KampagneRegierung setzt im Kampf gegen Suizid auf das Internet

Kampagne / Regierung setzt im Kampf gegen Suizid auf das Internet
In Luxemburg ist jeder zehnte Einwohner von Depressionen betroffen. Zwar sind nicht alle Betroffene selbstmordgefährdet, jedoch geht vielen Suiziden eine Erkrankung voraus.  Foto: Editpress/Isabella Finzi

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Mehr als 50 Menschen besuchen täglich die Suizidpräventionsseite des Gesundheitsministeriums im Netz. Informationen können Leben retten. Deshalb will das Ministerium seine Präventionsarbeit im Rahmen des nationalen Aktionsplanes zur Suizidvorbeugung verlängern.

Es sind besorgniserregende Zahlen, die das Robert-Koch-Institut im November letzten Jahres veröffentlicht hat: Im Rahmen einer EU-Gesundheitsumfrage hat sich herausgestellt, dass in Luxemburg jeder Zehnte an Depressionen leidet. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten ist das Großherzogtum am stärksten von der psychischen Krankheit betroffen. Der europäische Schnitt liegt bei 6,6 Prozent.

Experten zufolge bleibt ein Drittel aller depressiven Episoden einmalig. Ein zweites Drittel der Patienten gesundet zunächst, läuft jedoch auch Gefahr, zu einem späteren Zeitpunkt wieder daran zu erkranken. In den übrigen Fällen aber klingt die depressive Episode nicht ab, die Erkrankung wird chronisch. Auch schlagen Medikamente oder Therapien bei nicht allen Patienten gleich gut an.

Informationen retten Leben

Nun sind nicht alle Betroffenen auch suizidgefährdet. Fest steht aber auch, dass vielen Suiziden die Erkrankung an einer Depression vorausgeht. Für Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) handelt es sich dabei um eine Geißel, die es fortwährend zu bekämpfen gilt. In diesem Zusammenhang will das Regierungsmitglied weiter auf den „Plan national de prévention du suicide pour le Luxembourg“ (PNPSL) setzen. Vor allem, da der „Plan national de santé mentale“ noch nicht spruchreif sei. „Aus diesem Grund wäre es sinnvoll, den aktuellen Präventionsplan zeitlich noch zu verlängern“, schreibt die Ministerin in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage des Abgeordneten Gusty Graas (DP).

In seinem Schreiben stellt der Volksvertreter unter anderem fest, dass in Luxemburg viele Antidepressiva verschrieben werden. „Das Großherzogtum gehört in dieser Hinsicht zur europäischen Spitze“, meint Graas. Somit stelle sich die Frage, ob die Regierung nicht lieber Psychotherapien als mögliche Alternative zur Behandlung von Depressionen zu fördern gedenke.

Das Gesundheitsministerium habe nicht vor, direkte Werbung für Psychotherapien zu betreiben, betont indessen Paulette Lenert. Vielmehr wolle man die Öffentlichkeit generell auf Berufe und Dienstleistungen aufmerksam machen, die sich mit geistiger Gesundheit befassen. Dabei beruft sich die Gesundheitsministerin auf Punkt 9 des PNPSL. Darin ist eine Förderung dieser Berufszweige vorgesehen, „um der Bevölkerung deren Einsatzbereiche näherzubringen, den Zugang zur medizinischen Betreuung zu erleichtern und psychische Krankheiten zu destigmatisieren“.

Webseite in vier Sprachen zugänglich

Das Gesundheitsministerium will auch weiter auf Suizidprävention im Netz bauen. Auf prevention-depression.lu etwa finden Betroffene seit Oktober 2016 sämtliche Informationen, die sie im Fall einer möglichen Erkrankung an Depressionen benötigen. Und das auf Deutsch, Französisch, Englisch und Portugiesisch. Des Weiteren richtet sich die Webseite auch an Familienmitglieder, Freunde und Fachleute. Bis Ende Januar dieses Jahres wurde die Seite von 55.770 Nutzern aufgerufen. Im Schnitt waren das 47 Besucher am Tag.

Laut der IP-Adressen stammt fast die Hälfte davon aus Luxemburg (46,33 Prozent). 20,82 Prozent der Besucher haben die Seite von Frankreich aus aufgerufen. Der Rest verteilt sich vorwiegend noch auf Belgien (4,09 Prozent) und Deutschland (4,06 Prozent). Es sei sogar ein Nutzer aus Kanada registriert worden, stellt die Gesundheitsministerin fest. Die meisten Nutzer, fast 64 Prozent, rufen die Rubriken auf Französisch auf, während nur 2 Prozent der Besucher die Informationen auf Portugiesisch benötigen.

Online-Test zur Erkennung von Depressionen

Die Internetseite bietet auch einen wissenschaftlichen Test an, der die Schwere einer Erkrankung bestimmten kann. Von den 12.015 Personen, die seit Oktober 2016 am sogenannten PHQ-9-Test teilgenommen haben, leidet jede zweite unter einer schweren Depression. Keine Anzeichen einer Erkrankung wurden nur in 7,9 Prozent der Fälle gefunden.

Die Internetseite prevention-suicide.lu befasst sich hingegen direkt mit Selbstmordprävention. Hier finden Nutzer alle Informationen, die sie im Notfall benötigen. Die Seite richtet sich ebenfalls an Betroffene, aber auch Familienmitglieder oder Freunde, die ihren Liebsten helfen wollen. Seit Januar 2015 wurde der Dienst von 98.672 Nutzern aufgerufen. Im Schnitt handelt es sich dabei um 53 Besucher am Tag. Knapp 27 Prozent stammen laut IP-Adresse aus Luxemburg. Die meisten Besucher aber stammen aus Frankreich – nämlich 38 Prozent.

Suizid ist ein heikles Thema in der Öffentlichkeit. Eine sensible Berichterstattung aber kann durchaus auch präventiv wirken. Haben Sie Selbstmordgedanken? Benötigen Sie Hilfe? Dann wenden Sie sich bitte an SOS Détresse (+352 45 45 45), ans Kanner- a Jugendtelefon (+352 116 111) oder an www.prevention-suicide.lu.