Covid-19Epidemie rückt an Mitteleuropa heran – und an die Wirtschaft

Covid-19 / Epidemie rückt an Mitteleuropa heran – und an die Wirtschaft
Die rasche Ausbreitung des Coronavirus in Ländern außerhalb Chinas hat zum Wochenauftakt die Aktienmärkte weltweit in die Tiefe gerissen – auch in Japan Foto: dpa/AP/Eugene Hoshiko

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In mehreren Ländern scheinen Covid-19-Ausbrüche außer Kontrolle. Aktienkurse brechen ein, Sportveranstaltungen werden abgesagt. 

In Italien sind nach Behördenangaben bis zum frühen Montagabend mindestens sieben Infizierte gestorben – alle hatten demnach Vorerkrankungen. Die Zahl der Infektionsnachweise stieg trotz drastischer Maßnahmen wie Sperrzonen auf mehr als 220, wie Zivilschutzchef Angelo Borrelli am Abend in Rom sagte. Mehr als 25 Menschen seien auf der Intensivstation. Am Vorabend waren es noch rund 150 gemeldete Infizierte. Italien ist aktuell mit Abstand das Land mit den meisten erfassten Fällen in Europa.

In der besonders schwer betroffenen Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollieren Sicherheitskräfte, wer rein und raus darf.

Trotz steigender Fallzahlen in mehreren Ländern gibt sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) optimistisch. Es sei sehr ermutigend, dass die Fallzahlen in China zurückgingen, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag in Genf. Die Ausbreitung des Virus könne noch gestoppt werden. Die Zahlen aus Italien, dem Iran und Südkorea seien gleichwohl sehr beunruhigend, sagte er. Nach WHO-Einschätzung handele es sich bislang nicht um eine Pandemie, sondern Epidemien in einzelnen Ländern.

Auch die Wirtschaft kränkelt

Die weltweite Ausbreitung des Coronavirus droht auch immer stärker zum Hemmschuh für die konjunkturelle Entwicklung zu werden. Unter den deutschen Exporteuren verschlechterte sich die Stimmung merklich, wie das Münchener Ifo-Institut am Dienstag mitteilte. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sieht die Epidemie angesichts der Verwundbarkeit international verzahnter Lieferketten gar als „Game Changer“ für die Globalisierung – also ein Ereignis, das die bisherige Entwicklung völlig umkrempelt.

Die Ausbreitung des Virus hatte bereits am Montag die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt. Am Dienstag setzte sich der Kursrutsch an den asiatischen und europäischen Handelsplätzen zunächst nicht fort, allerdings blieb die Stimmung angespannt.

Wirtschaftliche Auswirkungen hat die Epidemie vor allem durch die teils drastischen Maßnahmen, die Behörden oder Unternehmen ergreifen, um eine weitere Verbreitung etwa durch Reisebeschränkungen oder Werksschließungen zu verhindern. Darunter leiden insbesondere international tätige und vernetzte sowie exportabhängige Unternehmen.

Die deutsche Autobranche befürchtet demnach einen verstärkten Rückgang ihrer Exporte in den kommenden Monaten. Auch in der chemischen Industrie sei nach einem zuletzt leicht optimistischen Ausblick die Skepsis zurück. Im Maschinenbau gingen die Unternehmen ebenfalls tendenziell von einem leicht rückläufigen Auslandsgeschäft aus.

Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire bezeichnete die Coronavirus-Epidemie am Dienstag als „Game Changer für die Globalisierung“. Der Ausbruch und seine Folgen hätten eine „unverantwortliche und unvernünftige“ Abhängigkeit von China offenbart.

Neu gedacht werden müssten nun die globalen Lieferbeziehungen insbesondere in der Gesundheits- und Autoindustrie, sagte Le Maire bei einem Besuch in der griechischen Hauptstadt Athen. „Wir können nicht weiterhin bei pharmazeutischen Wirkstoffen zu 80 bis 85 Prozent von China abhängig sein“, fügte er hinzu.

