AustralienGeheimdienstchef warnt vor rechter Gewalt

Australien / Geheimdienstchef warnt vor rechter Gewalt
Vor allem Online sollen sich Rechtsextremisten laut dem Australischen Geheimdienst gegenseitig zu Gewalttaten anstacheln Lukas Schulze/dpa

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Der australische Geheimdienstchef hat vor einer „echten Bedrohung“ durch Neonazis gewarnt. Rechtsextremistische Zellen treffen sich laut Mike Burgess regelmäßig in Australien. Vor fast einem Jahr hatte ein australischer Extremist über 50 Menschen in zwei Moscheen in Christchurch erschossen.

Es ist ein ungewöhnliches Statement, nicht zuletzt, da sich Australiens Geheimdienstchef selten in der Öffentlichkeit zeigt. Umso schwerer wiegt die Warnung, die Mike Burgess in einer Ansprache im Hauptquartier der australischen Sicherheits- und Geheimdienstorganisation Asio in Canberra am Montag formulierte.

So warnte der Geheimdienstchef, dass die Bedrohung des Landes durch die extreme Rechte real sei und zunehme. „In Vororten rund um Australien treffen sich regelmäßig kleine Zellen, um Naziflaggen zu huldigen, Waffen zu inspizieren, im Kampf zu trainieren und ihre hasserfüllte Ideologie zu teilen“, sagte er. Er betonte, dass er einen Terrorangriff in Australien für „wahrscheinlich“ halte.

Lange Zeit hatten australische Medien rechtsradikalen Ideologien und Bedrohungen wenig Beachtung geschenkt. Dabei war lokalen Medien bereits vor zwei Jahren das Foto eines australischen Armeefahrzeugs in Afghanistan zugespielt worden, das mit einer Fahne mit Hakenkreuz bestückt war. Das Foto stammte aus dem Jahr 2007. Der damalige australische Premierminister Malcolm Turnbull bezeichnete den Vorfall als „völlig inakzeptabel“. Doch Stimmen aus dem militärischen Umfeld taten das Foto eher als einen „perversen Witz“ ab.

Rechte Gewalt lange unterschätzt

Erst als ein australischer Rechtsextremist im März 2019 zwei Moscheen in Christchurch in Neuseeland angriff und über 50 Menschen erschoss, wurde die Bedrohung plötzlich real. Dass auch die Behörden die Gefahr von rechts unterschätzt haben, zeigte sich, da der Täter beispielsweise auf keiner Terrorliste geführt war.

Ein Online-Magazin in Neuseeland hatte wenige Wochen vor dem Angriff noch gewarnt: „Übersehen wir das Erstarken von Rechtsaußen?“ In dem Artikel des The Spinoff schilderte der Autor die „verärgerten Männer mittleren Alters, die den Nationalismus in Neuseeland auf dem Vormarsch sehen wollen“. Die Gesamtzahl der Beteiligten sei nach wie vor gering, hieß es damals, doch viele von ihnen hätten sich bereits online in Facebook-Gruppen zusammengeschlossen. Hier würden sie Nachrichtenartikel austauschen und ihre Sorge um eine „bevorstehende muslimische Invasion“ zum Ausdruck bringen. Dieses Argument brachte auch der Angreifer in seinem 74-seitigen Manifest, das er begleitend zu dem Attentat, das er zudem live im Internet übertrug, veröffentlichte.

Laut Geheimdienstchef Burgess haben sich etliche Australier inzwischen als Mitglieder internationaler Hassgruppen wie „The Base“ angemeldet. Dort tauschen sie sich über Online-Plattformen aus, teilen ihre extremistischen rechtsgerichteten Ideologien und stacheln sich gegenseitig zu Gewalttaten an. „Wir erwarten, dass solche Gruppen eine dauerhafte Bedrohung darstellen und verstärkt Online-Propaganda nutzen, um ihre Hassbotschaften zu verbreiten“, sagte Burgess. Sollte es zu einem Angriff in Australien kommen, ginge er von einer Attacke mit einem Messer, einer Schusswaffe oder einem Fahrzeug aus.

„Verärgerte Männer mittleren Alters“

Neben der Bedrohung durch rechtsextreme Kräfte sprach der Geheimdienstchef auch über ausländische Spionage. Diese sei derzeit extremer „als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges“, sagte er. Er berichtete von einem Spion, der lange Zeit im Land unentdeckt lebte und über Jahre spioniert haben soll. Obwohl Burgess kein Land nannte, haben Medien in der Vergangenheit immer wieder die Einflussnahme aus China ins Gespräch gebracht.

Im September fand der australische Geheimdienst beispielsweise heraus, dass China vor den Parlamentswahlen im Mai für einen Cyberangriff auf das australische Parlament und die drei größten politischen Parteien verantwortlich war. Im November berichtete dann ein mutmaßlicher chinesischer Spion, der sich den australischen Behörden stellte und um Asyl bat, von einem chinesischen Spionagering in Australien – eine Behauptung, die China vehement abstreitet.