Missachtung des ArbeitsrechtsLuxemburg verurteilt Portugal zu 20.000 Euro Strafe 

Missachtung des Arbeitsrechts / Luxemburg verurteilt Portugal zu 20.000 Euro Strafe 
Ein Leben im Schatten des Arbeitsrechts. Seit über 25 Jahren ist Frau G. bei der portugiesischen Botschaft in Luxemburg als Reinigungskraft beschäftigt. Einen Arbeitsvertrag hat sie nicht. Nun ist der portugiesische Staat zu 20.000 Euro verurteilt worden. Foto: dpa

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Die portugiesische Botschaft in Luxemburg ist zu einer Strafe von 20.000 Euro verurteilt worden. Wegen Nichteinhaltens des großherzoglichen Arbeitsrechts. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Gesetzgebung Gültigkeit hat. Die des Landes, das durch die diplomatische Vertretung repräsentiert wird, oder die, in dem die Botschaft sich befindet? Letzteres ist der Fall. Das Urteil des Arbeitsgerichtes dürfte Signalwirkung haben.

Luxemburg verurteilt den portugiesischen Staat. Weil die diplomatische Vertretung Portugals in Luxemburg das hiesige Arbeitsrecht nicht respektiert hat, muss Portugal einer Reinigungskraft nun 20.000 Euro zahlen. Portugiesische Medien berichten seit Tagen ausführlich darüber.

Im Mittelpunkt des Prozesses vor dem Luxemburger Arbeitsgericht stand die Frage, welche Gesetzgebung anzuwenden ist: die portugiesische oder die luxemburgische? Das Arbeitsgericht hat entschieden. Eindeutig und nach europäischen Kriterien. Wer in Luxemburg rekrutiert, muss die nationale Legislation beachten. Das aber hat die portugiesische Botschaft nicht getan. Dabei hatte offenbar sogar Außenminister Jean Asselborn vor diesem Handeln gewarnt.

Ohne Arbeitsvertrag

Es geht um eine Reinigungskraft, Frau G., die von der diplomatischen Vertretung Portugals in Luxemburg beschäftigt wurde. Seit 1993. Allerdings seit über 25 Jahren ohne Arbeitsvertrag und unter dem in Luxemburg gesetzlich vorgeschriebenen Lohn und zudem seit 2012 ohne Indexanpassung. Frau G. war sich dessen bewusst, hat sich aber nie getraut, etwas zu unternehmen. Erst als der neue portugiesische Botschafter in Luxemburg eintraf, fasste sie sich ein Herz und wies erneut auf die Unregelmäßigkeiten hin, auf die Höhe des Lohnes und auf die Nichtanpassung an den Index.

Dem neuen Botschafter fiel auf, dass die Frau keinen Arbeitsvertrag hatte. Um dies in Ordnung bringen, schlug er Frau G einen Vertrag vor. Allerdings nahm dabei auch er keine vollumfängliche Rücksicht auf das luxemburgische Arbeitsrecht, sondern handelte im Prinzip, wie es ihm seine Regierung vorschreibt, nach portugiesischen Gepflogenheiten. Ein klarer Verstoß gegen das Gesetz, wie das Gericht in seiner Urteilsbegründung festhält.

Warum? Der Frau wurde Ende Dezember 2018 ein Vertrag unterbreitet, der ihrem über 25-jährigen Arbeitsverhältnis nicht Rechnung trug, sie nicht mal erwähnte. Ihr Arbeitsplatz war nicht definiert. Ihr Lohn sollte der eines nicht qualifizierten Arbeitnehmers sein. Dabei ist laut luxemburgischer Gesetzgebung klar, dass die Frau mit über 25 Jahren Berufserfahrung am selben Arbeitsplatz Recht auf den Lohn einer qualifizierten Arbeiterin hat. Das Fass zum Überlaufen brachte jedoch ein Passus im Vertrag, laut dem in Streitfällen die portugiesische Gesetzgebung zu gelten habe. Frau G. unterschrieb den Vertrag nicht.

Daraufhin wurde sie zur unerwünschten Person erklärt. Sie wurde nicht mehr an ihren Arbeitsplatz gelassen. Die Botschaft, die Residenz des Botschafters und das Gelände, auf dem sich beide Immobilien befinden, durfte sie nicht mehr betreten. Seit dem 2. Januar 2019 nicht mehr. Sie wurde ohne Kündigungsschreiben vor die Tür gesetzt. Und ohne Arbeitslosenunterstützung.

Gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft, dem OGBL, beschritt sie den juristischen Weg. OGBL-Vorstandsmitglied Carlos Pereira weist darauf hin, dass der Botschafter durchaus guten Willen gezeigt habe, als diplomatischer Vertreter seines Landes jedoch auf Anweisung der portugiesischen Regierung habe handeln müssen. Dass das nicht rechtens ist, hat das Arbeitsgericht in Luxemburg nun unterstrichen. Wieder einmal. Denn dass Botschaften, sich auf ihren exterritorialen Status berufend, die nationale Gesetzgebung nicht komplett einhalten, ist nicht neu. So wurden bereits die Botschaften Italiens und der Vereinigten Staaten wegen Missachtung des großherzoglichen Arbeitsrechts verurteilt. 

Wer zahlt Arbeitslosengeld?

Und nun? Das Gericht hat festgehalten, dass Frau G. entlassen wurde. Unrechtmäßig. 20.000 Euro erhält sie. Die Hälfte davon ist für den moralischen Schaden, den sie erlitten hat. „Das ist eine hohe Summe, zumal wenn man berücksichtigt, dass die Frau nur einen Teilzeitjob hatte“, sagt Carlos Pereira.

Ausgestanden ist die Sache damit aber noch nicht ganz. Bisher hat die portugiesische Botschaft nämlich noch nicht alle Dokumente ausgehändigt, die nötig sind, damit Frau G. den Antrag auf Arbeitslosenunterstützung einreichen kann. In dem Kontext stellt sich dann auch die Frage, wer eigentlich die vergangenen zwölf Monate Arbeitslosengeld bezahlen muss. Luxemburg? Oder der portugiesische Staat, weil es sich um eine unrechtmäßige Entlassung handelt?

Man darf die in Luxemburg ansässigen diplomatischen Vertretungen beileibe nicht unter Generalverdacht stellen. Trotzdem sollte, wer in Luxemburg bei einer ausländischen Botschaft oder einem Konsulat, beschäftigt ist, seinen Arbeitsvertrag einmal genau unter die Lupe nehmen – vorausgesetzt er/sie haben einen.

Luciliburhuc
21. Februar 2020 - 7.36

Welch Arroganz! Machtmissbrauch ohne Scham. Gerade die Portugiesische Diplomatie, die sich in Luxemburg für die "Rechte" der Portugiesen in Luxemburg einsetzt, erlaubt sich so etwas. Wein trinken , Wasser predigen.