Unentdeckte Infektionen und Fehlalarme

Ein Fehlalarm hatte am Sonntagabend den Zugverkehr zwischen Italien und Österreich über Stunden lahmgelegt. Zwei Eurocitys auf dem Weg von Venedig nach München wurden von Österreichs Behörden am Brenner gestoppt. Einer der Züge hatte zwei deutsche Frauen an Bord, die Fieber und starken Husten hatten. Sie wurden aber in Verona nach Angaben des österreichischen Innenministeriums negativ getestet. Danach konnten die 500 Passagiere nach München weiterfahren.

Die deutsche Bundesregierung plant derzeit keine Grenzschließungen. Entsprechende Überlegungen gebe es im Bundesinnenministerium nicht, sagte ein Ressortsprecher in Berlin. In Deutschland wurden bislang 16 Infektionen gemeldet, letztmals wurden zwei Fälle vor knapp zwei Wochen (11. Februar) in Bayern bekannt. Allerdings gehen Experten davon aus, dass es auch in Deutschland sehr wahrscheinlich unentdeckte Infektionen gibt.

Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, rechnet mit einer weiteren Verbreitung des Erregers: „Wir müssen davon ausgehen, dass er sich in Deutschland weiter ausbreitet“, sagte er am Montag. Wieler meldete Zweifel an, ob in Deutschland ganze Städte unter Quarantäne gestellt werden könnten. In China sei dies nur mit dem Einsatz von Militär gelungen.

Die Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus ist aber nach einer neuen EU-Einschätzung für Europäer derzeit „niedrig bis moderat“. Alle bisher berichteten Fälle in der Europäischen Union hätten klare epidemiologische Verbindungen, erklärte das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Man habe Maßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung zu begrenzen. In Norditalien habe das Gesundheitswesen außerordentliche Schritte unternommen, um den Ausbruch des Virus einzudämmen.

Norditalien steht still

In vielen Gegenden Norditaliens steht das öffentliche Leben praktisch still. In Venetien wurde die Gemeinde Vo abgeriegelt. Schulen, Universitäten und Museen blieben geschlossen. Auch der Karneval von Venedig, der bis Dienstag gehen sollte, ist abgesagt. Der italienische Skiverband hat bereits alle seine Veranstaltungen im Land für eine ganze Woche ausgesetzt. Nur das Weltcup-Skirennen am kommenden Wochenende in La Thuile im Valle d’Aosta soll „vorerst“ noch stattfinden, man stehe „in ständigem Kontakt mit den Behörden“.

Ein Screenshot aus einem Video zeigt den leeren Platz vor der Kirche San Biagio e Santa Maria Immacolata
Ein Screenshot aus einem Video zeigt den leeren Platz vor der Kirche San Biagio e Santa Maria Immacolata Foto: privat/dpa

Das Internationale Olympische Komitee sieht weiterhin keine Gefährdung für die Sommerspiele vom 24. Juli bis 9. August in Tokio. „Die Vorbereitungen für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 werden wie geplant fortgesetzt“, teilte das IOC auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Italiens Sportminister Vincenzo Spadafora hat der ersten Fußballliga Begegnungen ohne Zuschauer-Beteiligungen in den vom neuartigen Coronavirus betroffenen Regionen zugesagt. Die Regierung habe den Ausschluss des Publikums gebilligt, teilte Spadafora nach einer Sitzung des Ministerrats laut Nachrichtenagentur Ansa am Montagabend mit. Welche Liga-Partien von der Maßnahme am kommenden Wochenende betroffen sind, sagte der Minister zunächst nicht.

Die EU-Kommission kündigte Hilfszahlungen für die WHO in Höhe von 232 Millionen Euro an. „Mit mehr als 2.600 Toten gibt es keine andere Option, als sich auf allen Ebenen vorzubereiten“, sagte der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, in Brüssel. Das neue Hilfspaket solle die WHO unterstützen und Ländern mit schwächerem Gesundheitssystem zur Verfügung stehen. Allein 90 Millionen Euro sollen in die Suche nach einem Impfstoff investiert werden.

