aber Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Er hält allein die Stellung, mit Mundschutz und Desinfektionsmittel. Seine vier Mitarbeiter hat er nach Hause geschickt, in Kurzzeit. Fotos: Editpress/Alain Rischard

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Wer eine kaputte Brille oder keine Kontaktlinsen mehr hat, weiß, wie wichtig Optiker sein können. Das erklärt, dass deren Geschäfte auch jetzt weiter funktionieren dürfen, aber nicht müssen. In Esch gibt es nur einen „Brillenladen“, der die Stellung hält. Eindrücke eines Besuchs vor Ort.

Die Alzettestraße am Samstagmorgen. Der Mann auf dem Rad hat ein Problem: Seine Brille ist kaputt. Bügel gebrochen und verloren – im Wald. Er weiß, wo er hinwill: zu Optiker Poensgen. Dessen Geschäft gehört zu den wenigen, die in Esch überhaupt noch geöffnet haben. Unter den Optikern ist er der einzige.

Täglich, von montags bis samstags, steht Pierre Poensgen in seinem Laden, zwischen 10 und 13 Uhr, manchmal auch länger. Eigentlich sollte man vorher telefonisch einen Termin vereinbaren. Bei einem Notfall, wie bei unserem Radfahrer, kann man aber auch einfach so vorbeischauen. Vielleicht muss man dann draußen etwas warten, bis man an die Reihe kommt. Im Prinzip wird immer nur ein Kunde in den Laden hineingelassen. Es riecht nach Desinfektionsmittel. Bei den Verkaufs- und Beratungsgesprächen trägt Pierre einen Mundschutz. Er arbeitet allein, seit letztem Mittwoch. Seine vier Mitarbeiter hat er nach Hause geschickt. Kurzarbeit.

Die nötigen Prozeduren, um die Kurzarbeit für sein Personal anzufragen, scheinen unproblematisch gewesen zu sein. „Mein Buchhalter hat mir jedenfalls keine anderslautende Nachricht geschickt“, so Pierre. Was erwartet der Geschäftsmann von den angekündigten staatlichen Hilfsmaßnahmen? „Ich erwarte mir, dass die Verpflichtungen, die ich dem Staat gegenüber habe, so strukturiert werden, dass ich sie erfüllen – also bezahlen – kann.“ Klar sei aber wohl, dass viele Geschäftsleute Einbußen verzeichnen werden, so der Optiker. Zu was das führen könne, müsse man sehen.

„Home-Office“ ist keine Option

Er habe auch gehört, dass darüber nachgedacht würde, die Rückzahlung von Bankkrediten ein oder zwei Monate auszusetzen. „Das wäre keine schlechte Idee“, so Pierre. Ansonsten mache er sich keine existenziellen Sorgen. „Ich bin ein Mensch, der in Krisenzeiten nicht in die Hosen macht, sondern handelt. Gucken, was kommt, und dann reagieren.“ Es dürfte ihm zugutekommen, dass er als 54-Jähriger jede Menge Erfahrung hat.

Dass Pierre Poensgen die Stellung hält, dürfte damit zusammenhängen, dass er sich als Geschäftsmann dem Dienst an (s)einem Kunden verpflichtet spürt, das aber sicher auch, um den Verdienstausfall so gering wie möglich zu halten. Ihm kommt dabei zugute, dass er in seinem Fach eigentlich alles machen kann, nicht nur verkaufen, sondern vor allem reparieren. Größere und kleinere Schäden. Bisher hat der Optiker deswegen noch keinen öffentlichen Applaus bekommen. Aber die Kunden seien zufrieden. Bis jetzt würden die Lieferungen mit neuen Brillen, Kontaktlinsen, Reinigungsmitteln und Ersatzteilen normal funktionieren. Das meiste davon komme aus Italien, Deutschland und Belgien.

„Das kann ich wirklich nicht sagen, weiß es nicht“,  antwortet Pierre auf die Frage, warum die anderen Optikergeschäfte in Esch nicht geöffnet haben. Er werde jedenfalls weiter arbeiten, „solange wie ich darf und solange wie es geht“. „Télétravail“ sei für ihn jedenfalls keine gangbare Option. Er nimmt die Krise scheinbar gelassen. Vermissen tue er aber die kleinen Gewohnheiten. Den Kaffee am Morgen in der Bar oder ab und an ein Feierabendbier. Wirklich wichtig sei das aber nicht, so Pierre: „Ich denke da eher an die Leute an der ‘Front’ und an das, was noch auf sie zukommen kann.“