Das Corona-Tagebuch (1)Sonntag, 15. März: Enttäuschende Pressekonferenz und keine Pizza

Das Corona-Tagebuch (1) / Sonntag, 15. März: Enttäuschende Pressekonferenz und keine Pizza
Sonntagmorgen im Tierpark auf dem Escher „Gaalgebierg“. Die Sonne genießen und nicht ans Coronavirus denken. Foto: Marco Goetz

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Das Coronavirus beherrscht das Leben in Luxemburg. Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Eigentlich aber genau der richtige Zeitpunkt, um seine Gedanken mal wieder in einem Tagebuch niederzuschreiben. Was fällt uns auf, was empfinden wir und was erwarten wir? Das Corona-Tagebuch des Tageblatt gibt Einblick in diese Gedankenwelt.

Sonntagmorgen. Hallo Tagebuch. Ja, ich weiß. Der letzte Eintrag liegt schon etwas länger zurück. Aber du kennst mich doch. Nach der Pressekonferenz von Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert am Sonntag war mir halt wieder nach Schreiben.

Dabei hat der Tag richtig gut begonnen. Habe gut geschlafen. Die anderen Familienmitglieder scheinbar auch. Dann haben wir Rai1 eingeschaltet. Das italienische Fernsehen zeichnete ein Bild, das von Verzweiflung und Lebensfreude geprägt ist. Übermüdetes Krankenhauspersonal und singende Bürger auf den Balkonen. Telefongespräche mit Familie und Freunden in Sottomarina (Veneto) haben uns bestätigt, was die Medien zeigten. Wohl dürfe man noch raus, an den Strand zum Beispiel, aber die wenigsten würden sich trauen. „Wie ist das bei euch?“, hat Sandra gefragt. Noch gut, haben wir geantwortet.

So sind wir nach dem Frühstück zu einem längeren Spaziergang auf den „Gaalgebierg“ aufgebrochen. Blauer Himmel, wärmende Sonne. Auch die Tiere in den Gehegen haben das scheinbar genossen. Ebenso die anderen Besucher, die wegen Kleinkind und Hund an die frische Luft wollten – mussten.

Im Bamhauscafé haben wir einen Tee getrunken. Es heißt ja, dass heiße Getränke gut gegen das Virus sind. Habe mich gerne überzeugen lassen. Für einen Gin Tonic wäre es eh etwas zu früh gewesen. Wobei Alkohol ja desinfizieren soll …

Zum Mittagessen gab’s Hühnchen. Haben wir auch vor Corona bereits stets in größeren Mengen vorrätig gehabt. Ernüchterung beim Mittagessen. Das Gespräch drehte um das, was die Regierung gegen 17 Uhr, es wurde dann eine Stunde später, wohl mitteilen würde. Alle waren gespannt. Wobei, sehr hoffnungsvoll waren wir nicht.

Dann sagt uns auch noch unsere Lieblingspizzeria ab. Aus Mangel an Kundschaft haben sie das Lokal geschlossen. Habe eine SMS mit Männchen mit Tränen in den Augen zurückgeschickt. Kann G. trotzdem gut verstehen. Blöde Situation. Doch wusste er gegen halb zwei bereits, was wir erst später erfahren haben?

Nach halb sieben abends wussten dann auch wir Bescheid. Gut informiert fühlten wir uns trotzdem nicht. Vor allem, weil weder Gesundheitsministerin Paulette Lenert noch Premier Xavier Bettel den anwesenden Journalisten die Möglichkeit gaben, Fragen zu stellen. Warum? Deren gibt es nämlich viele. Hoffentlich wird sich das in den nächsten Tagen ändern. Gute Nacht Tagebuch.

Info

Das Leben ist, wie es ist. Corona hin oder her. Klar, die Situation ist ernst. Aber vielleicht sollte man versuchen, ein wenig Normalität in diesem Ausnahmezustand zu wahren. Deshalb wird das Tageblatt ab heute (s)ein Corona-Tagebuch veröffentlichen. Geschildert werden darin persönliche Einschätzungen, Enttäuschungen und Erwartungen.

Alfons
21. März 2020 - 10.27

Die hektische Manier des Herrn Bettel trägt nicht dazu bei, die Bürger zu beruhigen. Seine Rede ist konzeptlos, unstrukturiert, konfus und führt zu viel Missverständnis und Fehlinterpretationen. Alles anders als klar und deutlich. Er täte besser daran, in diesem Falle, Frau Lenert den Vorrang zu überlassen. Die weiss wovon sie spricht und wirkt vertrauenswürdig.

J.Scholer
17. März 2020 - 8.58

Sie stellen sich die Frage, warum die politischen Verantwortlichen Ihre Fragen nicht beantworten wollten. Nun lieber Herr Goetz, einerseits ist Transparenz wichtig, aber wenn die Transparenz , Auslöser,Verursacher für Panik unter der Bevölkerung sein kann , ist Schweigen , Gold wert. Hinzu kommt, dass die Politik , keine Antworten auf Ihre Fragen hat, weil wir es mit einer noch nicht erlebten, eine jemals vorstellbare Situation ( auch wenn oft in Romanen von Schriftstellern schon beschrieben, dies eher dann zum Bereich Hollywood Katastrophenfilm zu zählen war)eingetreten ist, der unsichtbare Feind „ das Virus“ bisher unerforscht, nur spärliche wissenschaftliche Erkenntnisse vorherrschen, wir globalisierte Welt nicht auf ein solches Szenario vorbereitet waren. Augenblicklich ist Europa in einer Lernphase, wo gute Entscheidungen das Gegenteil bewirken können, weil die Erkenntnisse fehlen, wo die Bürger lernen müssen Freiheiten aufzugeben, wo wir die lebenswichtigen Infrastrukturen absichern , die Wirtschaft vor Schäden bewahren müssen,.....In diesen Zeiten als Gesundheitsminister, Staatsminister die Verantwortung zutragen , eine schwere Bürde und Gratwanderung zwischen Scheitern oder Reüssieren, bringt auch diese Politiker als Mensch an ihre Grenzen . Vielleicht sollte auch der Journalist, eben weil seine Fragen unbeantwortet bleiben, dies als einen Teil seiner Solidarität zum Gelingen der angeordneten Maßnahmen unterstützen.