2.600 Tote in China

In China stieg die Zahl der Toten stark. Die Gesundheitskommission berichtete in Peking von weiteren 150 Covid-19-Todesfällen. Inzwischen sind nun mehr als 77.000 Infektionen und rund 2.600 Todesfälle erfasst.

In Südkorea, wo sich gerade ein größerer Ausbruch entwickelt, meldeten die Gesundheitsbehörden im Verlauf des Montags 231 neue Fälle von Infektionen im ganzen Land – der bisher stärkste Anstieg an einem Tag. Bis zum Nachmittag (Ortszeit) zählten die Behörden insgesamt 833 Menschen, die sich nachweislich mit dem Erreger Sars-CoV-2 angesteckt haben. Zudem wurden bisher sieben Todesfälle mit dem Virus in Verbindung gebracht.

Im südkoreanischen Seoul gehen Menschen mit Gesichtsmasken auf einer Straße
Im südkoreanischen Seoul gehen Menschen mit Gesichtsmasken auf einer Straße Foto: dpa/AP/Ahn Young-Joon

Aus rund 30 Ländern und Regionen außerhalb Festlandchinas sind mehr als 2.200 Infektionen und mehr als 25 Todesfälle berichtet worden.

„Ich bin ein Coronaer“

Im Iran stieg die Zahl der gemeldeten Todesopfer auf 12. Der stellvertretende iranische Gesundheitsminister und der direkte Coronavirus-Beauftragte im Land ist selbst an dem Virus erkrankt. „Ich bin seit gestern Abend auch ein Coronaer“, sagte Iradsch Harirschi in einer Videobotschaft im Staatsfernsehen am Dienstag. Der Vizeminister, der in den letzten Tagen ständig versuchte, die Corona-Krise im Land schönzureden, sei nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA nun selbst positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden.

Nach den offiziellen Angaben des Gesundheitsministeriums am Dienstag ist die Zahl der gemeldeten Todesopfer im Iran von 12 auf 15 gestiegen. Außerdem seien in der Zwischenzeit 95 Menschen – 34 mehr als am Vortag – aus verschiedenen Teilen des Landes positiv getestet worden.

Im Nachbarland Afghanistan wurde am Montag der erste Fall einer Erkrankung bestätigt. Auch die beiden Staaten Bahrain und Kuwait auf der Arabischen Halbinsel bestätigten erste Fälle.

Auch in Kroatien ist erstmals eine Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 nachgewiesen worden. Der Patient, ein junger Mann, halte sich mit leichten Symptomen in einem Krankenhaus in Zagreb auf, teilte Ministerpräsident Andrej Plenkovic am Dienstag mit. Der junge Mann war vom 19. bis 21. Februar in Italien gewesen, sagte Gesundheitsminister Vili Beros. Es werde nun festgestellt, mit wem er Kontakt hatte. 

Flüchtlingsretter in Italien in Quarantäne

In Italien ist auch ein Flüchtlingsrettungsschiff unter zwei Wochen lange Quarantäne gestellt worden. Die 32-köpfige Besatzung der „Ocean Viking“ dürfe als Vorsichtsmaßnahme nicht von Bord, sagte die Sprecherin der Hilfsorganisation SOS Mediterranee, Barbara Hohl, am Dienstag. Das Schiff ist seit Sonntag isoliert und liegt vor dem Hafen in Pozzallo auf Sizilien.

Die mehr als 270 geretteten Migranten seien an Land in Quarantäne gekommen, sagte Hohl. Warum die Crew nicht auch an Land isoliert wurde, sei ihnen unklar.

Canard
25. Februar 2020 - 17.38

Déi meeschten Doudesfäll sinn Aler, Kranker oder al _a_ krank. D'Kanner hunn dach schliisslech fir Liichtmëssdag gebiet: "Looss déi al Leit stierwen, looss déi jonk Leit liewen" An elo hu mer de Misär.